Fruchtbarkeit - 1
gut abgelaufen, wie ich sehe. Oh, bei Ihnen geht immer alles gut! Du lieber Gott, wie klein und herzig er ist! Sieh doch nur, Robert, wie allerliebst er trinkt. Wie ein Püppchen. Nein, wie drollig, wie drollig! Er ist zu niedlich!«
Ihr Mann kam auf ihre lebhaften Ausrufe herbei und stimmte mit ein:
»Ja, der ist wirklich sehr hübsch. Ich habe so kleine Kinder gesehen, die abscheulich waren, mager, bläulich, gerupften Hühnern ähnlich. Aber wenn sie weiß und dick sind, dann bieten sie einen hübschen Anblick.«
»Aber,« rief Mathieu lachend aus, »wenn Ihr Herz Verlangen danach hat, so können Sie in kurzer Zeit einen ganz ähnlichen haben. Sie sind beide darnach angetan, um einen prächtigen Jungen zu bekommen.«
»Nein, nein, dessen kann man nie sicher sein. Und dann wissen Sie ja, daß Claire vor dreißig Jahren keinen haben will. Wir haben also noch fünf Jahre zu warten, fünf Jahre für uns allein. Wenn Claire dreißig ist, werden wir dazu sehen.«
Madame Angelin konnte sich jedoch von dem Anblick des Kindes nicht trennen und betrachtete es mit begehrlichen Augen, von Lust nach einem neuen Spielzeug ergriffen, sicherlich aber auch von einem plötzlichen Erwachen des Muttergefühls berührt. Sie hatte kein schlechtes Herz, war im Gegenteil unter ihrer verliebten Sorglosigkeit eine seelengute Frau.
»O Robert,« sagte sie leise, »wenn wir nun doch einen hätten!«
Er protestierte scherzend.
»Ich bin dir also nicht mehr genug? Und dann bedenke einmal, daß wir während der neun Monate der Schwangerschaft und der fünfzehn des Stillens uns nicht einmal umarmen könnten. Das macht zwei Jahre ohne die geringste Zärtlichkeit. Nicht wahr, lieber Freund, ein vernünftiger Gatte, der auf die Gesundheit der Mutter und des Kindes bedacht ist, berührt seine Frau während dieser ganzen Zeit nicht?«
Mathieu lachte gleich ihm. »Das ist allerdings ein wenig übertrieben. Aber es ist etwas Wahres daran. Das beste ist tatsächlich Enthaltsamkeit.«
»Enthaltsamkeit, hörst du, Claire? Ein abscheuliches Wort! Ist es nach deinem Geschmacke? Und wenn ich meinerseits nicht könnte, wenn ich mich anderwärts entschädigte?«
Die beiden jungen Frauen waren errötet, ließen aber die gewohnten Scherze über diesen delikaten Gegenstand über sich ergehen. Konnte man ihnen denn nicht diesen großen und zarten Beweis von Liebe geben, zu warten und treu zu bleiben? Sich anderwärts entschädigen, das sei abscheulich, der bloße Gedanke flöße einem Ekel ein!
»Lassen Sie ihn doch reden!« sagte Madame Angelin schließlich. »Er liebt mich zu sehr, er weiß nicht einmal, daß es andre Frauen gibt.«
Gleichwohl mochte eine eifersüchtige Furcht in ihr erwacht sein. Und worüber sie nicht zu sprechen wagte, während sie Marianne betrachtete, das war die Frage, ob eine Schwangerschaft sie nicht zugrunde richten, ihr ihren Mann nicht entfremden würde, wenn sie etwa sehr häßlich dadurch würde. Freilich, diese fröhliche und blühende Frau mit ihrem schönen Kinde an der Brust, in diesem schneeweißen Bette, das bot ein entzückendes Bild. Aber es gab Männer, die vor derlei einen Abscheu empfanden. Und der stumme Widerstreit in ihrem Innern wurde in den Worten laut: »Ich brauchte übrigens nicht selbst zu stillen. Wir könnten eine Amme nehmen.«
»Selbstverständlich,« sagte ihr Mann. »Ich würde dich nie stillen lassen. Das wäre ein Unsinn.«
Er bereute diesen derben Ausdruck sofort und entschuldigte sich Mariannen gegenüber. Er hielt ihr vor, daß keine Frau sich heute mehr die Last auferlege, selbst zu stillen, wenn sie einigermaßen wohlhabend sei.
»Oh, ich,« sagte Marianne mit ihrem ruhigen Lächeln, »wenn ich hunderttausend Franken Rente hätte, so würde ich alle meine Kinder selber stillen, und wenn ich ein Dutzend haben sollte. Vorerst einmal glaube ich, daß ich krank würde, wenn der Kleine mich nicht von der Milch befreien würde, die mich überschwemmt: meiner Gesundheit wegen trinkt er sie von mir fort. Und dann würde ich mir einbilden, daß ich ihn nicht ganz vollendet habe, ich würde mich für seine kleinsten Schmerzen verantwortlich glauben, würde mich für eine verbrecherische Mutter halten, eine Mutter, die nicht das Leben, die Gesundheit ihres Kindes will!«
Sie senkte ihre schönen, zärtlichen Augen auf das kleine Geschöpf und betrachtete den gierig Saugenden mit unendlicher Liebe, glücklich selbst darüber, daß er ihr manchmal weh tat, entzückt, wenn er zu stark sog. Dann
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