Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
Miss Needham-Burrell warten müssen.«
»Auf wen?«
»Harriets Cousine und Testamentsvollstreckerin. Wahrscheinlich ein altes Weib mit Schnurrbart und Jagdstuhl.«
»O nein«, sagte Meredith und dachte an die Fotografie mit den drei kleinen Mädchen. »Sie ist …« Sie unterbrach sich und schloß sanftmütig: »Vermutlich ist sie sehr nett.«
»Nett und, wie ich hoffe, kooperativ.« Markby stand auf. »Danke für den Tee. Ich hoffe, der Unfall wirft keinen allzu dunklen Schatten auf die Feiertage. Haben Sie Lust, Silvester, das ist der nächste Dienstag abend, mit mir ein Glas zu trinken?«
Er wollte sie wiedersehen. Sie hätte auf der Hut sein sollen, statt dessen freute sie sich. »Ja, gern, wenn Sie nicht noch mit dieser Geschichte beschäftigt sind.«
»Oh, bis dahin haben wir längst alles unter Dach und Fach«, sagte Markby vergnügt.
An der Gartentür stehend, winkte Meredith ihm zum Abschied und sah zu, wie er vor dem Cottage der Haynes wendete und dann in Richtung von Fenniwicks Garage und der Abzweigung zur Landstraße aus ihrem Blickfeld verschwand. Als das Motorgeräusch seines Wagens verklungen war, ertappte sie sich dabei, daß sie die blanken Fenster von Ivy Cottage anstarrte. Gestern morgen war Harriet aufgestanden und hatte sich hinter den Fenstern im ersten Stock für die Jagd fertiggemacht. Und am Abend des Weihnachtstages hatten Harriet und ein Mann sich hinter diesen Fenstern leidenschaftlich umarmt, und sie, Meredith, hatte sie flüchtig gesehen. Wo war er jetzt? Harriets Liebhaber? Was dachte er? Und kannte er den Grund, oder wußte er eine Erklärung für ihr ungewöhnliches Verhalten beim Jagdtreffen? Wenn es eine Leichenschau gibt, dachte Meredith, sollte er sich melden und aussagen. Und es würde eine Leichenschau geben, nicht wahr?
Ein scharfer Wind kam auf und brachte einen leichten, aber unverkennbaren Pferdegeruch mit. Nachdenklich blickte Meredith das Sträßchen entlang. Pook’s Stallungen waren von hier zwar nicht zu sehen, machten sich aber anderweitig bemerkbar. Meredith rügte sich heftig. Sie sollte sich nicht einmischen. Aber warum eigentlich nicht? Tom war Harriets Freund. Bestimmt würde auch er die Wahrheit wissen wollen. Oder kannte er sie schon?
Sie ging ins Haus, zog feste Schuhe und einen Anorak an, band sich ein Kopftuch um, damit ihr Haar nicht im Wind flog, und machte sich auf den Weg.
Der Hof von Pook’s Stallungen war leer, aber sie hörte die Pferde in ihren Boxen. Sie stieß die Gattertür mit den fünf Querbalken auf und sicherte sie hinter sich wieder gründlich. Fearons Mercedes parkte unter dem Dach eines Heuschuppens zu ihrer Linken. Er war also hier, es sei denn, er war zum Gemeindeland hinübergeritten. Das war durchaus möglich. Meredith spähte in ein paar Pferdeboxen und rief: »Mr. Fearon?«, blickte aber nur in erstaunte Pferdegesichter. Sie zögerte, dachte: Wer A sagt, muß auch B sagen, und ging auf den baufälligen Bungalow hinter den Ställen zu.
Direkt dahinter war ein Feld, auf dem kreuz und quer durcheinander weiße und rote Stangen und ein paar lackierte Ölfässer herumlagen, die zweifellos als Hindernisse für Übungsspringen dienen sollten. Der ganze Besitz schien ein organisiertes Chaos zu sein. Hier waren nur Pferde wichtig, zuerst und vor allem Pferde. Menschen und ihre Bedürfnisse mußten hineingequetscht werden, wann immer Zeit und Platz es erlaubten. Die Eingangstür des Bungalows stand offen. Auf der Veranda zögerte Meredith wieder, dann klopfte sie laut.
»Mr. Fearon!«
Keine Antwort. Sie konnte sich vorstellen, daß Tom hinausging und die Tür offenließ, wenn er in der Nähe arbeitete, nicht aber, wenn er mit der Arbeit fertig war, und es wäre unsinnig, die kalte Luft ins Haus zu lassen. Sie betrat den engen Flur und rief wieder: »Mr. Fearon, sind Sie da?«
Ein schwaches Stöhnen hinter der Tür unmittelbar zu ihrer Rechten antwortete ihr. Sie erschrak. War er verletzt, oder hatten ihn nach den jüngsten Ereignissen Kummer und Verzweiflung überwältigt? Er und Harriet hatten sich, wenn es um die Pferde ging, sehr nahegestanden. Armer Mann, dachte Meredith mit plötzlich aufwallendem Mitgefühl. Sie klopfte an die Tür und öffnete sie, da sie keine Antwort mehr bekam.
Sie stand auf der Schwelle von Fearons Schlafzimmer; das war ein bißchen heikel, und sie überlegte, ob sie sich nicht besser auf der Stelle zurückziehen sollte. Die Vorhänge waren noch geschlossen, und an diesem Wintertag war es hier drin finster
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