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Fünf Brüder wie wir

Fünf Brüder wie wir

Titel: Fünf Brüder wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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kommen musste: Natürlich zog ich den kürzesten.
    „Du hast geschummelt“, sagte ich. „Das hast du extra so gemacht!“
    „Was riskierst du denn schon, Dummkopf?“, verteidigte sich Jean Eins. „Du sagst, dass du’s warst, fängst dir dafür eine Ohrfeige ein und dann gehen wir ins Hallenbad … Ist doch nicht schwer!“
    „Das sagst du! Geh doch du, wenn es so einfach ist!“
    „Kommt nicht infrage“, sagte Jean Eins. „Das Los hat entschieden. Aber mir ist schon mal aufgefallen, dass es immer die Dicken trifft.“
    „Ich bin nicht dick. Sag das nicht noch mal!“
    Doch wir hatten keine Zeit, uns lang zu streiten, wenn wir noch zum Schwimmen wollten.
    „Nur Mut!“, sagte Jean Drei und drückte mir gerührt die Hand. „Ich bin stolz darauf, dich gekannt zu haben, großer Bruder.“
    „Versprich mir, dass du mir dein Schweizer Armeemesser vermachst, wenn es schiefgehen sollte!“, rief mir Jean Eins hinterher, als ich das Zimmer verließ.
    Ich holte tief Luft und klopfte an die Wohnzimmertür.
    „Herein!“, donnerte Papa.
    Beinahe hätte ich gekniffen. Schließlich hasse ich es, schwimmen zu gehen. Aber dann gaukelte mir auf einmal das Bild der goldenen Gougère vor den Augen, ich roch ihren Duft und vor Heißhunger wurde ich fast ohnmächtig.
    Jean Eins hatte wahrscheinlich Recht. Papa würde eine Weile schreien und toben, aber „Zugegeben ist schon halb vergeben“, wie er immer sagte. Die Sache wäre damit erledigt. Wir würden unsere Badehosen einpacken und keiner würde mehr ein Wort darüber verlieren.
    Aber so war es dann ganz und gar nicht. Papa muss wirklich eine tierische Wut gepackt haben, denn ich bekam das erste Mal richtig den Hintern versohlt.
    „Und?“, fragte Jean Eins, als ich zurückkam. Ich hielt mich stocksteif und biss die Zähne aufeinander, damit ich nicht zu heulen anfing. „Alles bestens?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Du bist wirklich eine Null!“, sagte er. „Hilft wohl alles nichts: Ich gehe. Dann werden wir mal sehen.“
    Als er mit hochrotem Kopf zurückkam, umklammerte er seine Hosenträger. Er musste nicht viel erklären.
    Danach ist noch Jean Drei gegangen, dann Jean Vier und dann Jean Fünf, aber bei ihm zählte das nicht: Er hat noch Windeln, die ihn schützen.
    Nacheinander sind wir ins Wohnzimmer, einer nach dem anderen, und jeder hat gestanden, dass er das Klo mit Klopapier verstopft hat.
    Aber Papa muss an dem Tag wirklich schlechte Laune gehabt haben, denn wir durften trotzdem nicht ins Hallenbad. Kein Schwimmen, keine Gougère. Wir verbrachten den Rest des Nachmittags in unseren Zimmern, wo wir uns noch nicht mal hinsetzen konnten, weil uns die Hintern so brannten.
    „Du und deine Idee mit den Strohhalmen, das vergesse ich nicht so schnell“, sagte Jean Eins. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich in diesem Moment ein toter Mann gewesen. „Außerdem war es mein Mikado! Es ist jetzt unbrauchbar! Du zahlst mir von deinem Taschengeld ein neues!“

    Daraufhin hab ich ihm eine gescheuert und dann haben sich alle wild aufeinandergestürzt.
    Jean Fünf, der Kleinste, kratzte und zog alle an den Haaren. Jean Vier wollte Jean Drei dazu zwingen, aus seinem Tintenfass die Tinte zu trinken, während Jean Eins und ich ineinanderverkeilt über das Linoleum rollten. Es war eine richtige große Rauferei, wie in einem Western.
    Schwimmbad oder nicht, es wurde schließlich noch ein richtig toller Samstag!
    Vor allem, als die Kloschüssel ein zweites Mal übergelaufen ist. Wir prügelten uns immer noch, als wir ein lautes Glucksen im Abflussrohr hörten und dann einen riesengroßen Fluch.
    Wir stürmten in den Flur, wo Papa gerade barfuß aus dem Klo getappt kam, eine Saugglocke in der einen und einen Putzlappen in der anderen Hand.
    „Wenn … wenn … wenn ich diesen Idioten von Klempner zu fassen kriege!“, setzte er an.
    Dann entdeckte er uns, wie wir feixend die Köpfe um die Ecke des Flurs steckten.
    „Das gefällt euch, ja?“, brüllte er mit hochrotem Kopf. „Da kommt ihr gleich herbeigestürmt! Wartet nur ab, im nächsten Schuljahr schicke ich euch alle in ein strenges Internat!“
    Damit droht er uns jedes Mal, wenn er wütend ist.
    Wir haben triumphierend vor uns hin gepfiffen und uns in unsere Zimmer verzogen, nicht ohne die Türen laut hinter uns zuzuschlagen.
    Wir waren gerächt.
    Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt, aber am Abend hörte ich, wie Mama zu Papa sagte: „Es ist wirklich nett von dir, mein Schatz, dass du mir

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