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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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alldem schien der rosa Mond.

49   Dachshetze
    Lloyd lachte. «Das ist nur ein altes Schaf, Jane. Hab es heute Nachmittag auf dem Feld eingesammelt und es dann hinten im Auto vergessen. Schon das zweite, das in zwei Tagen tot umfällt, kommt schon mal vor. Grund gibt’s keinen dafür.»
    Ein gebrochenes Auge stierte an Jane vorbei. Mit Schaudern dachte sie an das Schaf, das Lucy angefahren hatte, das sie und sich selbst umgebracht hatte. Vermutlich war es auch eines von den Powells gewesen.
    Der Motor des Pick-ups erwachte zum Leben, und Lloyd fuhr los. Zuletzt war Jane mit der Radioreporterin Bella auf dieserStraße gewesen. Sie wollte auf keinen Fall noch einmal an der Stelle vorbeikommen, an der Lucy gestorben war.
    «Warum fährst du da lang?», fragte sie. «Das Dorf liegt in der anderen Richtung.»
    «Weil der Pick-up in dieser Richtung geparkt war», sagte Lloyd genervt. «Ich hab keine Lust, im Dunkeln auf der Straße zu wenden. Wir fahren ungefähr eine Meile und drehen dann bei Morgans Hof um.»
    «Oh.»
    Das hieß, dass sie an der Stelle vorbeifahren würden, an der Lucys Unfall stattgefunden hatte. Und wenn Lloyd gewendet hatte, würden sie
noch einmal
daran vorbeikommen. Er hatte kein Recht, sie so zu behandeln. Wer war er überhaupt? Für wen hielten die Powells sich eigentlich? Eine Generation langweiliger Gemeinderäte und selbstgerechter Bauern nach der anderen, die über die Städter herzogen, weil sie’s noch nicht mit einem Schaf gemacht hatten, oder was?
    Schaf. Sie dachte an das arme tote Schaf hinten im Pick-up, und dann fiel ihr auf, dass Lucy noch leben würde, wenn die Powells wirklich so großartige Bauern wären. «Das war eines von euren Schafen, oder? Auf das Lucy Devenish draufgefahren ist», sagte sie ärgerlich.
    «Hab’s ja schon gesagt», meinte Lloyd, «sind zwei Schafe in zwei Tagen draufgegangen.»
    Er hatte es vorher anders gesagt, aber Jane war zu wütend, um darauf zu achten. «Von wo ist es überhaupt gekommen?»
    «Keine Ahnung. Von dem Feld gegenüber vom Apfelgarten vermutlich.» Er fuhr lässig mit einer Hand am Steuer. Sein Ellbogen lag auf dem Rahmen des heruntergekurbelten Fensters. Eins von den Mädchen in der Schule hatte mal versucht, bei einer Tanzveranstaltung mit ihm zu knutschen, aber Lloyd hatte sie schnellstens abgewimmelt.
    «Wie ist es rausgekommen?»
    «Ich verstehe nicht, was du meinst.»
    «Das Schaf.»
    «Ich hab keinen Schimmer, Jane.»
    «Das würdest du aber, wenn ihr euch die Mühe machen würdet, eure Zäune zu überprüfen», sagte Jane spitz.
    Lloyd verlangsamte die Geschwindigkeit. «Was willst du damit sagen?»
    «An einer Straße wie dieser solltet ihr ordentliche Zäune haben und sie regelmäßig überprüfen. So könnte kein Schaf einfach auf die Straße laufen und einen Unfall verursachen. Das Schaf war nicht schuld, ihr wart schuld.»
    Sie dachte, er würde sauer werden, und es hätte sie nicht gestört, doch er wirkte merkwürdigerweise fast erleichtert und gab ein Geräusch von sich, das nach einem Lachen klang.
    «Du bist ein ganz schön unverschämtes Biest, Jane.»
    «Und du bist einfach   … unverantwortlich», lautete ihre schwache Retourkutsche.
    Der Pick-up blieb stehen. Jane sah aus dem Fenster. Nirgends war ein Licht zu sehen. «Warum haben wir angehalten?»
    «Morgans Hof. Morgans
Hof
, Jane.»
    «Ich sehe aber nichts davon.»
    Lloyd seufzte. «Morgans Hof ist vor ungefähr zwanzig Jahren aufgegeben worden.»
    Er wendete schnell und achtlos, als habe er das schon tausend Mal im Dunkeln gemacht, und dann, als das Auto im rechten Winkel zur Straße stand und bereit war zurückzufahren, nahm er plötzlich die Hände vom Steuer.
    «Mach schon, fahr los.» Jane fühlte sich auf einmal nicht mehr wohl. «Bring mich nach Hause.»
    «Nein», sagte Lloyd. «Du hast irgendeine fixe Idee, was diese Devenish angeht. Ich will wissen, was es ist.»
    «Sie war nett zu mir. Und wenn du sie tot auf der Straße gesehen hättest, wärst du auch geschockt.»
    «Tja, das habe ich nicht. Aber selbst wenn, hätte ich sie immer noch für eine schrullige Alte gehalten, die ständig ihre Nase in fremder Leute Angelegenheiten steckt und nichts als Ärger macht. Das Dorf ist ohne sie garantiert besser dran.»
    «Du gemeiner Kerl», platzte Jane heraus. «Was hat sie dir je getan?»
    «Außerdem», fuhr Lloyd haarspalterisch fort, «war sie eine Gefahr für sich und jeden anderen Verkehrsteilnehmer. Erstens – sie hat nie einen Sturzhelm

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