Fünf Freunde im alten Turm
saßen da und redeten und lauschten ab und zu hinaus. Aber von Hermann war nichts zu hören. Sie konnten sich auf Tim verlassen!
Gegen halb neun Uhr bellte er. Die Kinder sprangen sofort auf. »Das ist Hermann auf dem Heimweg«, sagte Julian und guckte durch die Fensterscheibe. Niemand ging vorbei, kein Hund bellte draußen. Georg bemerkte, dass Tim mit gespitzten Ohren dasaß und in eine Richtung schaute. Warum nur? Georg konnte sich das nicht erklären.
»Schaut euch den Hund an«, sagte sie. »Er hat etwas gehört - und doch bellt er nicht. Und böse sieht er auch nicht aus . . . Was ist denn los, Tim?«
Aber Tim scherte sich nicht um Georg. Die Kinder fieberten vor Aufregung, denn niemand konnte auch nur ein einziges Geräusch wahrnehmen, nichts schien sich in der ganzen Umgebung zu rühren.
Plötzlich sprang Tim mit einem Freudengebell auf. Winselnd lief er auf die Tür zu und kratzte ungeduldig mit der Pfote. Er schaute Georg an und bellte wieder, als wollte er sagen: »Beeil dich, mach die Tür auf!«
»Was hast du denn, Tim?« rief Dick verwundert. »Hat dich dein bester Freund gerufen? Sollen wir die Tür öffnen, Julian?« Julian machte vorsichtig die Tür auf. Tim sprang bellend hinaus.
»Es ist niemand da«, rief Julian erstaunt. »Kein Mensch! Gib mir mal die Taschenlampe, Dick!« Julian suchte Tim mit der Taschenlampe. Aha, dort war er! Er kratzte eben an der Holzkiste, in der die Ölkanne und der große Krug aufbewahrt wurden.
»Was treibst du denn da?« wunderte sich Julian. »In der Kiste ist doch nichts, überzeuge dich selbst. Ich hebe den Deckel hoch, damit du hineingucken kannst, du dummer Hund!« Julian leuchtete in die Kiste hinein, um Tim zu beweisen, dass sie leer war . . .
Fassungslos ließ der Junge den Deckel fallen; gerade im letzten Augenblick fing er ihn wieder auf: jemand steckte darin - klein und halb erfroren - es war niemand anderes als Elli.
»Elli!« rief Julian außer sich. »Was um alles in der Welt machst du denn da?« Elli blinzelte ihn an. Sie war kreidebleich vor Schrecken. Eng an sich gepreßt hielt sie das Lämmchen und den Hund und sagte kein Wort. Julian sah, dass sie zitterte und schluchzte.
»Arme kleine Elli!« sagte er. »Komm in die Hütte. Dort ist es warm!«
Die Kleine schüttelte den Kopf und drückte heftig ihre beiden Tiere an sich. Aber Julian dachte nicht daran, sie hier in der Kiste zu lassen. Vorsichtig hob er sie mit den Tieren hoch und streichelte ihre Wange. Elli versuchte, sich ihm zu entwinden, aber er hielt sie fest.
Ungeduldig rief Georg aus der Hütte: »Jul! Tim! Wo steckt ihr denn? Habt ihr jemand gefunden?«
»Ja!« schrie Julian. »Wir bringen eine Überraschung!« Er trug die zitternde Kleine in die Hütte. Die Kinder rissen vor Erstaunen die Augen auf: Elli! Eine vor Kälte zitternde, hilflose, unglückliche Elli. Und neben ihr das Lämmchen und der Hund.
»Ins Warme mit euch!« kommandierte Anne und streichelte liebevoll den Arm der Kleinen.
»Sie war draußen in der Ölkiste - und auch die beiden Tiere«, erzählte er. »Wahrscheinlich hat sie sich dort vor jemandem verborgen, vielleicht wollte sie auch nur Unterschlupf finden. Wie oft mag sie schon mit den beiden Tieren dort geschlafen haben, das arme kleine Ding! Was schaut sie verschreckt drein! Gebt ihr schnell etwas zu essen!«
»Ich koche Kakao«, sagte Anne. »Georg, mach inzwischen Butterbrot mit Käse für sie fertig. Sollten wir nicht auch dem Hund und dem Lämmchen etwas geben? Was mögen denn Lämmer?«
»Milch aus der Flasche«, antwortete Dick. »Aber wir haben ja keine Saugflasche hier. Gib mal ein Schälchen - vielleicht wird's auch so gehen. Mein Gott, was man hier alles erlebt!«
Elli fühlte sich sichtlich wohl in Julians Armen. Wie ein Tier lag sie da, zusammengekuschelt und ganz klein. Julian dankte Gott, dass er die Kleine draußen gefunden hatte. Warum mochte sie wohl in dieser Kiste gesteckt haben?
»Sie ging doch mit ihrer Mutter heim«, überlegte er und beobachtete, wie freundschaftlich Tim mit dem kleinen Hund herumtollte. »Wahrscheinlich ist sie mit der Peitsche geschlagen und dann zur Strafe eingesperrt worden. Ich glaube, Hermann war es, der dann zu ihrer Mutter ging und verlangt hat, dass man Elli hinter Schloss und Riegel setzt.«
»Hermann!« wiederholte die Kleine und richtete sich sofort ängstlich auf. Unruhig blickte sie sich um. »Hermann! Nein! Nein!«
»Hab' keine Angst«, beruhigte Julian sie. »Hermann wird dich nicht
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