Frozen Time (German Edition)
Medi-Kittel besorgt und trägt jetzt eine dunkle Jacke, die meiner ähnelt, außer dass sie keine Kapuze hat. Meine eigene Kapuze habe ich mir über den Kopf gestülpt, und so wie Milo habe ich die Decke, die Robin uns gegeben hat, bis zum Kinn hochgezogen. Die Luft hier unten empfinde ich langsam als unangenehm kühl, obwohl altmodische Elektroöfen für ein bisschen Wärme sorgen und meine temperaturregulierenden SmartClothes ihr Bestes geben. Ob man sich auch daran gewöhnt?, frage ich mich und versuche,mir ein Leben – ein ganzes Leben – in diesem Keller vorzustellen. Es gelingt mir nicht.
»Du erinnerst dich nicht, oder?«, bohrt Milo vorsichtig weiter.
»Ich frage mich schon die ganze Zeit, seit Kaya es erwähnt hat, was ich ausgerechnet dort zu suchen hatte.« Ich stütze mich auf einen Ellenbogen und richte meinen Oberkörper ein bisschen auf, sodass mir die Decke von der Schulter rutscht. Milo nickt nachdenklich. Wir wissen beide, dass das FreizeitCenter, von dem Kaya gesprochen hat, in einem Seniorblock liegt, in unmittelbarer Nähe des Power Towers.
An sich ist es natürlich nicht unmöglich, dass sich eine Junior wie ich in einem Seniorblock aufhält. Obwohl die Generationen in unserer Gesellschaft streng voneinander getrennt leben, gibt es gerade zwischen Juniors und Seniors immer wieder Austausch, zum Beispiel bei Mentoringprogrammen für besonders begabte Schüler. Ob ich an einem solchen Programm teilnehmen durfte? Wie so vieles weiß ich auch das nicht mehr. Aber ich frage mich, warum ich mich ausgerechnet in diesem FreizeitCenter aufgehalten habe, bevor ich krank und ins MediCenter gebracht wurde.
»Vielleicht finden wir dort einen Hinweis, vielleicht kannst du dich dort an etwas erinnern.«
Für einen Moment bin ich voller Zuversicht, als ich registriere, dass Milo
wir
gesagt hat. Das bedeutet dann wohl, dass er mir noch immer helfen will, nach meinen verschütteten Erinnerungen zu suchen. Doch dann übermannt mich die Erschöpfung.
»Ja«, sage ich müde und lasse mich auf die weiche Unterlage zurückfallen. »Lass uns gleich morgen früh dorthin gehen.«
KAPITEL 13
Robin hat keine Einwände, als wir ihm am nächsten Morgen von unserem Plan berichten. »Es ist verrückt, wieder an die Oberfläche zu gehen, aber wie gesagt: Ihr seid frei zu gehen, wohin ihr wollt«, betont er, nachdem ich erklärt habe, dass wir hoffen, in dem FreizeitCenter einen Hinweis auf meine Vergangenheit zu finden. »Aber denkt daran, dass ihr keine Insignals mehr tragt. Ohne die Bänder könnt ihr keine öffentlichen Gebäude betreten, wenn ihr nicht sofort einen Alarm auslösen wollt.«
»Wie das?«, frage ich verwundert. Ich dachte, wir hätten die Insignals abgegeben, damit sie kein Signal mehr aussenden können.
»Ist doch klar«, antwortet Milo anstelle von Robin. »In jedem öffentlichen Gebäude gibt es einen EingangsScan. Der würde sofort registrieren, dass zwei Personen das Gebäude betreten, und versuchen, ihre Insignals auszulesen.«
»Und wenn er keine findet, schlägt er Alarm.« Jetzt habe ich es auch kapiert. »Schon klar, wir werden uns daran halten«, verspreche ich Robin.
Ich wühle mich durch die Kleidervorräte der Abgetauchten, bis ich ein Outfit zusammengestellt habe, das mir für eine sechzehnjährige Junior, die eine Verabredung im Seniorblock hat, passend erscheint. Zu einer dunkelblauen, engen Hose trage ich eine schmale weiße Bluse und eine taillierte Jacke mit Kragen aus ebenfalls dunkelblauem Material. Es fühlt sich wieder komisch an, in die Kleidung einer anderen zu schlüpfen; im Kopf füge ich es der langen Liste an Dingen hinzu, an die ich mich werde gewöhnen müssen.
Auch Milo wählt passende Kleidungsstücke: eine elegante Stoffhose und dazu ein weißes Hemd, das leider einen kleinen Fleck am Kragen hat, der aber kaum auffällt. Nur Milos blaues Auge sticht aus seinem ordentlichen Erscheinungsbild hervor; zum Glück fallen ihm die Haare so ins Gesicht, dass man es meistens nicht sieht.
Das Einzige, was jetzt noch ein Problem darstellt, sind meine kurzen Stoppelhaare. So kann ich mich nicht sehen lassen, jedem würde mein kahler Kopf sofort auffallen. Ausgerechnet Kaya rettet mich.
»Das hier könnte helfen.« Sie hält mir eine blonde Perücke hin, die meiner aus dem MediCenter stark ähnelt, nur dass die Haare verknotet in alle Richtungen stehen.
»Wir haben sie gestern beim Fischfang im Kanal aus einer unserer Reusen gezogen«, erklärt Kaya, drückt mir das
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