Fuehrungs-Spiel
heraus entwickelnden Form der Motivation zu führen, bewegen sich meines Erachtens zwischen zwei Polen. Erstens: Der Spieler, überhaupt jeder Mensch hat das Ziel, Schmerzen zu vermeiden. Zweitens: Jeder Mensch strebt nach Lustgewinn. Wenn ich neue große Ziele in den Fokus rücken wollte, versuchte ich, diese beiden extremen Reizpunkte anhand von Bildern zu verdeutlichen. Dann zeigte ich den Spielern zehn Monate vor der Weltmeisterschaft 2006 die letzten Sekunden unseres verlorenen Halbfinales gegen Spanien bei der EM 2005. Sie sahen ihre von der Niederlage schmerzverzerrten Gesichter in Großaufnahme, direkt danach zeigte ich die großartigen Jubelbilder im Moment des Gewinns der Goldmedaille bei der Europameisterschaft 2003 in Barcelona. Ich wollte schöne, positive Reize (Lustgewinne) und Momente des Schmerzes (»Wollt ihr dieses Gefühl der Niederlage noch mal erleben?«) klug mischen. So gelang es, die Spieler zu Reaktionen zu bewegen. Ich war davon überzeugt, dass ich durch die permanente Wiederholung meiner Forderungen an die Spieler nicht annähernd so viel Leistungsbereitschaft bei ihnen auslösen konnte wie durch diese Bilder. Diese Intensität, mit der ich die Eigenmotivation herausforderte, war für mich der Schlüssel dafür, jeden Einzelnen zu noch höherer Konzentration, noch intensiverem Training zu bringen – und, kurz gesagt, dazu, meinen Vorgaben zu folgen.
Der Weg zum Ziel
Ausgangspunkt jeder Motivation ist das Ziel, zu dem sie führen soll. Wer nicht genau weiß, wofür er sich einsetzen, viel leicht auch quälen soll, wird niemals motiviert an eine Aufgabe herangehen. Deshalb habe ich immer, neben den Zielvereinbarungen für das gesamte Team (siehe Abschnitt »Formen: Teams brauchen eine Handschrift«), solche leistungsbezogenen Verabredungen auch mit den einzelnen Spielern getroffen. Rechtzeitig vor großen Turnieren wurden die individuellen Leistungsziele mit mir abgesprochen und – vom Spieler selbst – niedergeschrieben. Der Ausdruck der Zielvereinbarung wurde dann – in doppelter Ausführung – von uns beiden unterschrieben und eingeschweißt: Ein Exemplar bekam der Spieler, eines nahm ich mit nach Hause. Vor der WM 2006 hingen die individuellen Zielvereinbarungen für alle nachlesbar in unserem Teammeetingraum. Eine von ihnen hatte Tibor Weißenborn unterschrieben (siehe S. 60 f.).
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Schriftform und vor allem der Umstand, dass jedes Teammitglied eine solche Vereinbarung selbst formuliert und unterschreibt, eine nachhaltige Wirkung und Verbindlichkeit entfaltet.
Du sollst dir ein Bild machen
Wer, wie ich, sein Team immer wieder über mehrere Wochen nicht um sich hat, ist darauf angewiesen, die Spannung, die unbe dingt nötig ist, wenn man Großes erreichen will, auf besondere Weise hochzuhalten. Meiner Erfahrung nach ist dafür nichts so effektiv wie die Verwendung von Bildern. In meinen regelmäßi gen Botschaften an die Spieler (per Brief, SMS, E-Mail oder Video c lip) arbeitete ich mit unterschiedlichen Bildern: solchen, die an gemeinsame Erfolge erinnerten, oder auch solchen, die sie auf dem Weg zum Ziel beflügeln sollten (siehe S. 6 6 : der Spieler Crone und der Weltpokal). Unter dem Foto beschrieb ich explizit seine Stärken, seine Rolle als unverzichtbarer Teil für unser Pro jekt »Weltmeisterschaft«. Früher hatte ich die Spieler eher defizitorientiert geführt, sie meist auf ihre Schwächen aufmerksam gemacht. Der Effekt meiner Bemühungen, nun vor allem die Stärken der Spieler zu kommunizieren, war enorm. Der Glaube an die eigene Stärke ist in viel höherem Maße motivierend, als ständig über die eigenen Schwächen nachdenken zu müssen.
DHA (Deutsche Hockey Agentur) oben
International Hockey Federation unten
Klassische Methoden
Neben den geschilderten eigenen Wegen der Motivation habe ich selbstverständlich auch auf die klassischen Formen zurückgegriffen. Belohnung und Lob waren dabei Schlüsselbegriffe. So belohnte ich besondere Leistungen durch mehr Pausen oder ein früheres Trainingsende, ich honorierte starkes Engagement zum Beispiel mit der Einsparung der dritten Trainingseinheit am Tag oder mit einer Überraschung wie dem Besuch eines Fußballbundesligaspiels oder einem Abendessen außerhalb unseres Trainingsquartiers.
Natürlich war es auch wichtig, dass die Spieler wirklich und unmittelbar erfuhren, wenn ich mit ihnen zufrieden war. Das Lob als motivierender Faktor wird von Führungskräften oft
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