Fuehrungs-Spiel
gab schneidende Befehle, forderte nicht nur verbal, sondern auch mit der Körpersprache: Disziplin, Konzentration, Power! Peters, der Erste, war autoritär, duldete keinen Widerspruch, war kommunikativ auf Monologe getaktet. Peters, der Zweite, zeigte sich während der übrigen Zeit: fürsorglich, locker, selbstironisch, angreifbar und auf Dialog eingestellt, mit allen – aber vor allem auch mit jedem Einzelnen. Dabei war meistens ich der Initiator. Eines meiner Prinzipien beschreiben Führungstheoretiker mit dem Begriff »Management by walking around«. Natürlich stand meine Tür immer allen offen, das ist nicht wirklich etwas Besonderes, sondern eine Selbstverständlichkeit. Weniger selbstverständlich, weil mit mehr Aufwand verbunden, ist das aktive Kommunizieren: Wann immer sich die Gelegenheit bot, suchte ich das Gespräch, in der Lobby oder auf den Fluren der Mannschaftshotels, in den Zimmern, nach dem Essen, auf den Reisen im Flugzeug oder Mannschaftsbus. Nur so konnte ich die Sensibilität für jeden Einzelnen entwickeln, wusste, welche Tonlage ich wählen musste, damit meine Botschaft beim Empfänger auch so ankam, wie ich sie abgesendet hatte. Nur so konnte ich Stimmungen und Gesichtszüge deuten – und damit sofort eingreifen, wenn ein Problem auftauchte. Wusste, wen ich mit Worten, wen eher nur durch eine kurze Berührung oder per Blickkontakt ansprechen konnte. Daraus erwuchs im Lauf meiner Trainerkarriere eine für mein gesamtes Führungsverhalten wichtige Erkenntnis: Als Trainer kannst du auf der inhaltlichen Ebene, also bei der Arbeit auf dem Trainingsplatz, nie erfolgreich arbeiten, wenn die kommunikative Ebene, die den emotionalen Bereich stützt, gestört ist.
So nahm ich mir oft enorm viel Zeit, um jeden Einzelnen kommunikativ buchstäblich zu bearbeiten und ihn dadurch ebenso intensiv auf seine sportlichen Aufgaben vorzubereiten wie durch präzise Vorgaben beim Training. Übrigens: Zur individuellen Kommunikation gehörte auch, dass bei Grenzüberschreitungen seitens der Spieler im dialogischen Bereich (zum Beispiel Lockerheit im definitiv falschen Moment) der Betreffende von mir sofort monologisch und scharf zur Ordnung gerufen wurde.
Kommunikation ist sinnlich
Einer meiner Spieler wurde einmal gefragt, wie er mich mit einem Satz beschreiben würde. Der Spieler überlegte nicht lange und sagte dann: »Er spricht nicht viel.« Ich habe mal versucht zu überschlagen, welchen Anteil in meiner Hockey trainerzeit das »gesprochene Wort« an meiner gesamten Kom munikation hatte. Die Antwort lautet: Wenn es hoch k ommt, waren es 30 Prozent. Der Rest, also statistisch betrachtet mehr als zwei Drittel, spielte sich im nonverbalen Bereich ab. Dabei ging es nicht nur um Blick- oder Körperkontakt. Die sinnliche Komponente der Kommunikation begann für mich schon, indem ich die Spieler beobachtete: Wenn wir morgens an einer langen Tafel frühstückten, konnte ich genau erkennen, wie die Stimmung am anderen Ende des Tisches war, ich kannte Mimik und Gestik jedes Einzelnen, konnte Gesprächsfetzen deuten und saß dabei im Übrigen nie an der Spitze, sondern meist mitten unter den Spielern. Bei anderen Mahlzeiten saß ich mit den übrigen Trainern und Betreuern an einem eigenen Tisch. Ich wollte beobachten, ohne zu bedrängen, Vertrauen bilden, ohne den Jungs ihren eigenen, trainerfreien Raum zu nehmen. Dass mir das, ohne mich anzubiedern, gelang, ist mir danach vielfach bestätigt worden, doch ich will nicht verleugnen, dass einige Spieler mit dieser Nähe nicht zurechtkamen. Zu spüren und zu respektieren, dass sie sich dann zurückzogen, gehörte zu meinem Verständnis der Individualisierung.
Mit Beobachtung allein, und sei sie noch so scharf, kann allerdings selbst der sensibelste Trainer noch keine Mann schaft motivieren. Und natürlich ist Kommunikation ein höchst aktives Instrument, anzuwenden buchstäblich unter Einsatz des gesamten Körpers. Dabei kommt es auf die Haltung, in der vielfachen Bedeutung des Wortes, an. Ein noch so geschliffenes Wort verpufft, wenn die Körpersprache nicht dazu passt. Mit der Hand in der Hosentasche, die Hüften eingeknickt, den Blick in die Ferne gerichtet, die Stimme monoton: So wird jede noch so brillante Rede ohne Wirkung bleiben. Umgekehrt kann die richtige Wortwahl, eine gute Betonung, ein Wechsel der Lautstärke, richtig gesetzte Pausen, die Unterstützung durch Gesten und Mimik vergleichsweise banale Inhalte unmittelbar in die Köpfe und Herzen der Spieler
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