Frozen Time (German Edition)
wissen«, erkläre ich entschieden. »Und wenn es so ist, dann haben wir wenigstens den Beweis, den wir brauchen.«»Bist du dir wirklich sicher, dass du das riskieren willst?« Milos dunkle Augen scheinen ganz tief in mich hineinsehen zu wollen. Ich zwinge mich, seinem Blick standzuhalten.
»Ja«, sage ich. »Absolut sicher.«
Meine Wut ist noch da, aber sie ist zu einer eiskalten Entschlossenheit abgekühlt. Mir ist klar, dass mein Plan riskant ist, sehr riskant. Aber ich habe keine Angst. Was kann mir Schlimmeres passieren als das, was bereits passiert ist?
»Soll ich nicht doch mitkommen?«, fragt Milo besorgt.
»Nein«, wehre ich entschieden ab. »Das wird nicht funktionieren. Wenn es klappt, dann nur, wenn ich allein gehe.«
Milo hat mich bis zum Ausstieg am Lüftungsschacht begleitet, aber hier müssen wir uns trennen. Er wird auf Robin, Kaya und die anderen warten, die noch damit beschäftigt sind, die Aufzeichnungen von Milos SmartSet aufzubereiten. Und ich werde jetzt hinaufsteigen, um das zu tun, was ich mir vorgenommen habe.
»Hast du alles?«
Ich nicke. In der Tasche meines blauen Kittels kann ich den Injektor ertasten, den ich aus Milos scheinbar unerschöpflichem Medikamentenvorrat eingesteckt habe. In der anderen Tasche trage ich ein Insignal, sicher eingerollt in eines der elastischen Bänder, das Kaya mir gegeben hat, um das Signal zu stören. Der zu große Kittel bauscht sich ein bisschen über der Kleidung, die ich daruntertrage, aber das wird hoffentlich niemandem auffallen. Nur eine Kleinigkeit fehlt noch.
»Gib mir dein SmartSet«, bitte ich Milo.
So wie wir es besprochen haben, löst er den kleinen Apparat hinter seinem Ohr von dem Chip ab und drückt ihn mir in dieoffene Hand. Er schließt meine Finger darüber und hält meine kalte Hand in seinen beiden, wie um sie zu wärmen.
»Dann viel Glück«, sagt er leise.
»Ja, dir auch«, erwidere ich. »Und Gesundheit. Und ein langes Leben.«
Mit einem Lächeln schüttelt er den Kopf über meinen schwachen Scherz, natürlich fallen ihm dabei die Haare quer ins Gesicht, und ich kann meine Finger nicht stoppen, als sie wie von selbst die Strähnen zur Seite streichen.
Ich spüre Milos warme Hände, die meinen Nacken umschließen. Er zieht mich zu sich und presst seinen Mund auf meinen. Der Kuss ist nicht zu vergleichen mit dem ersten, ist nicht leicht und flüchtig, sondern so heftig, dass ich ihn im ganzen Körper spüre. Er ist wunderschön, aber auch traurig. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich will, dass dieser Kuss nie aufhört, auch wenn er mich total durcheinanderbringt.
»Warum?«, frage ich atemlos, als er seine Lippen schließlich wieder von meinen gelöst hat. Fragend zieht er die Augenbrauen zusammen. »Warum küsst du mich erst, dann tust du so, als wäre es nie passiert, und jetzt küsst du mich wieder. Ich begreife das nicht.« Ich nehme meinen Mut zusammen und rede schnell weiter: »Ist es, weil ich eigentlich eine Senior bin, mehr als viermal so alt wie du?«
Milo lacht leise und schüttelt ungläubig den Kopf.
»Glaubst du das wirklich?«, fragt er. »Ich hätte dich für klüger gehalten.«
»Aber was ist es dann?«
»Tessa, als ich dich das erste Mal geküsst habe, hast du an Finn gedacht. Was glaubst du, wie das für mich ist? Zu wissen, dassdu dir bereits einen anderen Lebenspartner ausgewählt hast. Sagen wir mal, es macht mich nicht gerade glücklich.«
»Das ist alles?« Fast bin ich erleichtert, auch wenn ich selbst noch immer nicht begreife, warum ich plötzlich so viel für Milo empfinde, wo ich doch eigentlich weiß, dass Finn mein idealer Lebenspartner ist.
»Tessa.« Milos Hände legen sich um meine Wangen. »Ich habe mich nicht in deinen Körper verliebt, sondern in das, was da drin ist.« Mit dem Finger stupst er sacht gegen meine Stirn und schaut mich ganz ernst an. Wieder habe ich das Gefühl, als könnten seine dunklen Augen tief in mein Innerstes blicken. »Ich weiß, dass gerade nicht unbedingt der passende Zeitpunkt dafür ist, aber irgendwann wirst du dich entscheiden müssen zwischen ihm und mir!«
Ich schlucke, kann nicht antworten. Er küsst mich auf die Stirn, dann lässt er mich los und ich klettere mit wackligen Beinen die schmale Sprossenleiter im Lüftungsschacht hinauf. Bis ich oben ankomme, habe ich meine Fassung halbwegs zurückerlangt. Ich darf nicht zulassen, dass mich meine verwirrenden Gefühle für Milo von meinem Plan ablenken. Ich muss mich
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