Führe mich nicht in Versuchung
der Kapelle auf ihn zugeschritten gekommen war. Mit ihrem elfenbeinfarbenen Seidenkleid, der Spitze, den Perlen und den Blumen war sie von Kopf bis Fuß eine echte Braut gewesen.
Und das alte Strahlen war wieder in ihre Augen zurückgekehrt. Es hatte ihn fürchterlich erschreckt.
Er schritt zur Tür hinüber und riss sie auf. Er musste diesem Haus entkommen. Selbst Bassett war ihm lieber. Dort war zumindest alles beim alten. Es war betäubend kalt und gesegnet unpersönlich.
Als er die Eingangshalle durchquerte, erblickte er Damien, der die Treppe hinunterkam. »Jillian wird jeden Augenblick hinunterkommen«, sagte er mürrisch. »LadyLou redet gerade mit ihr über heute Nacht.«
Max unterdrückte ein Fluchen. Es fehlte ihm gerade noch, dass Jillians unverheiratete Tante ihr den Kopf mit Horrorgeschichten füllte.
»Sei nur vorsichtig mit ihr«, sagte Damien, und seine Lippen verzogen sich vor Abscheu.
»Bisher habe ich nie irgendwelche Beschwerden gehört«, erwiderte Max milde, obwohl es ihn ärgerte, dass Damien eine solche Unterhaltung mit ihm führte. Das war kein Thema, das er gerne mit irgendjemandem besprach - und Damien war nun wirklich der Allerletzte, den er sich dafür aussuchen würde.
Damiens Hände ballten sich zu Fäusten. »Ich möchte in diesem Zusammenhang nie etwas Schlechtes zu Ohren bekommen.«
Maxens Ärger verwandelte sich in Zorn. »Was zwischen mir und Jillian in der Abgeschiedenheit unseres Schlafzimmers passiert, geht dich überhaupt nichts an, und ich verbiete dir, mich jemals wieder auf dieses Thema anzusprechen.«
»Wenn es sich um das Wohlergehen meiner Schwester handelt, werde ich jedes Thema auf den Tisch bringen, das ich für notwendig halte.«
»Du gehst zu weit, Damien«, sagte Max. »Jillian ist meine Frau. Solltest du dich auf irgendeine Weise in unsere Ehe einmischen, werde ich ihr jeden Kontakt mit dir verbieten.«
Damien lief rot an. »Das kannst du nicht tun.«
»Doch, das kann ich und das werde ich auch tun«, entgegnete Max, dem es in der Seele wehtat, dass er zu solch brutalen Drohungen greifen musste. Aber Damien hatte ihn seit Beginn dieses Alptraums nicht eine Sekunde in Ruhe gelassen. Wenn er und Jillian einen Weg finden wollten, um friedlich leben zu können, mussten sie die Zeit haben, diesen Weg gemeinsam zu finden.
»Max, ich bin bereit«, ertönte Jillians Stimme, und sie schritt langsam die Treppe hinunter.
Max runzelte die Stirn. Jillian sah ungewöhnlich blass aus, und er fragte sich, ob LadyLous >Unterhaltung< der Grund dafür war.
Damien zog sie an sich, als sie die letzte Stufe betrat und umarmte sie heftig. »Ich werde dich morgen besuchen.«
»Nein, sagte Max. »Jillian und ich werden in den nächsten Wochen für Besucher nicht zu Hause sein.«
»Wie ich schon sagte, Jillie, werde ich dich morgen besuchen, um zu sehen, wie es dir geht«, wiederholte Damien.
Jillian entzog sich seiner Umarmung und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Geh zurück nach London«, sagte sie leise. »Ich komme schon zurecht.«
Als ihr Blick unruhig zwischen Damien und ihm hin und her wanderte, wußte Max, dass sie seine Drohung, ihr den Kontakt zu ihrem Bruder zu verbieten, gehört hatte.
Und sie hatte die Worte natürlich ernst genommen. Es fängt schon an, dachte er zynisch. Sie war schon bereit, das Schlimmste anzunehmen, wenn es um ihn ging. Auf diese Weise würde es keine lange Zeit in Anspruch nehmen, bis ihre verrückten romantischen Träume zerplatzt waren. Überhaupt nicht lange. Und trotzdem verletzte es ihn tief, dass Jillian oder Damien auch nur eine Sekunde annehmen konnten, dass er einen Keil zwischen sie treiben wolle. Sie waren Geschwister, zum Teufel nochmal, und das Band zwischen ihnen war stärker als jedes, das er mit Jillian jemals knüpfen könnte.
Max ergriff Jillians Hand und legte sie in seine Ellenbeuge. »Wir werden in einigen Wochen in die Stadt zurückkehren«, verkündete er steif und geleitete Jillian zur Tür hinaus.
Nachdem sie in der Kutsche Platz genommen hatten, blickte Jillian auf ihre Hände herab. Max konnte sich denken, was ihr durch den Kopf ging. Aber zumindest schien sie nicht in Gefahr, in Ohnmacht zu fallen. Vielleicht hatte LadyLou sie mit ihren altjüngferlichen Ansichten doch nicht so erschreckt, wie er befürchtet hatte.
Er musste erst einmal mit dem Bewusstsein fertigwerden, nun jedes Recht zu besitzen, all die Dinge mit ihr zu tun, die er sich in seinen Träumen vorgestellt hatte. Ohne dass er sich auch noch
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