Fünf Brüder wie wir
Zuschauerbank bog sich vor Lachen. Michel stieg krebsrot aus dem Wasser und ließ uns danach fünf zusätzliche Bahnen schwimmen, zu denen er sich auf seiner Trillerpfeife fast die Lunge aus dem Leib blies.
Aber das Beste am Hallenbad ist, wenn wir wieder zu Hause sind.
Von dem vielen Wasser, das wir geschluckt haben, sind unsere Bäuche tonnenschwer. Draußen regnet es, weil es Winter ist und wir in Cherbourg sind, wir schlottern, weil wir immer noch nasse Haare haben, und fühlen uns vom vielen Schwimmen ganz schwach.
Jeden Samstag, wenn wir nach Hause kommen, hat Mama einen Käseauflauf gebacken, goldbraun, saftig und warm. Eine Gougère aus Windbeutelteig, die aussieht wie eine Krone. Ihr Duft zieht durchs ganze Treppenhaus.
Ich schwärme für die Gougère. Es ist mein Lieblingsgericht, Mamas Spezialspeise, wenn wir aus dem Hallenbad zurückkehren. Ein köstliches, goldenes Versprechen, das über den Chlorschwaden und dem Desinfektionsgeruch des Hallenbads schwebt …
Wie immer werden wir von Mama ausgeschimpft, weil wir uns die Haare nicht richtig trocken geföhnt haben, wir hängen unsere Badehosen und Handtücher über der Badewanne auf, und dann sagt Papa: „Was wollen wir denn heute Abend Leckeres essen? Ich habe einen Bärenhunger!“
„Das ist eine Überraschung“, antwortet Mama jedes Mal. „Um meine kleinen Frösche wieder etwas aufzupäppeln.“
Wenn sie die Gougère aus dem Ofen holt, stoßen wir alle Begeisterungsrufe aus, als wären wir völlig überrascht. Unsere Urkunden über fünfundzwanzig Meter Brustschwimmen prangen auf der Kommode, wir stopfen uns den Bauch mit Käseauflauf voll, bis uns der Magen platzt. Die Kruste kracht zwischen den Zähnen, der warme Teig schmilzt im Mund und wir erzählen uns unsere Heldentaten, während draußen der Regen gegen die Scheiben schlägt und das Nebelhorn in der Ferne tutet.
Eines Samstags aber herrschte dicke Luft.
Papa war wie immer gekommen, um uns von der Schule abzuholen, aber an der Art und Weise, wie er auf seiner Backe herumkaute, erkannten wir schnell, dass irgendwas nicht stimmte.
Er sagte: „Wer von euch hat wieder mal das Klo mit Kilometern von Klopapier verstopft?“
Wir guckten uns alle mit unschuldiger Miene an. Das Klo? Kilometer von Klopapier? Wir?
„Die Kloschüssel ist übergelaufen. Ich habe den ganzen Vormittag damit verbracht, einen Klempner aufzutreiben. Wenn sich jetzt keiner von euch meldet und sagt, dass er es war, trifft es auch alle: kein Schwimmen heute Nachmittag.“
Wir trotteten nach Hause. Papa marschierte voran und wir folgten ihm mit gesenktem Kopf, unsere Schulranzen auf dem Rücken, und beschuldigten uns gegenseitig.
„Weil ihr zu feige seid, um zu euren Taten zu stehen“, verkündete Papa, als wir zu Hause waren, „bleibt ihr heute alle in euren Zimmern.“
„Ich hab die Nase voll“, sagte Jean Eins, als wir allein waren. „Ich hab die Nase voll, immer für eure Dummheiten bezahlen zu müssen!“
„Ich war’s nicht“, sagte Jean Drei.
„Ich war’s auch nicht“, sagte Jean Vier. „Ich bin dafür viel zu klein, ich weiß nicht mal, was Kilometer sind …“
„Wer hat denn damals die ganze Wohnung unter Wasser gesetzt, hmm?“, fragte Jean Drei. „Als Papa und Mama im Kino waren?“
„Daran war Jean Zwei schuld. Er hat den Wasserhahn aufgedreht und ich hab nicht gewusst, wie ich ihn zudrehen soll.“
An dem Abend, als es die große Überschwemmung gegeben hatte, waren wir alle schuld gewesen. Wir hatten die Schildkröte im Waschbecken gebadet und dann hatten wir vergessen, den Wasserhahn wiederzuzudrehen.
Als Papa und Mama aus dem Kino zurückkamen, lief das Wasser schon die Treppe hinunter. Wir hatten uns auf die Stühle gerettet und heulten. Die Schildkröte schwamm in der Wohnung herum, in der das Wasser zehn Zentimeter hoch stand.
Aber diesmal, bei der verstopften Kloschüssel, wollte keiner zugeben, dass er es gewesen war. Wir fingen an zu streiten und dann sagte Jean Eins: „Ich habe einen Plan. Wir sagen, dass es Jean Fünf war. Er ist sowieso noch zu klein, um zum Schwimmen mitzukommen, und außerdem ist er der Liebling, da schimpft Papa bestimmt nicht.“
Alle waren einverstanden, bis auf Jean Fünf, der zu zittern anfing und drohte, alles zu petzen.
„Und wenn wir Strohhalme ziehen?“, schlug ich vor.
Gesagt, getan.
Jean Eins, der immer der Boss sein möchte, zerbrach fünf Mikadostäbe, versteckte sie in seiner Faust und jeder von uns zog einen.
Es kam, wie es
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