Fruchtbarkeit - 1
Felder, welche die Arme brauchen könnten, die hinzukommen und ihren Ertrag verdoppeln und verdreifachen würden?«
Die einfachen Worte waren wie ein Peitschenhieb, unter dem Lepailleur sich bäumte. Wieder einmal gab er dem ganzen Groll Ausdruck, der ihn erfüllte. Das wäre das Rechte, daß er von diesem alten Gerümpel von einer Mühle erwartete, daß sie ihn reich mache, die weder seinen Großvater noch seinen Vater reich gemacht habe! Und was die Felder betreffe, so habe ihm seine Frau da eine hübsche Mitgift gebracht, Felder, auf denen nichts wachsen wolle, die man noch so sehr mit seinem Schweiße begießen möge, ohne imstande zu sein, die Kosten von Aussaat und Dünger hereinzukriegen!
»Vorerst einmal,« erwiderte Mathieu, »müßten Sie Ihre Mühle in besseren Stand setzen, sie mit einem neuen Werk versehen, oder noch besser, sie in eine Dampfmühle verwandeln.«
»Die Mühle instand setzen! Sie in eine Dampfmühle verwandeln! Das wäre ja der reine Wahnsinn! Wozu denn, da ich ja schon jetzt monatelang stillstehe, seitdem fast gar kein Korn mehr gebaut wird?«
»Sodann,« fuhr Mathieu fort, »wenn Ihre Felder schlechten Ertrag liefern, so kommt das davon, daß Sie sie schlecht bebauen, nach einer veralteten Methode, ohne Sorgfalt, ohne Maschinen, ohne Kraftdünger.«
»Bleiben Sie mir vom Leibe mit den Maschinen, mit dem Schwindelzeug, das die Welt ganz zugrunde richtet! Sie haben leicht so reden, aber ich möchte sehen, wie Sie die Erde zwingen wollen, herzugeben, was sie nicht hergeben will!«
Er geriet in förmliche Wut, wurde heftig und brutal, legte der Rabenmutter Erde alles zur Last, was seine Faulheit und sein Eigensinn verschuldeten. Er war gereist, er hatte in Afrika gekämpft, man konnte ihm nicht nachsagen, daß er all sein Lebtag zu Hause gehockt habe wie ein unwissender Lümmel. Aber als er von den Soldaten heimgekehrt sei, da habe ihn sofort der Widerwille erfaßt, als er sah, daß es mit dem Ackerbau zu Ende sei, und daß er für alle seine Plage nie mehr als trockenes Brot zum Essen haben werde. Die Erde mache Bankerott wie der liebe Gott, die Bauern glauben nicht mehr an sie, sie sei vertrocknet, ausgesogen, erschöpft. Und auch auf die Sonne sei kein Verlaß mehr, im Juli schneie es, im Dezember gäbe es Gewitter, die Jahreszeiten seien in ein Durcheinander geraten, das die Ernte von aller Anfang an zugrunde richte.
»Nein, Herr, es ist nichts mehr zu machen, es ist aus. Die Erde und die Arbeit lohnen nicht mehr. Wir sind ruiniert, der Bauer, der sich zu Tode arbeitet, wird bald nicht einmal mehr das Wasser haben. Darum möchte ich mich lieber gleich in den Fluß werfen, als noch ein Kind haben; es ist unnütz, noch mehr Unglückliche in die Welt zu setzen, und so wird unser Antonin wenigstens später zu leben haben, wenn er allein ist. Und wie Sie ihn da sehen, meinen Antonin, so schwöre ich Ihnen, daß ich nicht gegen seinen Willen einen Bauer aus ihm machen werde. Wenn er Lust zum Studieren hat, wenn er nach Paris gehen will, in Gottesnamen, ich werde ihm sagen, daß er recht hat, daß es nur ein Paris gibt, wo ein kräftiger, unternehmender Bursche sein Glück machen kann. Er soll alles verkaufen, wenn er will, und dort auf dem Pflaster den Anbau versuchen. Dort wachsen die Taler, und mir tut nur eines leid, daß ich nicht selber mein Glück dort versucht habe, solange es Zeit war.«
Mathieu lachte. War es nicht seltsam, daß er, der Städter, der Gebildete, der Studierte, davon träumte, zur Erde zurückzukehren, zur gemeinsamen Mutter aller Arbeit und alles Besitzes, während dieser Bauer und Sohn eines Bauern die Erde schmähte und verwünschte und keinen höheren Wunsch hatte, als sie von seinem Sohne verleugnet zu sehen? Nie war ihm ein auffälligerer Gegensatz zum Bewußtsein gekommen, es war die unheilvolle Auswanderung des Landes gegen die Stadt, die sich von Jahr zu Jahr steigerte und die Nation entsaftete und zerstörte.
»Sie haben unrecht,« sagte er in heiterem Tone, um dem Gespräch die Schärfe zu nehmen. »Verleugnen Sie die Erde nicht, sie ist eine alte Geliebte, die sich rächen wird. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, so würde ich ihr durch verdoppelte Sorgfalt alles abgewinnen, was ich begehre. Sie bleibt heute wie am ersten Tage die große, fruchtbare Gattin, und sie gebärt immer noch hundertfach, wenn man sie liebend und kraftvoll umfaßt.«
Aber Lepailleur wollte nichts hören und rief mit erhobenen Fäusten: »Nein, nein, ich habe genug von ihr, von
Weitere Kostenlose Bücher