Fünf Brüder wie wir
den Augen empfing.
Wie hatte er das in so kurzer Zeit geschafft? Ich werde es nie erfahren. Am Weihnachtsbaum funkelten tausend Lichter. Das Christkind lag in seiner Krippe, umgeben von unseren fünf Schafen. Unter dem Baum standen der Größe nach geordnet fünf Gummistiefel und vor jedem …
Unsere Geschenke! Riesengroß, manche in quadratischen, andere in rechteckigen Kartons, alle in rotgoldenes Geschenkpapier eingewickelt und auf jedem klebte mit Tesafilm ein Kärtchen: „Für Jean Eins“, „Für Jean Zwei“, „Für Jean Drei“ …
„Fröhliche Weihnachten!“, sagte Papa und seine Stimme klang ganz heiser. „Die Pakete waren wohl alle viel zu viel und zu groß, um sie mit dem Schlitten rechtzeitig bis in die Berge zu bringen. Der Weihnachtsmann muss sie in unserer Abwesenheit hier abgestellt haben.“
„Wie hat er das bloß gemacht?“, fragte Jean Vier und blickte sich erstaunt um. „Die Rollos waren doch zu.“
„Pfff“, machte Mama. „Er war überzeugt, dass ihr euch alle fünf eure Geschenke verdient habt. Der Rest bleibt sein Geheimnis …“
Samstag ist kein Tag wie jeder andere.
Schon allein deshalb, weil Papa uns da immer von der Schule abholt.
Wenn wir durchs Portal gehen, sehen wir ihn schon von Weitem zwischen den anderen Eltern. Papa ist so groß, dass die anderen Väter neben ihm wie Pygmäenväter wirken.
Alle unsere Freunde beneiden uns deswegen. Sogar François Archampaut, dessen Vater sehr reich ist und mehrere Fabriken besitzt.
François Archampaut sagt, dass sein Vater Karate macht und Scharfschütze ist. Aber ich habe ihn einmal gesehen, wie er in einem Nadelstreifenanzug auf dem Rücksitz seines fetten Citroën DS 19 auf François gewartet hat. Er war kahlköpfig und klein. Seine Brille reichte kaum bis zur Scheibe hoch. Der Chauffeur öffnete die Wagentür und François schlüpfte hinein, als schämte er sich.
„Für den schwarzen Gürtel muss man klein sein“, sagte er am Montag darauf. „Du brauchst dir nur die Japaner anzuschauen. Klein und schnell. Du lässt dich unter die großen Muskelpakete gleiten und hopp! – benutzt du ihre eigene Schwerkraft, um sie umzuschmeißen.“
„Jaja“, sagte ich.
„Du glaubst mir nicht? Mein Vater ist Spezialist im Überkopfwurf. Das ist eine wahnsinnige Wurftechnik! Entweder du stirbst oder du bist dein Leben lang gelähmt.“
„Das ist Judo“, sagte ich. „Nicht Karate.“
„Na und? Während seiner Zeit als Froschmann wurde mein Vater in allen Kampftechniken ausgebildet!“
„Sag ihm, dass er seine Taucherbrille jetzt abnehmen kann“, spottete Jean Eins.
„Erstens ist das keine Taucherbrille“, sagte François, „sondern eine Brille wegen starker Kurzsichtigkeit. Bei einer Geheimmission hätte mein Vater nämlich beinahe sein Augenlicht verloren, er hat dafür sogar einen Orden bek…“
Jean Eins hasst François Archampaut. Schon allein deshalb, weil er mein bester Freund ist und weil wir beide bereits in die dritte Klasse Grundschule gehen, während er im Gymnasium erst in die zweite geht.
Jeden Nachmittag kommt der Chauffeur in dem Citroën DS 19, um François abzuholen.
François sagt, dass es kein Chauffeur sei, sondern ein Leibwächter. Sein Vater habe nämlich Todesdrohungen erhalten und werde von mongolischen Spionen verfolgt, deshalb stehe die ganze Familie unter Personenschutz, und zwar rund um die Uhr. Das ist auch der Grund, warum François nie zu Fuß nach Hause gehen oder am Donnerstagnachmittag bei Freunden spielen darf, weil man ihn nämlich entführen und zu Tode foltern könnte.
„Ich werd dir gleich einen Orden anstecken!“, sagte Jean Eins zu ihm. „Mein Vater kann deinem jederzeit eine Tracht Prügel verpassen, und zwar mit links!“
Aber am Samstag haben wir keine Zeit, um nach der Schule solche Gespräche zu führen, weil da nämlich Papa auf uns wartet. Er hat vorher schon Jean Vier vom Kindergarten abgeholt, will unbedingt unsere Schulranzen tragen und hat Lust, uns auf dem Heimweg was zu schenken – einfach nur weil Samstag ist und er nicht zu arbeiten braucht. Deshalb machen wir einen Umweg über das Kaufhaus und stöbern in der Spielzeugabteilung in den Regalen mit den Soldaten und den Autos herum.
Jean Eins sammelt Zinnsoldaten. Er kauft sie fertig gegossen und malt sie dann mit feinen Pinseln und Spezialfarbe aus winzigen Farbtöpfen an. Er besitzt Grenadiere, Dragoner, Marschälle zu Pferd, die auf den Hüten große Federbüsche tragen, und mit
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