Frühstück im Bett
Spiel einzugehen. »Ryan kam vorbei, um mir zu erzählen, dass Winnie ausgezogen ist. Deinetwegen.«
Lächelnd richtete sie sich auf. »Im Ernst? Wenn’s wirklich stimmt, ist das mein Glückstag.«
Ryan runzelte empört die Stirn. »Wie niederträchtig – sogar nach deinem Maßstab.«
»So meint sie’s nicht«, behauptete Colin. Falls sie sich mit flotten Sprüchen herauslavieren wollte, würde er sie daran hindern. »Sie möchte sich deine Feindschaft absichtlich zuziehen.«
»Selbstverständlich meine ich’s so, wie ich’s gesagt habe, Ryan. Gestern seid ihr mir Gigis wegen ganz gewaltig auf die Nerven gegangen, Winnie und du.«
»Weil du deine Grenzen überschritten hast.«
»Nach meiner belanglosen Ansicht solltet ihr sie nicht so schikanieren.«
Hastig mischte sich Colin ein, bevor Blut fließen würde. »Für deine Theorien über Kindererziehung wird sich Ryan wohl kaum interessieren.«
»Sein Pech. Über eigensinnige Teenager weiß ich viel mehr als er.«
Colin warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Jetzt forderst du ihn schon wieder heraus.«
Mit schmalen Augen schaute Ryan von einem zum anderen. »Was geht zwischen euch beiden eigentlich vor?«
»Nichts.«
Unglücklicherweise sprachen sie gleichzeitig, und das stempelte sie automatisch zu Lügnern. Sugar Beth erholte sich zuerst von ihrer Verwirrung und meisterte die Situation auf ihre Weise. »Bitte, Ryan, reg dich ab. Colin hat sein Bestes getan, um mich loszuwerden. Aber ich erpresse ihn mit ein paar dunklen Punkten in seiner Vergangenheit, die ich ausgegraben habe und die den Opfertod kleiner Tiere betreffen – oder auch nicht. Also – wenn meine Leiche irgendwo im Wald gefunden wird, sag den Bullen, sie sollen ihn verhören. Und außerdem müsstest du den Leuten empfehlen, auf ihre Katzen aufzupassen.«
Manchmal verblüffte ihre Unverfrorenheit sogar Colin. Ryan hatte seinen Humor allerdings total verloren. »Wie viele Menschen du verletzt, ist dir nach wie vor egal – solange du kriegst, was du willst.«
Sie stichelte gern. Aber sie wollte niemanden ernsthaft kränken. In ihren Augen erlosch die Belustigung. »So schwer es mir auch fällt, unangenehme Informationen zu liefern – du hattest schon vor meiner Ankunft in deinem Garten Eheprobleme. Sonst wäre deine Frau nicht aus dem Haus gerannt.«
»Über meine Ehe weißt du gar nichts.«
»Nur dass Winnie ausgezogen ist.« Mitfühlend musterte sie
ihn. »Und du bildest dir ein, du würdest sie zurückgewinnen, wenn ich verschwinde. So einfach wird’s nicht sein. Würdet ihr mich jetzt entschuldigen? Ich habe zu tun.«
Genau sechzig Sekunden später verließ sie das Haus.
Nachdem auch Ryan gegangen war, drohte die Decke auf Colins Kopf zu fallen. Wieso hatte ein Mann, der seine Privatsphäre schätzte, die Dinge dermaßen außer Kontrolle geraten lassen? Nichts, was er an diesem Morgen geschrieben hatte, war es wert, aufbewahrt zu werden. Und so packte er ein Jackett und verließ sein Haus durch die Hintertür.
Lange genug hatte er darüber nachgedacht. Höchste Zeit, die Initiative zu ergreifen …
Alle im Lunchraum schienen sie anzustarren. Zumindest glaubte sie das. Mit feuchten Händen umklammerte Gigi das Plastiktablett und sah sich nach jemandem um – irgendjemandem! –, zu dem sie sich setzen könnte. Vielleicht sollte sie die Mittagspause in der Bibliothek verbringen. Sie hatte sich vorgenommen, ihre Macht zu beanspruchen, trotz ihrer Angst – und obwohl die Eltern sie hassten. Doch jetzt entschied sie, dass sie noch zu jung war, um Macht zu demonstrieren.
Bisher hatte sie sich an ihrem ersten Schultag nach der Suspendierung halbwegs wohl gefühlt. Niemand erwähnte den Grund ihrer Strafe. Und Jake Higgins sagte, sie würde cool aussehen. Jake litt an Akne und war nur eins fünfzig groß. Aber immerhin. Bevor sie am letzten Abend ins Bett gegangen war, hatte sie ihre Fingernägel schwarz lackiert und sich das schwarze T-Shirt ausgeliehen, das ihre Mom niemals trug, weil es ihr angeblich nicht passte. Dazu trug Gigi alte enge, schwarze Jeans, die ihr zu kurz waren. Das hatte sie mit schwarzen Socken kaschiert, also würde es niemand merken. An ihrem Hals hing eine Kette aus braunen Perlen, die sie in
der siebten Klasse aufgefädelt hatte. Nicht der beste Gothic-Look ihres Lebens. Dafür würde sie einen Gürtel mit Silbernieten oder einen schwarzen Rock und eine schwarzweiße Strumpfhose brauchen. Aber in dieser Kluft kam sie sich stark und tollkühn
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