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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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zuzugeben.»
    «Ich will nur, dass wir einmal ohne das übliche Chaos umziehen», sagte Merrily.
    «Für eine Christin, die in der Oberliga spielt», sagte Jane, «nimmst du’s mit der Wahrheit nicht besonders genau.»
    Merrily atmete hörbar ein. Doch bevor sie antworten konnte, wurden sie durch ein Klingeln an der Tür gerettet.
     
    «Hab gehört, Sie ziehen jetzt bald ein. Wollte sehen, ob ich Sie irgendwie unterstützen kann.»
    Nein, das wollten Sie nicht.
    «Sehr freundlich», sagte Merrily. «Aber wir sehen uns heute nur genauer um. Wir ziehen erst in ein paar Tagen ein.»
    James Bull-Davies ließ seinen Blick durch die leere, staubige Empfangshalle wandern. Offenbar hatte er gewartet, bis Gomer Parry weg war. Verdammt. Sie hatte ihm mehr oder weniger direkt gesagt, dass er das Thema eine Weile auf sich beruhen lassen sollte. Entweder war er unterbelichtet, oder er fand, dass sich seine Familie nicht nach irgendjemandes Wünschen zu richten brauchte.
    «Interessante Predigt haben Sie da gestern gehalten, Mrs.   Watkins. Haben Sie wohl nach dem Treffen geschrieben.»
    «Ich habe sie überhaupt nicht geschrieben», erwiderte Merrily schroff. «Ist mir spontan eingefallen. Manchmal muss man eben improvisieren.»
    «Ach. Habe nie bemerkt, dass Hayden je ‹improvisiert› hätte.»
    «Vielleicht war er darin einfach nur besser als ich», sagte sie zuckersüß. «Möchten Sie eine Tasse Tee? Etwas anderes kann ich Ihnen im Moment leider nicht anbieten.»
    Er musterte sie argwöhnisch. Merrily ging in die Küche, in der es jetzt zwar Einbaugeräte gab, aber auch immer noch ein paar alte Resopal-Regale und Wandfliesen. Sie verzog das Gesicht. Das war noch nicht ihre Küche.
    James Bull-Davies stand unbeholfen herum. Sie war ganz klar nicht sein Typ Pfarrer. Er wusste nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Er konnte sie ja kaum ansehen und starrte ständig an die Decke.
    «Waren früher zwei Räume hier. Als ich ein Kind war. Der Teil hier drüben war eine Vorratskammer oder so.»
    «Waren Sie oft hier?» Irgendwer hatte einen winzigen Wasserkessel für den Aga-Herd dagelassen. Ein gusseisernes Ungetümmit einer umlaufenden Chromstange, dessen Zuverlässigkeit Merrily aus einer früheren Wohnung kannte. Merrily füllte den Kessel. «Ich meine, in letzter Zeit.»
    «Nur wenn es etwas zu besprechen gab. Gemeindeangelegenheiten.»
    Tritt niemandem auf den Schlips, der Bull-Davies heißt
, hatte Ted gesagt,
ohne sie wäre die Kirche schon längst wegen Baufälligkeit geschlossen
. Merkwürdig, wie sich alles änderte. Inzwischen war das baufälligste Gebäude des Ortes vermutlich Upper Hall.
    Vielleicht hatte Bull-Davies früher mit Alf Hayden seine Probleme besprochen. Als sein Pfarrer, sein
Priester
. Auf diese Art würde ein Mann wie James niemals mit einer Frau sprechen können, denn Frauen waren entweder Mütter oder Tanten oder Schwestern, oder man legte sie flach.
    Merrily stellte den Wasserkessel auf den Herd. Vielleicht irrte sie sich auch. «Es tut mir leid, ich habe noch keine Stühle hier. Wir können uns an den Aga lehnen.»
    Ihr fiel auf, dass sie noch nie mit Bull-Davies allein gewesen war, der Gutsherr und die
Pastorin
, die er nicht in seinem Dorf haben wollte.
    James Bull-Davies lehnte sich gegen die Chromstange des Agas. Eine Frau in einer Soutane. Eindeutig pervers.
    Oder machte es ihn in Wahrheit an? Das würde sie vermutlich nie erfahren.
    «Diese Predigt   …», sie umfasste die warme Chromstange, «…   ich wollte mir einfach noch ein bisschen Zeit zum Nachdenken verschaffen.»
    «Hat sich aber so angehört, als wollten Sie die ganze verflixte Angelegenheit dem Herrn zur Entscheidung vorlegen.»
    «Wenn Sie es so sehen, ja, ich glaube, am Ende werde ich genau das tun.»
    «Wie ich es sehe», sagte er, «hat diese Sache null Kommanichts mit Gott zu tun. Ist eine Frage der Ehre. Und der Verantwortung.»
    «Meinen Sie Ihre Ehre und meine Verantwortung?»
    Merrily sah ihn an, doch er hielt den Blick geradeaus gerichtet.
    «Warum sind Sie aus der Versammlung hinausgegangen, Mr.   Davies? Ich hätte gedacht, Sie würden bleiben und den Feind stellen.»
    Er sah auf die Steinfliesen hinunter. «Vielleicht habe ich befürchtet, ich könnte mich nicht beherrschen und würde ihm seine selbstgefällige Visage einschlagen.»
    «Oh, ich glaube, Sie hätten es geschafft. Beim Militär lernt man doch Disziplin.»
    Er lachte kurz auf.
    «Ich verstehe Sie schon irgendwie», sagte Merrily, «wenn er unbedingt

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