Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
…»
    «Ja, nimm ihn mir ab, okay?»
    «Soll das ein Witz sein?»
    «Los, dein Abend ist doch sowieso schon beim Teufel. Du sollst ja auch nicht mit ihm rumknutschen oder so. Lenk ihn einfach zwei Minuten ab, damit ich mich abseilen kann. Der Typ ist der totale Versager. Wenn du ihm erzählst, dass du Sex auf dem Traktor gut findest, fragt er dich vermutlich bloß, von welcher Marke der Traktor sein soll. Bitte, Janey   …»
    Colette sah sie so flehentlich an, als ginge es um ihr Leben. Na ja, es war ihre Party. Auf der Bühne dräute Dr.   Samedi wie ein Dämon über seinen Mischpulten. Er sah unter dem zuckenden Licht aus, als würde er vibrieren, als würde er sich selbst in pulsierendes Licht verwandeln, in reine Energie. Und Jane, die diese gefühllose Musik hasste, verstand ganz genau, warum Dr.   Samedi zuLicht wurde. Dr.   Samedi war in seinem Element. In seiner Zentralsphäre.
    Mit einem Mal fühlte sie sich merkwürdig entfernt von allem, als wäre auf der Tanzfläche alles menschliche Leben versammelt und sie stünde irgendwo am Rand und sähe bloß zu. Es kam ihr vor, als sei sie schwerelos, als könne sie in die schwarzen Spalten zwischen den Lichtblitzen verschwinden. So ging es ihr zurzeit ziemlich oft, aber sie hatte dieses Gefühl noch nie in einem Gebäude gehabt. Na ja, mit Ausnahme der Kirche vorhin.
    «Janey?» Colette packte sie am Arm. «Meine Güte, ich hab schon gedacht, du   …»
    «Tut mir leid.»
    «Bitte, Janey   …»
    «Kein Problem», sagte Jane und presste die Handflächen zusammen, um ihre merkwürdigen Phantasien loszuwerden.
     
    Als Merrily vor dem erlöschenden Feuer aufwachte, fühlte sie sich einen Moment lang vollkommen wohl. Sie hatte zwei oder drei Stunden geschlafen und erinnerte sich nicht daran, was sie geträumt hatte. Ein kleines Wunder.
    Allerdings war es dieses Mal die Realität, die ihr zu schaffen machte. Der Pfarramtsvertreterin war in ihrer eigenen wundervollen historischen Kirche schlecht geworden, und zwar vor der größten Gemeinde, die sie je zusammengebracht hatte. Sie rollte sich vom Sofa auf den Teppich, setzte sich auf, warf noch ein paar Kohlen auf die erlöschende Glut und stocherte mit dem Schürhaken darin herum. Es sah aus wie eine mittelalterliche Miniaturhölle mit rauchenden Felsabhängen und feurigen Lavaströmen in den Tälern.
    Eine mittelalterliche Hölle. Sie war Teil einer mittelalterlichen Institution. Nur dass die moderne Kirche sich weigerte, an ihre Ursprünge anzuknüpfen. Und genau aus diesem Grund ging es mit der modernen Kirche bergab.
    Wenn man ihr so etwas vor einem halben Jahr gesagt hätte, wäre sie an die Decke gegangen, aber nun schien es ihr unübersehbar: In einer Welt, in der viele Menschen bei exotischen Gurus, Hellsehern und Heilern nach einer spirituellen Heimat suchten, geriet die Kirche ins Abseits.
    David Campbell hatte sie gefragt, ob
solche Phänomene
zur Arbeit der Kirche gehörten. Die Kirche wollte immer noch, dass alle ihr Vertrauen in einen allmächtigen übernatürlichen Gott setzten, doch wenn es um solche
Phänomene
ging, hielt sie sich lieber heraus. Wie zum Beispiel, wenn ein bleiches nacktes Wesen, das kalt war wie eine Nacktschnecke, durch den Mittelgang der Kirche auf einen zugekrochen kam. Klar, das war ein Symbol dafür, dass sie sich als erste weibliche Pfarrerin von Ledwardine isoliert fühlte.
    Ha.
    Dann hörte sie aus den Tiefen des leeren Hauses einen dumpfen Schlag.
     
    Dr.   Samedi machte Pause, und das Stroboskoplicht wurde ausgeschaltet. Mit Argusaugen beobachtete er, wie ein paar von den Jungs ehrfürchtig seine Anlage bestaunten. An einem Tisch in der Nähe der Tür saß Jane mit Quentin dem Passenden in seinem schlabberigen Crickethemd.
    Das Gespräch war ziemlich zäh, aber wenigstens hatte er noch nicht von Oldtimer-Traktoren gesprochen.
    «Eigentlich», sagte er, «wollte ich heute Abend gar nicht hierherkommen.»
    «Echt?»
    «Es ist nur, weil meine Eltern hier ziemlich oft essen gehen und sich mit Colettes Eltern angefreundet haben.»
    «Muss ja ein ziemlich einsames Paar sein», sagte Jane.
    Quentin verstand den Witz nicht.
    Jane lächelte ihn an. «Also hast du Colette heute Abend zum ersten Mal gesehen?»
    «Ich bin ziemlich viel weg, im Internat, verstehst du? Aber dieses Wochenende haben die Trimesterferien angefangen, also   … Nein, ich kannte sie vorher nicht.»
    Jane sagte leichthin: «Ein ganz schönes Biest, was?»
    «Pardon?»
    «Hör auf meinen Rat, Quentin,

Weitere Kostenlose Bücher