Fünf Brüder wie wir
etwas mehr helfen willst, weil ich schwanger bin. Aber was hat dich denn da geritten, als du die Streu vom Meerschweinchen ins Klo geschüttet hast?“
Die Woche drauf sind wir wieder ins Hallenbad und vom Schuldigen war nie wieder die Rede.
Ratet mal, warum.
Eines Donnerstags, als es regnete, sagte Jean Eins: „Und wenn wir einen Detektivclub gründen?“
In Cherbourg regnet es donnerstags immer. An den anderen Wochentagen auch, aber am Donnerstag ist es besonders ärgerlich, weil da keine Schule ist.
In unserem Erdkundebuch steht Cherbourg mit einem Rekord: Es ist die Stadt in Frankreich, in der es am häufigsten regnet. Wir sind stolz darauf, in einer Stadt zu wohnen, die einen Rekord hält, aber an den Donnerstagen wäre uns ein Rekord an Sonnenschein lieber.
Am Vormittag gehe ich immer mit Jean Eins in die Stadtbücherei. Er liest Bücher über Modellbau und die Armee von Napoleon, ich lese nur Abenteuerromane und solche, in denen es um Geheimnisse geht.
Ich mag Serien. Solche für Jungen natürlich wie Fünf Freunde, Die Schwarze Sieben, Michel, Langelot, Jacques Rogy, Spurbuch, aber auch andere, wie die Detektivgeschichten mit Nancy Drew , den Dana Girls oder Fantômette . Jean Eins macht sich immer darüber lustig.
„Wie bescheuert“, sagt er. „Bücher für Mädchen, würg!“
Er hat Glück, weil er nämlich Donnerstag am späten Nachmittag meistens zu Stéphane Le Bihan gehen darf, um dort Zorro anzugucken.
Stéphane Le Bihan ist der beste Freund von Jean Eins. Was damit zu tun haben muss, dass seine Eltern einen Fernseher haben und er im selben Haus wohnt wie wir. Sie tauschen Briefmarken, Fußballerbildchen und Gratis-Schlüsselanhänger, die sie doppelt haben.
„Hahaha!“, lacht Jean Eins, wenn er von Stéphane Le Bihan zurückkommt, die Schachtel mit seinen geheimen Besitztümern unter dem Arm. „Der Dummkopf! Ich hab ihn mal wieder über den Tisch gezogen!“
Weil Jean Eins der Älteste ist, hat Opa Jean ihm seine Briefmarkensammlung geschenkt. In dem Album sind lauter winzige, vergilbte Marken, mit den verblassten Bildnissen von Königinnen und den Namen von Ländern, die sich wie Hatschi beim Niesen anhören: Republik Magyar, Czekoslovakia, Belutschistan …
Jean Eins hat einen Ordnungsfimmel. Mit einer Pinzette sortiert er sie hin und her und klassifiziert sie mithilfe des Briefmarkensammelkatalogs, den ihm Opa Jean jedes Jahr schenkt. Auf seinem Schreibtisch hat er immer eine Schüssel mit leicht klebrigem Wasser stehen, in das er die ausgeschnittenen Ecken der Briefumschläge mit den Marken legt. Die Briefmarke löst sich nach ungefähr einem Tag ab und danach trocknet er sie zwischen zwei Blättern Löschpapier.
„Wer es wagt, meine Briefmarkensammlung anzurühren“, sagt er, „der ist ein toter Mann!“
Eines Tages wollte ich ihn überraschen und habe eine Serie seiner zerknitterten alten 6-Pence-Marken gegen wunderschöne neue Briefmarken von François Archampaut getauscht. Riesengroße, neue Marken in leuchtenden Farben, die sämtliche Sportarten der Olympischen Winterspiele zeigten.
Als Jean Eins sein Album aufschlug, wurde er erst weiß, dann grün und dann rot. Ich dachte, er fällt gleich tot um.
„Arghhh …“, machte er und knöpfte den obersten Hemdknopf auf. „Hilfe! Luft! Ich sterbe!“
Am Abend war deswegen die Hölle los.
„Nicht die Größe macht den Wert einer Briefmarke aus!“, brüllte Papa. „Sondern ihre Seltenheit! Diese kleinen angefressenen Dinger, wie du sie nennst, sind für Sammler ein Vermögen wert!“
Papa musste zum Telefonhörer greifen und Herrn Archampaut alles erklären. Dass es ein Missverständnis war, eine Kinderdummheit, dass er selbstverständlich gern selbst vorbeikommen und die Briefmarken bei Herrn Archampaut abholen würde, wann es ihm denn passen würde, er würde sich da ganz nach ihm richten …
Woher hätte ich denn wissen sollen, dass jedes einzelne dieser lächerlichen gezackten kleinen Rechtecke zehnmal mehr wert ist als die gesamte Serie der Olympischen Winterspiele?
Seither nennt Jean Eins François Archampaut nur den „Briefmarken-Banditen“ und mein Vater grüßt seinen Vater nicht mehr, wenn sie sich samstags am Schultor begegnen.
„Ein Detektivclub?“, fragte ich. „Warum gründest du denn nicht einen mit Stéphane Le Bihan, wenn ihr doch so eng befreundet seid?“
„Unmöglich“, sagte Jean Eins. „Stéphane Le Bihan hat eine Zahnspange. Wie soll er denn mit diesem Trum im Mund seine
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