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Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
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Schwachpunkt zu definieren. Einen Schwachpunkt, den es, mit Blick auf die nächste Herausforderung, zu analysieren und zu bearbeiten galt.
    Für mich hieß es immer: Nach dem Turnier ist vor dem Turnier. Hatten wir, wie bei mancher Europameisterschaft oder auch den Olympischen Spielen von Athen, die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht, brauchte ich der Mannschaft und dem Trainerstab nicht ausführlich zu begründen, warum ich verschiedene Dinge verändern wollte. Wenn man aber Weltmeister wird, wie wir in Kuala Lumpur 2002, und wenn das noch dazu das erste Mal ist, dass eine deutsche Herren h ockeynationalmannschaft diesen Titel erringt, dann ist Veränderung nicht selbstverständlich. Und doch so notwendig.
    Es war sicher richtig, nicht nur für die Stimmung im Team, sondern auch für die strategische Planung, nach einem Toperfolg bewusst loszulassen, Spannung und Druck herauszunehmen. Ja, es war unerlässlich, im Training, aber auch bei den nächsten Wettkämpfen, eine körperliche, aber auch mentale Talsohle zuzulassen und einzukalkulieren. Die Motivation der Spieler konnte unmöglich auf dem Niveau gehalten werden, das uns vorher zu Weltmeistern gemacht hatte. Mit Blick auf die nächsten großen Herausforderungen war es in der Konsequenz sogar wichtig, von einem niedrigeren Level aus mit der Arbeit zu beginnen, um gewissermaßen Anlauf nehmen zu können, in Richtung des nächsten großen Turniers.
    Und dieses nächste große Wel tt urnier, seien es die Olympischen Spiele 2004 oder – nach den Olympischen Spielen – die WM 2006 in Deutschland, stellte uns immer vor neue Aufgaben. Hierauf musste ich als Trainer reagieren. Ich tat dies durch Veränderungen in vielen Bereichen, eine von ihnen habe ich im Beispiel aus der Praxis beschrieben. Ich hatte gelernt: Erfolg, besonders der Erfolg, erforderte den nächsten Schritt. Diese Erkenntnis lässt sich vom Sport auf andere Bereiche genauso wie auf andere zeitliche Intervalle übertragen: Wer führt, hat Ziele – und wer diese erreicht hat, muss verändern.
    Wie in fast allen anderen Bereichen betrifft auch das Kapitel »Verändern« sowohl den faktischen, planerischen als auch den emotionalen Teil der Arbeit einer Führungskraft.
    Wir waren 2002 zwar Weltmeister geworden, aber ich hatte mich kritisch zu fragen, wie es gelingen könnte, jene Gier nach Erfolg, die uns ganz nach oben gebracht hatte, jenen unbedingten Siegeswillen zu reaktivieren, obwohl die Jungs ja das maximale Ziel bereits einmal erreicht hatten.
    Eine Konsequenz aus dieser Erkenntnis war: Das ganze System der Vorbereitung musste vollkommen neu justiert, der Teambuilding -P rozess wieder gestartet, das Auswahl- und Nominierungsverfahren beim Nullpunkt begonnen werden, mit einer viel größeren Gruppe von Spielern, teilweise neuen, hungrigen Jungs, für die es das erste Mal um alles ging.
    Diese neue Zusammensetzung des Kaders war einer der wirkungsvollsten und wichtigsten Veränderungsschritte. Selbst wenn das Team, was nicht der Fall war, komplett und leistungsstark zusammengeblieben wäre, hätte ich eine neue Konkurrenzsituation schaffen müssen. So kam dann auch eine neue Dynamik in die Truppe, es kam zu Provokationen, die Hierarchien wurden aufgebrochen, die Führungsspieler fühlten sich herausgefordert, und die Neuen merkten, dass sie sich ihre Anerkennung mit harter Arbeit verdienen mussten. Im Training gab es Rangeleien, und nicht jedes Wort, das damals fiel, sollte man auf die Goldwaage legen. Natürlich gab es zuverlässige, im Umgang mit ihrer eigenen Psyche und Motivation erfahrene Spieler, die eine solche Herausforderung nicht unbedingt gebraucht hätten, um ihre Leistung zum richtigen Zeitpunkt wieder hochzufahren. Ganz wichtig war jedoch, dass ich diese – meist waren es meine Führungsspieler – nicht anders behandelte als die anderen, sondern sie der neuen Konkurrenzsituation aussetzte, obwohl ich wusste, dass ich auf sie nicht verzichten wollte und würde. Doch galt auch hier letztlich das Prinzip der Individualisierung: Mancher Spieler musste härter herangenommen werden als andere, um zu begreifen, dass sein Weltmeistertitel kein Freifahrtschein für Nachlässigkeiten aller Art war.
    Doch es ging nicht nur um Härte. Es ging auch um andere, um neue Herausforderungen. Die vielleicht effektvollste vollzog ich nach dem WM-Sieg 2002. Über Jahre, das konnte man verfolgen, hatten viele unserer Konkurrenten das deutsche Spielsystem, unsere Taktik kopiert oder vollkommen

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