Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
Sinn fürs Schickliche sprach, wenn man seinem Nachbarn ungeniert ins Küchenfenster glotzte. Aber er verdrängte dabei die Tatsache, dass er dort einen Hund sitzen hatte, der eindeutig nicht ihm gehörte, dieser Charmebolzen.
»Sie haben da etwas, was mir gehört!«
Senta stemmte die Hände in die Hüften und vergaß dabei, dass sie lediglich einen Bademantel trug, der durch diese Bewegung meterweit auseinanderklaffte. Oh mein Gott, wie peinlich. Jetzt hatte dieser impertinente Mensch sie auch noch in ihren alten Schlafshorts bewundern dürfen. Hektisch fummelte sie an dem verdammten Ding herum, das sich Gürtel nannte.
»Oh, das wusste ich nicht. Tut mir leid!«
Das klang tatsächlich so, als sei es ernst gemeint. Senta sah ihr Gegenüber streng an. So kommst du mir nicht davon, Bürschchen!
»Ist es für sie normal, fremde Hunde einzukassieren?« So jetzt hab ich dich. Senta bemerkte eine gewisse Unsicherheit im Blick ihres Gegners. Leider verschwand sie so schnell, wie sie gekommen war.
»Ich habe ihren Hund nicht »einkassiert«, so wie sie es ausdrücken, sondern meines Erachtens, vor der klirrenden Kälte gerettet, die draußen herrscht! Wie sollte ich denn wissen, dass er ihnen lediglich entwischt ist. Ich habe Geräusche gehört und wollte nachsehen, als er plötzlich vor mir stand. Ich konnte ihn ja schlecht fragen, welcher Umstand ihn zu mir führt!«
Er musterte Senta nachdenklich. »Irgendwo her kenne ich sie doch.«
» Du Idiot «, dachte Senta aufgebracht. Das war nicht weiter verwunderlich, wenn man Luftlinie zehn Meter entfernt voneinander wohnte. Dass sie ihn noch nicht gesehen hatte, musste nicht unbedingt heißen, dass er sie nicht gesehen hatte.
»Wo ist überhaupt der Schmitz?«
Sentas Frage hatte etwas Lauerndes an sich.
»Welcher Schmitz?«
Doch dann schien es Mister Wunderbar zu dämmern.
»Ach, sie meinen den Herrn, der mir dieses Anwesen verkauft hat? Da kann ich ihnen nicht mit dienen. Ich habe keine Ahnung, wo der jetzt wohnt. Es lief alles über seinen Anwalt. Ich habe ihn nur ganz kurz gesehen, als ich mit dem Möbelwagen hier ankam. Er hat es mir nicht eben leicht gemacht. Bis zur letzten Minute war nicht sicher, ob ich noch vor Jahresende einziehen kann. Wenn sie sich etwas gedulden, dann sehe ich in meinem Kaufvertrag nach, da müsste drinstehen, wo er abgeblieben ist.«
Ups, das war etwas viel Information auf einmal. Ob der nicht sah, dass sie vor Kälte schlotterte?
»Danke, das ist nicht nötig. Wenn es ihnen nichts ausmacht, dann lassen sie jetzt meinen Hund heraus, ich friere mir hier nämlich den Arsch ab.«
»Ach du meine Güte!« Er verschwand, um gleich danach mit Tico am Halsband vor der Tür zu erscheinen. »Sie holen sich ja den Tod! Kommen sie doch herein, ich habe noch heißen Kaffee.«
Mit ein paar Schritten war er bei Senta und packte sie am Arm. Das wurde ja immer besser. Erst schnappte er sich ihren Hund, und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, versuchte er auch noch, sie ins Haus zu zerren!
»Lassen sie mich los! Ich kenne sie doch gar nicht. Ich gehe doch nicht einfach so mit einem Wildfremden in dessen Wohnung!«, keifte Senta, einer Panik nahe.
»Entschuldigung!« Er klang zerknirscht. »Premmler ist mein Name, Carsten Premmler. Ich bin seit kurzem Arzt im Sankt Anna Hospital in Bremstadt.«
Premmler ? In welchem Zusammenhang hatte sie das schon einmal gehört? Senta stutzte.
»Jetzt weiß ich auch, warum sie mir so bekannt vorkommen!«
Doktor Premmler griff sich an die Stirn. »Sie haben eine gewöhnungsbedürftige Art, sich in Szene zu setzen! Das letzte Mal, als wir uns begegnet sind, lagen sie auf einer Krankentrage, blutverschmiert und etwas lädiert und heute, na ja ...!« Er vollendete den angefangenen Satz nicht, grinste aber reichlich anzüglich. »Sie sind Frau Weißenfels, stimmt’s!«
Senta traute ihren Ohren nicht. Das war der Arzt, der sie nach ihrem Unfall aufgenommen und untersucht hatte! Gesehen hatte sie ihn damals nicht, wie auch, sie war ja zu diesem Zeitpunkt ohne Bewusstsein, aber Doktor Rheinbacher hatte seinen Namen erwähnt.
»Kommen sie jetzt mit oder wollen sie hier vor meiner Haustüre festfrieren?«
Wie in Trance stapfte Senta stocksteif hinter ihm her in den Flur und dann in eine hell erleuchtete Küche, die sich allerdings diesen Namen erst noch verdienen musste. Außer Tisch und Stühlen, einer Spüle, einem Kühlschrank und einer Kaffeemaschine, die einen himmlischen Duft verströmte, war der
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