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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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der zentralen Parks, vorbeischlenderte, merkte ich, wie sich allm ä hlich und dann unwiderstehlich die Menschenstr ö me alle in eine Richtung ergossen -Tausende und Abertausende hielten auf ein Stadion im Park zu. Ich fragte zwei junge M ä nner, was los sei, und erfuhr, dass im Oval ein Cricketmatch zwischen Australien und England stattfinde.
    » Was? Hier in Adelaide? Heute? « , fragte ich ü berrascht.
    Der eine der beiden bedachte die Frage mit dem Am ü sement, das sie verdiente. » Na ja, entweder das « , erwiderte er trocken, » oder - wei ß der Henker -, drei ß igtausend Leute machen einen Riesenfehler. Stimmt's? « Dann l ä chelte er, denn er meinte es ja mitnichten b ö se oder aggressiv. Er und sein Kumpel hatten ihren Durst auch schon mit dem einen oder anderen Bierchen bek ä mpft.
    »Wissen Sie, ob es noch Karten gibt?«, fragte ich.
    »Nö, Kumpel, ausverkauft. Tut mir Leid.«
    Ich nickte und sah ihnen nach, wie sie weggingen. Das war noch so was sehr Britisches, das mir an den Australiern auffiel: Sie entschuldigten sich für Dinge, die gar nicht ihre Schuld waren.
    Ich lief über die North Terrace, Adelaides Flanierboulevard, zum South Australian Museum, einem stattlichen Kasten. Ich wollte wissen, ob dort ein Fossil namens Spriggina ausgestellt war, benannt nach Reginal Sprigg, einem meiner Helden. 1946 wühlte er, damals junger Geologe in Diensten der Regierung, in den glühend heißen, unwirtlichen, zur Flinders Range gehörigen Ediacaran Hills herum, etwa dreihundert Meilen nördlich von Adelaide, und machte eine dieser unglaublichen, märchenhaften Entdeckungen, von denen Australiens Naturgeschichte nur so strotzt. Sie erinnern sich gewiss (aus dem ersten Kapitel) an die seltsame und lange verschollene Urameise Nothomyrmecia macrops, die man völlig überraschend in der gottverlassenen Einöde fand. Spriggs Fund ereignete sich in derselben Gegend und war um nichts weniger spektakulär.
    Der große Moment des Geologen kam, als er ein paar Meter einen felsigen Hang hinauf kraxelte, um ein bisschen Schatten und einen gemütlichen Stein zum Dranlehnen zu suchen, wo er sein Mittagbrot verzehren konnte. Als er dann dasaß und seine Butterbrote futterte, reckte er spielerisch seinen großen Zeh und drehte einen Sandsteinbrocken um. Er hat keinen informellen Bericht über das Ereignis hinterlassen, doch ich glaube, wir können uns getrost vorstellen, dass er aufhörte zu kauen, sich mit leicht geöffnetem Mund lange, lange nicht rührte, das anstarrte, was er gerade umgedreht hatte, und dann langsam darauf zukroch, um es genauer zu betrachten. Er hatte nämlich etwas gefunden, das nach allgemeiner Auffassung gar nicht existierte.
    Seit fast einem Jahrhundert, seit den Zeiten Charles Darwins, hatten die Wissenschaftler an einer evolutionären Anomalie herumgerätselt: dass sich nämlich vor sechshundert Millionen Jahren urplötzlich komplexe Lebensformen einer unglaublichen Vielfalt auf der Erde zeigten (die berühmte kambrische Explosion), es aber keinerlei Beweise früherer einfacherer Formen gab, die einem solchen Ereignis den Weg hätten bahnen können. Dieses fehlende Verbindungsstück hatte Sprigg nun gefunden, ein Stück Felsen, das mit zarten, präkambrischen Fossilien übersät war. Tatsächlich erblickte er den Beginn sichtbaren Lebens, etwas, das noch nie jemand gesehen, ja gar nicht erwartet hatte zu sehen. Dieser Augenblick war von größter Bedeutung für die Geologie. Und wenn Sprigg woanders gesessen hätte - irgendwo in der unendlichen, brütend heißen Weite des australischen Outback, wäre das alles nicht geschehen, jedenfalls nicht dann und vielleicht sogar nie.
    1946 zollte die Wissenschaftsgemeinde der Welt Nachrichten aus Australien leider wenig Beachtung, und Spriggs Berichte von seinem Fund, die er brav in der Transactions of the Royal Society of South Australia zum Besten gab, schmorten zwei Jahrzehnte vor sich hin, bis ihre Relevanz endlich allgemein gewürdigt wurde. Das machte aber nichts. Am Ende bekam die Ehre, wem sie gebührte: Sprigg wurde mit dem Namen des Fossils unsterblich. Die Epoche wiederum, die er entdeckte, wurde Ediacaran benannt, nach den Hügeln, in denen er seine Butterbrote verzehrt hatte.
    Leider war das Museum geschlossen, als ich vorbeikam - wohl wegen des Nationalfeiertags -, und meine Hoffnungen, den Beginn des Lebens zu sehen, zerstoben. Doch als ich durch schattige Nebenstraßen wanderte, fand ich ein modernes Antiquariat - ein wunderbarer

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