Frucht der Sünde
würden sie das mitmachen? Dass die Frauen und die Männer getrennt sitzen, meine ich?»
«Wenn die Frauen es so wollen, bestimmt. Wenigstens in dieser Hinsicht haben sich die Zeiten geändert, glaube ich. Mal sehen, ob ich das organisieren kann. Und was ist mit dem angestammten Platz von Bull-Davies? Wenn er nicht kommt, wovon ich ausgehe, wird sein Fehlen ziemlich auffallen. Soll ich …»
«Nein. Dieser Platz kann frei bleiben. Das kann ich sogar gut gebrauchen.»
«Es ist Ihre Aufführung», sagte Merrily.
«Danke. Sie sind ein guter Mensch, Merrily. Ich habe die historischen Gemeindeakten gelesen. Es gibt einige eingesessene Familien, deren Nachfahren heute noch hier leben. Die Monks, die Prossers, die Woods, die Cadwalladers. Können Sie sich am Anfang in eine unauffällige Ecke stellen, zum Beispiel an den Eingang der Bulls-Kapelle, und mir sagen, wer zu welcher Familie gehört?»
«Ja. Und dann verschwinde ich, richtig?»
Er lächelte. «Wenn die Leute erst mal in der Kirche sind, soll es meine Kirche sein.»
«Gut. Ich überlasse Sie jetzt sich selbst.» Merrily erhob sich. Sie fühlte sich immer noch ein bisschen unbehaglich bei dem Gedanken an die abendliche Aufführung. «Viel Glück … Wil.»
«Bitte», sagte Stefan, und Merrily blieb stehen. «Machen Sie keine Witze darüber. Das ist die Vorstellung meines Lebens.»
«Ja», sagte Merrily einfach.
43 Vorherbestimmt
Gomer saß vor Minnies Kartoffelauflauf am Tisch, als das Telefon klingelte. «Sag, du rufst später zurück», rief Minnie von der Küche aus. «Und falls es der Mann mit dem Abwassertank ist, dann denk dran, dass du in Rente bist.»
«Hm», sagte Gomer.
«Wenn du’s nicht über dich bringst, es ihm zu sagen, dann lass mich mit ihm sprechen», fuhr Minnie fort. «Dem erzähl ich was!»
Gomer nahm den Hörer ab. «Jeff Harris. Du hattest recht, Gomer. Das Zeug würd ich nich mal als Rohrfrei nehmen.»
Gomer richtete sich auf.
«Shirley war heute Morgen in Ledwardine und hat ’ne Flasche mitgebracht. Hat mir keine Ruhe gelassen, nach dem, was du gesagt hast. Wir müssen den guten Ruf von dem Zeug schützen, sonst sin wir alle im Eimer. Hab also die Flasche aufgemacht, ein halbes Glas eingeschenkt und es gegen das Licht gehalten …»
«Und?» Gomer saß vorn auf der Stuhlkante. Wenn man sich auf einen Mann nicht verlassen konnte, der vierzig Jahre für Bulmer’s, Weston’s, Dunkerton’s und weiß Gott für welche Cider-Hersteller noch gearbeitet hatte, dann konnte man sich auf keinen verlassen. Aber Jeff Harris spielte eben gern den Geheimnisvollen.
«Also, was das Rohrfrei angeht – das war ’n bisschen übertrieben, ich geb’s zu. Das Zeug ist nicht
absolut
scheiße, aber wenn das wirklich Rote Pharisäer sind, dann trinke ich sechs große Bier aus meinen alten Arbeitsstiefeln.»
«Gomer!» Minnie kam aus der Küche. Sie war das Abbild einer rosigen Hausfrau und höchst erbost. «Wenn du in dreißig Sekunden nicht wieder vor deinem Auflauf sitzt, dann wandert er zurück in den Backofen. Du weißt schließlich ganz genau, was ich bis heute Abend noch alles zu tun habe.»
Gomer bat mit einem erhobenen Finger um eine Minute Aufschub.
«Es ist Flaschengärung, gut», sagte Jeff. «Aber auch wenn sie ihn in Champagnerflaschen verkaufen, isses billiger Fusel. Die Powells sollen von mir aus diese beschränkten Londoner verarschen. Und wenn sie das Zeug für sechs Pfund fünfzig die Flasche verkaufen, ist es ja ziemlich sicher, dass es keiner von uns je anrühren wird. Trotzdem sehe ich es so, dass man den Ruf von dem Cider nicht gefährden darf. Engelswein, dass ich nicht lache. Was willst du jetzt machen, Gomer?»
«Tja, geht mich ja eigentlich nix an, oder? Ich wollt’s eben nurmal wissen. Der junge Lloyd hat gestern gesagt, sie hätten ein paar Äpfel dazukaufen müssen, weil die Roten Pharisäer nicht gereicht ham für die Menge, die die Cassidys wollten. Wär das ’ne Erklärung?»
«Dann müssen sie schon alles dazugekauft haben, wenn du mich fragst.
Und
irgendwen für sich produzieren lassen.»
«Und warum hättn sie das machen solln?», fragte Gomer und sah Minnie nach, die demonstrativ seinen Teller in die Küche trug.
«Wollten nicht ihr Gesicht verlieren, schätz ich», sagte Jeff Harris. «Haben schließlich seit mehr als einer Generation keinen Cider mehr gemacht, außer vielleicht ’n paar Tropfen für’n Hausgebrauch. Und dann kommt Cassidy und will es nach dem traditionellen Rezept
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