Fuehrungs-Spiel
bestätigen. Meine Erfahrung ist eine andere: Kommunizieren kann man lernen. Natürlich gehört eine große Portion an Einfühlungsvermögen zu jedem intensiven Austausch zwischen Menschen. Kommunizieren jedoch ist weit mehr: Es erfordert Disziplin, zwingt zu permanenter Selbstüberprüfung. Es hilft, Fehler zu vermeiden und sich zu verbessern. Vor allem aber ist Kommunikation nie einseitig. Zu erfolgreicher, zielorientierter Kommunikation gehört neben dem Sprechen vor allem auch das Zuhören(-können): Manches Mal können klug gestellte Fragen die Kommunikation nachhaltiger beflügeln als ein noch so geschliffener Vortrag. Und natürlich gehören zu guter Kommunikation ebenso zahlreiche nonverbale Ausdrucksformen: Wer kommuniziert, spricht nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit Körper und Seele. Wie oft habe ich mit einem kurzen Körperkontakt, einer Geste oder einem Blick mehr Wirkung erzielt als mit gut vorbereiteten Reden. Und so ist es eigentlich ganz logisch, dass all dies zu einer für Führungsfiguren oft schwer zu akzeptierenden, spannenden Form der Gleichberechtigung führt: zwischen Sender und Empfänger, zwischen Spieler und Trainer ebenso wie zwischen dem Chef und seinen Angestellten oder auch zwischen Eltern und Kindern. Information entsteht nicht in dem Moment, in dem sie ausgesendet wird, Information entsteht, sie wirkt (erst), wenn sie beim Empfänger ankommt. Der Schlüssel zu aller Kommunikation ist also die Erkenntnis: Information entsteht beim Empfänger. 2
In meiner Zeit als Hockeytrainer habe ich in 20 Jahren meine eigenen, meinem Wesen, aber auch meiner Aufgabe und nicht zuletzt meinen Spielern angemessenen Kommunikationsformen entwickelt. Diese gründeten, gespeist durch zahlreiche beglückende, aber auch schmerzhafte Erfahrungen, letztlich auf drei Annahmen:
1.Kommunikation ist permanent
2.Kommunikation ist individuell
3.Kommunikation ist sinnlich
Kommunikation ist permanent
Als Trainer hatte ich meine Spieler ja nur wenige Wochen im Jahr wirklich um mich, zu Lehrgängen, im Vorfeld von Länderspielen und dann natürlich bei den großen Turnieren. Meine Kommunikation lief jedoch über 365 Tage im Jahr. Nicht einmal an Heiligabend waren sie vor E-Mails oder SMS von mir sicher: Der Kontakt zwischen mir und der Mannschaft riss nie ab. Das hatte für mich auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Was wäre das für ein Trainer gewesen, der sich nur dafür interessierte, dass seine Mannschaft pünktlich zu den Treffen fit und motiviert war? Nein, mein Interesse galt den Spielern, ihrem Leben auch außerhalb unserer Zusammenkünfte, ja auch außerhalb unseres Sports. So schickte ich Briefe, in denen ich auf bevorstehende Aufgaben und, wenn nötig, auch auf zusätzlich notwendige Trainingsprogramme hinwies. Manches Mal mailte ich auch, zum Beispiel mit kurzen Videos als Anlagen. Diese Briefe und E-Mails gingen an den gesamten Kader, an Teile der Gruppe oder nur an Einzelne. Doch ich telefonierte auch regelmäßig mit den Spielern, um mich mit ihnen über anstehende Nominierungs entscheidungen, die nächsten Lehrgänge, Trainingsinhalte, aber vor allem auch über ihre persönliche Situation zu unterhalten. Das forderte nicht nur mich als Trainer, sondern auch die Spieler. Ich animierte, nein, eigentlich zwang ich sie in gewisser Weise, sich permanent mit der Nationalmannschaft zu beschäftigen, ich forderte sie zum Mitdenken heraus. Besonders in den letzten Jahren meiner Trainertätigkeit habe ich gelernt, dass diese »Innensicht« der Spieler, ihre Rückmeldung, eine entscheidende Voraussetzung für eine stimmungsvolle, effektive und erfolgsorientierte Zusammenarbeit ist.
Kommunikation ist individuell
Im kommunikativen Gefüge zwischen Trainer, Mannschaft und Einzelspieler habe ich eine klare Hierarchie entwickelt: Obwohl nur das Zusammenspiel zielführend sein kann, habe ich für mich erkannt, dass die Beziehungen, die ich zu den einzelnen Spielern aufbaute, eine unverzichtbare Ergänzung zu meinem Dialog mit der gesamten Mannschaft waren. Ich betrachtete und behandelte alle Mitglieder der Mannschaft individuell und förderte ihre Leistungsbereitschaft durch eine ganz unterschiedliche Ansprache. Ganz wichtig waren dabei immer die Fragen: Erreiche ich sie? Wie kommt das, was ich aussende, bei ihnen an? Das war bei meiner Art zu führen besonders wichtig, denn ich hatte zwei sehr extreme Gesichter: Peters, der Erste, war im Training und auch auf der Bank während der Spiele aufbrausend,
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