Frühstück im Bett
seines Ichs niemandem anvertrauen durfte – nur dem Papier auf seinem Schreibtisch. Geradezu verzweifelt hatte er Laura geliebt, eine neurotische amerikanische Dichterin mit rabenschwarzem Haar, milchweißer Haut und kummervollen Augen.
Aber auf dieser Welt gab es nicht genug Liebe, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Während einer Regennacht in New Orleans, vor neun Jahren, hatte sie ihr Auto gegen eine Betonmauer gesteuert, um das Leben seines ungeborenen Kindes und ihr eigenes zu beenden. Es war die schlimmste Zeit seines Lebens gewesen, eine Hölle, die ihn fast zwei Jahre lang verschlungen hatte. Danach hatte er sich gelobt, nie wieder solche Qualen zu erleiden.
Nun fragte er sich nicht zum ersten Mal, ob es vernünftig gewesen war, den Prototyp der exaltierten Frau als Haushälterin einzustellen.
Doch er hatte seinen süßen Rachegelüsten nicht widerstehen können, und er wollte die Chance nutzen. Von jetzt an würde er sich nicht mehr von ihr ablenken lassen und seine ganze Energie in seinen neuen Roman investieren, wo sie hingehörten.
Aus der Küche drang leises Wasserrauschen ins Arbeitszimmer. Letzte Nacht hatte er eine Stunde gebraucht, um die Liste der Pflichten zusammenzustellen, die Sugar Beth an diesem Tag erledigen sollte. Die Dinnerparty bereitete er schon seit einem Monat vor. Ein besonderes Werkzeug seiner Rache … Lächelnd erforschte er sein Gewissen, um herauszufinden, ob er sich schämte.
Aber der romantische Junge, der einst von niedergemetzelten Drachen und geretteten Prinzessinnen geträumt hatte, besaß
mittlerweile das Herz eines Zynikers, und sein Gewissen schwieg.
Sugar Beth warf Colins Liste beiseite, ohne die zuletzt angeführten Punkte zu studieren, und konzentrierte sich auf das Wesentliche. Wie erwartet war die Kühltruhe mit tiefgefrorenen Speisen voll gestopft, die ihm Verehrerinnen aus ganz Parrish geschenkt hatten. Doch im Kühlschrank herrschte die gleiche gähnende Leere wie in ihrem eigenen. Auf der Couch im Wohnzimmer lagen Kleidungsstücke, für die chemische Reinigung bestimmt, und ein Paket, an eine New Yorker Literaturagentur adressiert, das sie abschicken sollte. Außerdem hatte Byrne die Titel einiger Bücher notiert, die sie aus der Buchhandlung holen sollte.
Wenn sie genug erledigt hatte, würde sie am Nachmittag vielleicht Zeit finden, um das Haus zu durchsuchen. Sie trank ihren Kaffee, weichte die Haferflockenschüssel in der Spüle ein und ergriff den Lexus-Schlüssel. Dann legte sie den Schlüssel ihres alten Volvos auf die Küchentheke, falls Byrne irgendwas in der Stadt zu tun hatte. Sehr rücksichtsvoll von ihr …
Der Lexus roch nach einem Designer-Eau-de-Toilette und steuerfreien Kommunalanleihen. In Sugar Beths Handtasche, die sie auf den Beifahrersitz legte, steckten hundert Dollar. Die hatte Byrne für die Ausgaben bereitgelegt, zusammen mit einer Notiz, die besagte, er würde für jeden Cent eine Quittung verlangen. Misstrauischer Bastard.
Als sie die Reinigung verließ, traf sie Sherry Wilkes, eine ehemalige Klassenkameradin, die sie in eine Einfahrt drängte und über ihre sämtlichen gesundheitlichen Probleme informierte. Dazu gehörten Sodbrennen, Ekzeme und Gebärmutterschleimhautentzündung im Anfangsstadium. Obwohl Sugar Beth dankbar sein müsste, weil ein weibliches Wesen mit ihr reden wollte, dachte sie sehnsüchtig an die Gorgonien.
Bisher war sie keiner begegnet. Aber sie würden ihr bald über den Weg laufen, und sie freute sich nicht darauf, von den Frauen geschnitten zu werden, deren Freundschaft sie mit Füßen getreten hatte.
Den neuen Buchladen fand sie schräg gegenüber von Winnies Antiquitätengeschäft. Im Schaufenster umringten handbemalte afrikanische Holztiere die aktuellen Bestseller, Biografien und eine reichhaltige Auswahl afroamerikanischer Romanciers. Eine Spielzeugeisenbahn schmückte signierte Ausgaben der »Letzten Station«, um Touristen anzulocken. Auf der Mitte der Glasscheibe stand in goldbraunen, schwarz umrandeten Buchstaben der Name des Ladens – »Gemima Books«, und darunter lautete eine kleinere Aufschrift: »Hier sind alle offenherzigen Menschen willkommen«. Wie sich Sugar Beth erinnerte, hatte in der Auslage der ehemaligen Buchhandlung von Parrish ein Schild verkündet: »Keine Speisen und Getränke, keine Eiscreme«.
Sie betrat den Laden und hörte Glen Goulds Goldberg-Variationen. Bei den Kochbüchern schwatzten zwei ältere Frauen, und eine Mutter mit einem kleinen Kind begutachtete
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