Frozen Time (German Edition)
ein, aus –, bis ich spüre, wie mein Herzschlag sich wieder vollständig normalisiert hat und die Wut verebbt ist.
Mein Plan hat nicht gut funktioniert, muss ich mir eingestehen, und ich selbst bin mit meinem Wutausbruch schuld daran, aber noch ist nicht alles verloren.
Erzähl es niemandem!
Ich verdränge die Stimme in meinem Kopf und sammele mich. Was kann ich Milo erzählen, das möglichst unverfänglich klingt?
»Es war ein Traum«, erkläre ich. »Von einem Jungen. Sein Name ist Finn. Ich glaube, dass er mein Lebenspartner ist.« Ich berichte Milo in groben Zügen von dem Gespräch aus meinem Traum, aber ich verrate ihm nicht, dass ich nicht zum ersten Mal von Finn geträumt habe. Und ich verschweige ihm, wie unendlich schuldig ich mich beim Erwachen fühle.
»In Ordnung«, sagt Milo, als ich fertig bin. Er rutscht auf dem Hocker hin und her, schiebt sich die Haare aus dem Gesicht und scheint angestrengt nachzudenken. »Also, du nimmst an, dass dieser … Finn … gekühlt wurde, weil er schwer krank war. Und du glaubst, es könnte bei dir ebenso sein.« Er verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich abwartend an, die Stirn wieder in Falten gelegt. Ich nicke.
»Tessa«, fährt er langsam fort, als versuche er, jedes Wort abzuwägen.»Ich freue mich wirklich, dass du eigene Erinnerungen entwickelst. Aber ehrlich gesagt bin ich überzeugt, dass es sich bei deinen Schlussfolgerungen um eine Konfabulation handelt.« Mit einem Lächeln versucht er, seinen Worten die Schärfe zu nehmen, trotzdem fühlen sie sich wie Schläge an. Ich weiß genau, was der Begriff Konfabulation bedeutet. Erfunden, denke ich. Erlogen. Das bedeutet er.
»Konfabulation tritt bei Patienten mit Amnesie häufig auf«, erklärt Milo, da er annimmt, ich könne mit dem Fachausdruck nichts anfangen. »Man versteht darunter das Auffüllen von Erinnerungslücken mit spontanen Einfällen, die für die Realität, also für tatsächlich Erlebtes gehalten werden. Konfabulationen werden unter anderem angeregt durch Gesehenes oder Gehörtes, das im Gehirn abgespeichert und dort mit existierenden Erinnerungen vermischt wird. In deinem Fall … «
» … durch die Nachrichtenübertragung, die wir im Freizeit-Center gesehen haben«, unterbreche ich Milo ungehalten. »Ja, ich weiß, wie so etwas funktioniert, aber ich glaube nicht, dass es bei mir so ist.«
Und wenn doch? Eine zweifelnde Stimme nagt in meinem Kopf. Wenn ich mir all das nur ausgedacht habe, zusammengereimt, weil ich es nicht ertrage, mich an nichts zu erinnern? Enttäuscht sackt mein angespannter Körper zusammen. So viel zu meinem tollen Plan! Ich bin genauso schlau wie vorher, und dafür weiß Milo, was ich glaube zu wissen, und ich kann nur hoffen, dass er es für sich behält. Obwohl, wenn es wirklich nur eine Erfindung ist, dann ist ja eigentlich egal, ob er es an die anderen Medis weitergibt. Oder? Ich weiß nicht mehr, was wahr und was unwahr ist, was richtig und was falsch!
Ich weiß es einfach nicht! Und das macht mich noch wahnsinnig!
Wir starren uns einen Moment lang sprachlos an und zucken erschrocken zusammen, als wir plötzlich Saras fröhliche Stimme hören.
»Tessa, Milo, wie geht es euch?«, sagt sie grüßend und tritt ins Zimmer. »Ich hoffe, ich habe nicht gestört. Ich soll dich zu einer Untersuchung abholen«, fügt sie an mich gewandt hinzu.
Untersuchung? Was für eine Untersuchung? Fragend schaue ich zu Milo, doch der zuckt nur beinahe unmerklich mit den Schultern.
»Ich komme«, gebe ich Sara zur Antwort und folge ihr zur Tür hinaus, die sich lautlos hinter uns schließt.
Jetzt begreife ich, warum sie die Elektroden nicht aus meinem Kopf entfernt haben, denn nun brauchen sie sie. Hirnscan! Sie wollen einen Hirnscan bei mir durchführen. Ich hätte es wissen müssen, denn Rose hat mir davon erzählt. Aber das Gespräch mit Rose hat mich so durcheinandergebracht, dass ich mir über den Hirnscan keine Gedanken gemacht habe. Und jetzt bin ich an der Reihe!
Steif und beinahe unnatürlich gerade sitze ich auf dem Scannersitz, um meine Brust liegt wieder der Gurt, der Herz und Atmung misst, meine Hände sind mit Manschetten an den Armlehnen fixiert, und meinen Kopf umschließt der breite Ring des Hirnscanners, der mir die Sicht auf alles nimmt, was sich ansonsten in dem kleinen Raum befindet. Die Knöpfe in meinem Schädel haben sie mit hauchdünnen Drähten mit dem Apparat verbunden.
»Es ist eine reine Routineuntersuchung«, hat Mitra
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