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Fünf alte Damen

Fünf alte Damen

Titel: Fünf alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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die Besuche? Der Verband?»
    «Mach ich allein.»
    Sie legte ihre Hand auf meine am
Steuerrad.
    «Nein. Ich möchte mit.»
    «Ich denke, Sie sind erschlagen?»
    «Trotzdem.»
    Ich zog meine Hand heraus und
streichelte über ihre Finger.
    Wir erledigten alles, so schnell es
ging. Die Sonnenstrahlen lagen flach und matt über den Straßen, als ich vor
Mechthilds Haus stoppte.
    «Meine Dame— Ihr häuslicher Herd.»
    Sie machte keine Anstalten
auszusteigen.
    «Wo essen Sie denn?»
    «Zu Hause.»
    «Ich könnte uns etwas machen— »
    Ich lächelte und faßte von hinten an
ihr Haar. Sie blieb ganz still sitzen.
    «Das ist nett von Ihnen, Mädchen. Aber
Bruder Daniel kommt gleich zu mir. Machen wir’s ein andermal. Wenn alles vorbei
ist.»
    «Ja», sagte sie, «wenn alles vorbei
ist.»
    Ich stieg aus und ging herum zur
anderen Seite.
    «Vielen Dank fürs Mitkommen.»
    Sie gab keine Antwort.
    «Nochwas, Mechthild. Dem Mörder wird es
jetzt etwas wärmer werden unterm Hintern. Vielleicht wird er nervös. Wenn hier
irgendwas passiert, was Ihnen komisch vorkommt— sagen Sie es mir sofort? Zu
jeder Tages- und Nachtzeit? Gleich?»
    Sie nickte gehorsam.
    «Versprechen Sie es?»
    «Ja.»
    «Alsdann gute Nacht. Schlafen Sie
ruhig.»
    «Sie auch.»
    Ich stieg ein. Sie ging durch die
Pforte und den Sandweg entlang. An der Tür winkte sie. Ich winkte zurück und überlegte
mir, wie ich es aushalten sollte, wenn ich sie jemals wiedersehen würde.
    In meiner Wohnung war es einsam und
still. Ich kaute an ein paar Broten, während ich die Gläser aufbaute und
Eiswürfel kleinbrockte. Der Whisky stand im Eisschrank, umgeben von niedriger
Temperatur.
    Es klingelte kurz nach acht. Daniel kam
mit Sherlock. Sie warfen sich im Wohnzimmer auf die Stühle. Ich holte für uns
die Flasche und ein Würstchen für den Dackel.
    Daniel trank sein Glas aus.
    «Nun sag schon ‹Siehste› zu mir!»
    «Sag ich nicht», antwortete ich. «Was
war los?»
    Er streckte seine Beine unendlich weit
von sich.
    «Habe deinen Krompecher heimgesucht.
Stimmt alles. Jede hunderttausend. Stirbt eine, wird ihr Anteil aufgeteilt.»
    «Warum hat er nach den Todesursachen
gefragt?»
    «Routine. Macht er immer in solchen
Fällen. Hat böse Erfahrungen.»
    «Jetzt hat er eine mehr.»
    «Ja. War ziemlich erschüttert, trotz
der straffen Haltung. Hat mir den ganzen Papierkram gezeigt. Außerdem bedauert
er, aber er bittet dich um Einsicht.»
    «Furchtbar nett. Und nun?»
    «Nun kassiert Agnes.»
    Ich trank und fragte: «Wer kassiert,
wenn sie auch— ausfällt?»
    «Sind ‘n paar Erben da. Erstens der
Herr Oberstudiendirektor.»
    «Schopenhauer?»
    «Ja.»
    «Hat er gewußt von dem Gewinn?»
    «Hat er. Als einziger.»
    «Als einziger?»
    Daniels Unterlippe kam vor.
    «Bis jetzt sieht’s so aus. Sie haben
alle dichtgehalten wie Gummigaloschen.»
    Der Whisky hinderte ihn am
Weitersprechen.
    «Andere Erben?»
    «Hm. Die Mama von deiner Mechthild. Und
nach der sie selber. Und dann— »
    Ich dachte an Mechthild und wartete auf
seine Worte. «Da soll noch irgendein verschollener Verwandter herumschwirren.
Neffe von Alma und vom Rektor. Ist spät aus Gefangenschaft gekommen— jetzt
Ausland— irgendwo bei den Azteken, ich weiß nicht.»
    «Der große Unbekannte.»
    «Ja.»
    «Wenn der die Sache inszeniert hat?»
    Daniel wiegte seinen Schädel.
    «Bißchen billig. Frank Allan, der
Rächer der Enterbten.»
    Ich füllte nach, was zu einem Whisky
gehört.
    «Was hat euer Doktor gesagt?»
    «Zwei bis vier Stunden war sie tot.»
    «Dann war der Mörder der erste von
uns?»
    «Sieht so aus. Er muß vor Agnes
gekommen sein— gegen zwölf.»
    «Und sie hat gedacht, Agnes wäre es,
und— »
    «Wahrscheinlich.»
    Ich trank und dachte an den Mittag von
gestern.
    «Kein Mensch hat einen Fremden
gesehen?»
    «Keiner. Im Vorderhaus nicht und die
Alte nicht im ersten Stock. Könnte nur sein— »
    «Was?»
    «Zwischen Agnes und euch. Nach eins und
vor halb drei.»
    «Warum hat sie denn Agnes nicht
reingelassen?»
    Daniel zerkaute ein Stückchen Eis.
    «Es gibt ‘ne Möglichkeit. Sie wollte
niemanden reinlassen, der nicht zu einer bestimmten Zeit angemeldet war. Agnes
kam zu früh. Der Mörder kam richtig.»
    «Meinst du, sie hat was geahnt?»
    «Vielleicht.»
    Ich sah vor mir alle Gesichter.
    Das von Agnes mit Furcht in den Augen.
Das des Rektors mit dem Faunblick, der überall durchging und dem nichts
verborgen schien. Mechthilds glitzernde Augen unter der weißen Stirn.
Krompechers

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