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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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unerträglich.
    »Entschuldigen Sie mich,« sagte endlich Monsieur Broquette. »Meine Frau wird gleich zu Ihren Diensten stehen.«
    Er lief mit stummer Behendigkeit die Treppe hinauf. Gleich darauf hörte man einen Klatsch, und das Haus verfiel plötzlich in Todesstille. Man hörte nichts mehr als die Stimme Madame Broquettes aus dem Bureau, die würdevoll fortfuhr, ihre Ware anzupreisen.
    »Nun, verehrter Freund,« sagte Boutan zu Mathieu, während er mit ihm den Flur auf und ab ging, »das ist doch nichts, diese prosaische Kehrseite der Dinge. Sie müßten die Kehrseite der Seelen sehen können. Und bemerken Sie, daß dieses Haus noch eine anständige Mittelklasse darstellt; es gibt noch scheußliche Höhlen, welche die Polizei manchmal schließen muß, weil sich gar zu empörende Dinge dort ereignen. Freilich gibt es eine Überwachung, freilich gibt es Polizeiverordnungen, welche den Ammen vorschreiben, daß sie nur mit Ausweisbüchern, mit Moralitätszeugnissen, mit allen Arten von Papieren versehen, hierherkommen dürfen, die am ersten Tage auf der Präfektur visiert werden müssen, wonach ihnen erst die Erlaubnis erteilt wird. Aber das alles sind Vorkehrungen von zweifelhaftem Werte, welche keine Art von Betrügereien verhindern können, weder die Täuschung über das wirkliche Alter der Milch noch das Unterschieben gesunder Säuglinge an Stelle der kranken, die der Amme gehören, noch selbst, daß wieder schwanger gewordene Mädchen sich für kürzlich entbundene ausgeben. Sie können sich nicht vorstellen, was für mörderische Lügen und Listen diese Weiber in ihrem gierigen Geldgeize zu ersinnen imstande sind. Und das ist nur begreiflich, denn die bloße Tatsache, daß sie sich dem Berufe einer Amme zuwenden, stellt sie, meiner Ansicht nach, auf die niedrigste Stufe der menschlichen Leiter. Es gibt kein verächtlicheres, empörenderes Gewerbe. Viele, selbst bis dahin anständige Mädchen gehen zum Manne, so wie man die Kuh dem Stier zuführt, der Milch wegen. Das Kind ist in den Augen der Amme von Beruf nur eine notwendige Vorbedingung, ein Geschäftsbehelf. Im Augenblicke, da es durch sein Erscheinen seinen Zweck erfüllt und die Amme melkbar gemacht hat, zählt es daher auch nicht mehr, und ob es stirbt, ist gleichgültig. Es ist der niedrigste Grad der blödsinnigen Gewissenlosigkeit, der tierischen Verrohung. Und da sehen Sie die verbrecherischen Folgen des schändlichen Handels, den man da abschließt, denn wenn das Kind, dem die Amme ihre Milch verkauft, häufig an dieser Milch stirbt, die nicht diejenige ist, welche die Natur für dasselbe bestimmt hat, so stirbt das Kind der Amme fast immer, infolgedessen, daß es wie ein lästiges Bündel fortgeschafft und sogleich mit Grütze genährt wird wie das liebe Vieh; so daß es also zwei Opfer gibt und zwei Mütter gleicherweise sich des Mordes schuldig machen, des gemeinsten und des gefährlichsten Mordes, des Mordes an armen, kaum geborenen Wesen, deren Verschwinden niemand aus seiner Gleichgültigkeit aufrüttelt, während wir im Gegenteil alle einen großen Schrei des Schreckens und des Abscheus erheben sollten vor diesem unsinnigen Hinschlachten unsrer Hoffnung und unsrer Zukunft … Ah, dieser Abgrund hat keinen Boden, das ganze Land wird hineinstürzen, darin verschwinden, wenn man nicht aufhört, der Vernichtung diesen ungeheuerlichen Tribut zu bringen!«
    Die beiden Männer waren im Gespräch vor der Tür des Eßzimmers stehengeblieben und sahen nun durch diese, die ein wenig aufstand, die Couteau an einem Tische sitzen, und ihr zur Seite zwei junge, hübsche und nett gekleidete Bäuerinnen. Da die Stunde der Mahlzeit vorüber war, aßen alle drei Wurstwaren, gierig, ohne Teller und ohne Gabel; es hatte den Anschein, daß die Zuführerin eben eingetroffen war und sich, nachdem sie ihre Ladung Ammen abgeliefert, beeilte, sich ein wenig zu stärken, ehe sie weiter ihren Geschäften nachging mit diesen zwei, die ihr von ihrem Vorrat geblieben waren. Das Eßzimmer mit seinen weinnassen Tischen und seinen fettfleckigen Wänden verbreitete bis in den Flur einen Geruch wie von einem schlecht gehaltenen Küchenausguß.
    »Sie kennen die Couteau?« rief Boutan, nachdem ihm Mathieu von seinen Begegnungen mit der Frau erzählt hatte. »Dann, lieber Freund, sind Sie bis auf den Boden des Verbrechens gekommen. Die Couteau, das ist die Menschenfresserin … Und zu denken, daß sie in unsrer schönen sozialen Maschinerie ein nützliches Rad ist, und daß ich

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