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Führe mich nicht in Versuchung

Führe mich nicht in Versuchung

Titel: Führe mich nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Byron
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mich jetzt bitte umschauen?« fragte sie und starrte auf den mit einem Leintuch verhängten Spiegel.
    »Noch nicht«, erwiderte LadyLou und wandte sich dem Dienstmädchen zu.
    »Clancy, die Perlen.«
    Jillian stöhnte. Sie hielt es vor Ungeduld kaum noch aus. LadyLou und Damien quälten sie mit all ihren Geheimnissen und ihrem dramatischen Gebaren. Sie durfte den Ballsaal nicht mehr betreten, und seit drei Tagen schon gingen Handwerker dort ein und aus und veranstalteten eine Menge Lärm. Sie hätte sich jederzeit hineinschleichen können, aber sie wollte Damien nicht den Spaß verderben.
    Und nun musste sie es auch noch ertragen, dass LadyLou und Clancy an ihr herumzerrten und zwickten, und sie war nicht einmal imstande zu sehen, was genau sie dort taten. Es war einfach lächerlich. Sie wusste, wie sie aussah, und sie hatte ihr Kleid mindestens ein halbes Dutzend Mal gesehen. Aber für LadyLou schien dieses ganze Ritual wichtig zu sein, daher unterdrückte sie ihren kindlichen Impuls, mit dem Fuß protestierend auf den Boden zu stampfen.
    »Jetzt darfst du dich anschauen«, sagte LadyLou.
    »Ich fühle mich wie eine Statue, die enthüllt werden soll.« Jillian atmete tief ein, während Clancy langsam das Tuch vom Spiegel zog. »Ich -« Sie verstummte, unfähig den Satz zu beenden, als sie sich mit ihrem lebensgroßen Spiegelbild konfrontiert sah.
    Sie sah wie eine andere aus. Eine Frau, deren Augen in einem strahlenden Smaragdgrün blitzten. Ihre schwarzen, geraden Augenbrauen, die sie als eine geborene Forbes kennzeichneten, hatten niemals einen dramatischeren Eindruck gemacht. Ihr dunkles Haar war aus dem Gesicht zurückgestrichen und im Nacken zu einem einfachen Chignon zusammengebunden. Der weite Ausschnitt ihres elfenbeinfarbenen Seidenkleides umrahmte ihren langen Hals, entblößte ihre Schultern und fiel bis auf die Oberarme hinab. Wie sie es sich erhofft hatte, betonte das Mieder ihre schmale Taille und lenkte die Aufmerksamkeit von ihrem üppigen Busen ab. Dann fiel das Kleid ohne weiteren Zierrat in weichen, schmalen Falten bis auf den Boden.
    »Bin ich das wirklich?« flüsterte sie.
    »Jawohl, Jillian, das bist du«, sagte LadyLou leise.
    Lady Jillian. Die Frau im Spiegel war eine echte Dame - die eleganteste Person, die Jillian jemals erblickt hatte. Eine Dame, die wusste, wie man einen perfekten Hofknicks vollführte, über seinen Fächer blickte und anmutig tanzte.
    Jillian hoffte nur, dass sie die Erwartungen, die dieses Spiegelbild weckte, auch erfüllen würde, denn es umfasste all das, was sie sich schon immer gewünscht hatte.
    Wenn doch dieses Bild nur aus dem Spiegel heraustreten und ein Teil ihrer selbst werden könnte und aller Welt die Illusion von Lady Jillian vorspielen würde! Sie war beinahe froh, dass sie Max über eine Woche nicht gesehen hatte. Sie wollte ihn ebenso mit diesem völlig neuen Aussehen überraschen, wie sie sich selbst überrascht hatte. Vielleicht würde auch er den Zauber verspüren, den sie in diesem Moment empfand.
    Jillian legte vorsichtig ihren Arm um LadyLous Taille, um nicht das bronzefarbene Seidenkleid ihrer Tante zu zerdrücken. »Habe ich dir jemals dafür gedankt, dass du mich dazu gebracht hast, unzählige Stunden mit einem Buch auf dem Kopf herumzuwandern?«
    »Nein«, erwiderte LadyLou und strich mit der Rückseite ihrer Hand über Jillians Wange. »Aber das hast du ja jetzt, und ich habe es gern getan.« Sie trat zurück und versetzte Jillian einen sanften Schubs in Richtung Tür. »Auf geht's. Damien wartet auf dich. Ich werde bald nachkommen.«
    »Und Max«, fügte Jillian hinzu. Bei dem Gedanken an ihn überschlug s ich ihr Herz vor Freude.
    »Ja«, stimmte LadyLou ihr zu. »Und auch Max.«
    Der Korridor, der zum Ballsaal führte, war ihr noch nie so lang vorgekommen, aber sie vermutete, dass es immer eine ganze Weile in Anspruch nahm, wenn man in die Zukunft reiste. Jillian schritt gemächlich dahin, blickte ab und zu an ihrem Kleid hinunter und beobachtete, wie es bei jeder ihrer Bewegungen mitschwang. Sie genoss die Aufregung und ihre Vorfreude und wollte diese Gefühle für immer in ihre Erinnerung aufnehmen.
    Ihr Bruder stand am Eingang des Ballsaales. Die Türen hinter ihm waren geschlossen, und sein erwartungsvolles Lächeln wich einem verwirrten Ausdruck, als sein Blick von oben bis unten über sie hinweg glitt. Er musterte sie schweigend und lange, als habe er sie noch nie zuvor gesehen. Sekunden verstrichen und er hatte immer noch nicht mehr

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