Frozen Time (German Edition)
konzentrieren!
Sofort befestige ich das SmartSet hinter meinem Ohr und schalte es ein. Es ist nur ein einziger Befehl nötig, um sich ins Gesellschaftsnetz einzuklicken, aber mir ist bewusst, dass bereits dieser Teil unseres Plans nicht ungefährlich ist. Denn sobald das SmartSet sich im Netz angemeldet hat, kann man es problemlos orten. Das bedeutet, dass ich schnell sein muss.
»Nachricht für Doreen Wittman«, sage ich und gebe Doreens persönliche zwölfstellige Nummer ein. Dann spreche ich eiligmeine Nachricht. »Triff mich am Eingangsportal. Es gibt Vanillepudding.«
Auch wenn sie die Nummer von Milos SmartSet nicht kennt und ich meinen Namen sicherheitshalber nicht nennen möchte, denke ich, dass sie meine Mitteilung verstehen wird. Ich schalte das SmartSet wieder aus und lasse es durch den Schacht hinunter zu Milo fallen. Dann mache ich mich auf den kurzen Weg hinüber zum ForschungsCenter.
Bereits als ich um die Straßenecke biege, sehe ich die Menschenansammlung vor dem Gebäude. Zwar scheint Samantha Figger noch nicht eingetroffen zu sein, zumindest kann ich ihren privaten Solarkopter nicht auf dem Dach des Centers entdecken, doch bereits jetzt hat sich eine große Menge von Bewunderern versammelt, die vermutlich allesamt hoffen, durch die Glasfront einen Blick auf die Präsidentin zu erhaschen. Hinein gelangen werden sie nicht, das Gebäude dürfte mittlerweile gut abgesichert sein.
Bemüht um ein unauffälliges Schritttempo, nähere ich mich der Menge, im Kopf versuche ich dabei, mir einen Überblick über die Sicherheitskräfte vor dem Eingang zu verschaffen. Es sind mindestens fünfzig Officer in grauen Uniformen, die die Schaulustigen in einem weiten Halbkreis umringt haben. Vier weitere Männer in denselben Uniformen versperren den Eingang. Ob bereits Sicherheitsleute aus dem Stab der Präsidentin anwesend sind, weiß ich nicht, denn die tragen sicher unauffällige dunkle Anzüge.
Gleichzeitig suchen meine Augen in der Menge nach dem einen Gesicht, das ich hoffe zu sehen, doch obgleich jeder sich bemüht, einen gewissen Höflichkeitsabstand zu den Umstehendenzu wahren, ist das Gedränge zu dicht. Da bemerke ich eine Bewegung, jemand schiebt sich durch die Menschen hindurch, und als dieser Jemand endlich neben einem der grauen Officer angelangt ist, erkenne ich erleichtert die kleine Gestalt mit den wilden weißen Haaren, auf die ich gewartet habe.
Dass Doreen die Bitte in meiner Nachricht befolgt hat, ist ein gutes Zeichen. Ihre Freundschaft und die Loyalität zu mir scheinen so fest zu sein wie eh und je. Trotzdem bin ich nicht sicher, ob sie bereit sein wird, das für mich zu tun, was ich als Nächstes von ihr verlangen muss. Mit schnellen Trippelschritten kommt sie jetzt auf mich zu, sodass mir keine Zeit für Zweifel bleibt. Ich muss mich an den Plan halten.
»Wie geht es dir?«, begrüße ich meine alte Freundin. In meiner Frage liegt viel mehr als pure Höflichkeit und Doreen versteht mich auf Anhieb.
»Mir geht es gut«, erwidert sie. »Alles wie immer.«
Ich schließe daraus, dass die Officer Doreen nicht mit Milos und meiner Flucht in Verbindung gebracht haben. Umso besser! Dann werden die Sicherheitskräfte ihr voraussichtlich keine besondere Beachtung schenken bei dem, was ich mit ihr vorhabe.
»Hör zu«, sage ich leise zu Doreen, während wir auf das Eingangsportal und die Menschenansammlung davor zugehen. »Ich kann dir jetzt nicht alles erklären, was ich vorhabe. Es ist verboten. Aber es ist existenziell wichtig für mich und für die ganze Gesellschaft.«
Mit wenigen geflüsterten Worten erkläre ich Doreen meinen Plan und beobachte dabei genau ihr Gesicht. Ihre Miene verrät nicht, was sie darüber denkt, aber sie nickt, als ich geendet habe.
»Vertrau mir. Hilf mir«, schiebe ich inbrünstig hinterher. Plötzlichwird mir bewusst, wie unsere Rollen sich vertauscht haben. Früher war ich die ältere von uns beiden, und Doreen kam zu mir, wenn sie Hilfe benötigte. Nun ist es genau umgekehrt. Ob sie nun bereit ist, mir zu helfen? Zu meiner Erleichterung nickt sie wieder. Inzwischen sind wir am Rand der Schaulustigengruppe angelangt.
»Entschuldigung«, wendet Doreen sich wie selbstverständlich an einen der Officer. »Wir müssen dringend ins ForschungsCenter.«
Der dunkelgrüne Kittel der Senior-Medi erfüllt seinen Zweck, respektvoll neigt der Officer seinen Kopf und bahnt uns dann den Weg durch die wartenden Menschen. Die Officer vor der Eingangstür weichen einen
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