Führe mich nicht in Versuchung
das Frühstück endlos hinzuziehen, während sie und Max die Glückwünsche der Gäste entgegennahmen.
»Es ist langsam Zeit, dass wir uns verabschieden«, sagte Max, als habe er ihre Gedanken erraten.
Damien fuhr dazwischen, ehe Jillian überhaupt antworten konnte. »Kannst du nicht wenigstens warten, bis eine angemessene Weile verstrichen ist?« zischte er leise.
»Es ist nicht ungewöhnlich für Braut und Bräutigam, die Festivitäten früh zu verlassen«, erwiderte Max.
»Sie muss noch nicht gehen, wenn sie es nicht wünscht«, sagte-Damien hartnäckig.
Max ignorierte ihn. »Mache dich bereit. Wir reisen innerhalb der nächsten Stunde.«
»Jillie, vergiss nicht, dass du nur solange bei ihm bleiben musst, bis deine Stellung in der Gesellschaft sicher ist. In ein paar Monaten kannst du wieder nach Hause kommen.«
Und dann? hätte sie am liebsten gefragt. Soll ich so tun, als existiere Max überhaupt nicht? Als ob er niemals ein Teil ihres Lebens gewesen war und sie ihn nicht liebte? Aber sie schwieg, wie sie es so oft in den letzten Wochen getan hatte. Max und Damien verhielten sich, als ob diese Heirat eine Sache zwischen ihnen beiden sei. Niemand war bisher auf die Idee gekommen, zu fragen, was sie für Wünsche hatte.
Sie beabsichtigte nicht, Max zu verlassen. Sie wollte ihn nicht verlieren. Er gehörte nun ihr.
Jillian starrte in sein unbewegtes Gesicht, betrachtete die steife Haltung und dachte an die Art und Weise, wie er jeden der Gäste mit dieser seltsamen Distanziertheit betrachtet hatte, die wie eine Wand zwischen ihnen zu stehen schien.
Sie schlüpfte davon, froh, von ihnen wegzukommen. Sie war all dies so leid.
Gott sei Dank lagen ihre Räume verlassen da. Sie verschloss die Tür und ließ sich auf ihr Bett sinken. Sie war so müde.
Nachdenklich betrachtete sie ihren Ehering. Max hatte eine überraschende Wahl getroffen, die sie nach jenem Verlobungsring gar nicht erwartet hatte. Er hatte ihr einen schmalen und einfachen, gravierten Ring an den Finger gesteckt. Eine gute Wahl, weder zu groß für ihre schmale Hand noch zu pompös, um den guten Geschmack zu verletzen. Sie streckte ihre Hand aus und beobachtete, wie das Gold im Sonnenlicht glitzerte.
Maxens Frau.
Jillian flüsterte die Worte vor sich hin.
Maxens Frau.
Sie zuckte erschrocken zusammen, als sich die Verbindungstür zwischen ihrem Schlafzimmer und dem Ankleidezimmer öffnete und LadyLou mit Jillians Reisekleid über dem Arm hineingestürmt kam.
»Was ist denn los, Jillie? Ich habe zweimal geklopft, aber du hast nicht geantwortet.«
»Ich habe ein bisschen vor mich hingeträumt ... Wie schön, dass du mir beim Ankleiden helfen möchtest.«
»Es wird das letzte Mal sein, dass ich mich um dich kümmere, weißt du«, erwiderte LadyLou mit leiser Stimme.
Darüber hatte Jillian noch gar nicht nachgedacht, und der Gedanke, dass sie von nun an nur noch eine Besucherin in diesem Hause sein würde, erfüllte sie mit einem schwermütigen Gefühl des Verlustes.
»Jillie, du warst die schönste Braut, die ich je gesehen habe!«
»Wie schön, dass wenigstens du es bemerkt hast«, erwiderte Jillian. Weder Max noch Damien hatten auch nur ein Wort über ihr Aussehen verloren. »Max wartet«, fügte sie um ihrer selbst Willen hinzu. Sie hatte Angst, dass sie dem plötzlichen Drang nachgeben würde, sich im Keller zu verstecken.
»Ich weiß, mein Herz«, sagte LadyLou, während sie Jillian bedeutete, sich wieder zu setzen, und neben ihr auf der Bettkante Platz nahm. »Aber bevor du gehst, müssen wir noch über deine Pflichten als Ehefrau reden.«
»Du hast mich gut vorbereitet«, erwiderte Jillian. »Ich weiß, was von mir erwartet wird. Ich werde sicherlich keine Schwierigkeiten haben, Bassett House zu führen.«
LadyLou spielte mit dem Spitzenbesatz an Jillians Handgelenk herum. »Es gibt da noch die Angelegenheit der Kinder und den körperlichen Akt, der sie entstehen lässt.«
Jillian hielt den Atem an. Sie war so mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, dass sie darüber gar nicht nachgedacht hatte. »Wir sind doch erst ein paar Stunden verheiratet. Ist es nicht ein wenig verfrüht, sich bereits Gedanken über Kinder zu machen?« fragte sie.
LadyLou strich über ihren Rock. »Eigentlich nicht. Viele junge Frauen sind Mütter, bevor das erste Ehejahr vorüber ist.«
Ein unwohles Gefühl ergriff Jillian. Sie wünschte sich Kinder, mehrere sogar, aber noch nicht in der nahen Zukunft. »So früh möchte ich noch keine Mutter
Weitere Kostenlose Bücher