Fünf Freunde Jagen Die Entführer
und versprach, einen Polizisten hinauf zur Waldlichtung zu schicken. Seltsamerweise aber maß er dem Zettel keinerlei Bedeutung bei.
»Deine Kusine hatte bestimmt keine Möglichkeit mehr, etwas aus dem Fenster zu werfen, als der Wagen fuhr. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß jemand neben ihr saß.
Die einzige Gelegenheit, euch ein Zeichen zu geben, bot sich, als der zweite Bursche – ein zweiter war bestimmt dabei – den Wagen beim Wenden dirigierte, während der erste am Steuer saß.«
»Der Wind kann das Papier ja dorthin geweht haben«, wandte Julian ein. »Ich habe Ihnen nun jedenfalls alles gesagt.«
Es wurde ein trauriger Tag. Obwohl der Himmel strahlend blau und das Wasser herrlich warm war, taten die Kinder nichts anderes als von Georg sprechen. Ach, wenn sie nur wüßten, wo sie war und wie es ihr ging!
Keiner kam auf den Gedanken zu baden.
Als Johanna mittags zurückkam, waren alle glücklich.
Und die freute sich, als sie sah, daß Anne die Kartoffeln geschält, den Salat zubereitet und Himbeeren für den Nachtisch gepflückt hatte.
»Ute haben wir nun in Sicherheit gebracht«, sagte sie.
»Sie war zwar unglücklich, aber ich habe ihr gut zugeredet und ihr erklärt, daß sie sich nichts anmerken lassen darf, weil die Leute sich sonst wundern würden. Ich habe ihr eins von Jos Kleidern angezogen. Es paßte ihr sehr gut.
Ihre eigenen sehen viel zu teuer aus. Das würde nur auffallen.«
Die Kinder schwiegen. Dann zeigten sie Johanna den Zettel und erzählten ihr hastig, was sie noch auf der Lichtung gefunden hatten. »Gringo!« murmelte Johanna und sah nachdenklich auf das Papier. »Gringo, das klingt komisch. So nach Zirkus. Oder nach Zigeunern. Schade, daß Jo nicht hier ist. Die wüßte vielleicht, was es bedeutet.«
»Hast du Jo gesehen?« fragte Dick.
»Nein, sie war zum Einkaufen gegangen.« Johanna nahm den Topfdeckel ab, um zu sehen, ob die Kartoffeln schon gar waren. »Hoffentlich verträgt sie sich mit Tom, ich meine mit Ute. Nun muß man sich wahrhaftig schon wieder an einen anderen Namen gewöhnen!«
Das einzige Ereignis an diesem Tage war ein Telefonanruf Tante Fannys. Sie war so außer sich, daß sie kaum sprechen konnte. »Onkel Quentin hat einen Herzanfall bekommen, als uns die Polizei benachrichtigte.
Er hat in der letzten Zeit so viel gearbeitet. Und dann noch diese Schreckensnachricht! Er ist sehr krank. Ich kann ihn im Augenblick nicht allein lassen. Aber wir können ja auch nichts weiter tun. Nur die Polizei kann uns helfen! Ich mag gar nicht daran denken, daß Georg in den Händen dieser gräßlichen Kerle ist!«
»Sorge dich doch nicht so sehr, Tante Fanny!« tröstete Julian. »Sie werden Georg bestimmt freilassen, wenn sie sagt, daß sie die Falsche ist. Und Berta haben wir zu Jo gebracht, da ist sie gut aufgehoben.«
»Georg verrät bestimmt nichts«, murmelte Dick vor sich hin. »Niemals, weil sie Berta nicht in Gefahr bringen will.«
Niedergeschlagen gingen die drei am Abend zu Bett.
Anne nahm die beiden Hunde zu sich. Sie waren den ganzen Tag so traurig gewesen, daß man es gar nicht mit ansehen konnte. Tim fraß nichts mehr, und Anne sorgte sich sehr um ihn.
Julian konnte vor Aufregung nicht schlafen. Unaufhörlich dachte er an Georg. Wenn sie nur keine Dummheiten machte! Sie war so unvorsichtig und so jähzornig! Wenn er sie doch befreien könnte!
Plötzlich klirrte die Fensterscheibe. Etwas war dagegen geflogen. Julian richtete sich steil auf. Im nächsten Augenblick war er am Fenster, lehnte sich hinaus und sah in die dunkle Nacht.
»Dick!« rief jemand leise. »Dick! Bist du es?«
»Jo!« flüsterte Julian erschreckt. »Ist etwas passiert? Ich bin es, Julian. Dick schläft. Ich wecke ihn und lasse dich ’rein.«
Aber das war nicht mehr nötig. Jo kletterte schon den Baum hinauf, der vor dem Fenster stand. Und ehe Julian Dick wecken konnte, hockte sie auf dem Sims. Sie glitt ins Zimmer, und Julian knipste das Licht an. Als er sich umdrehte, saß sie auf Dicks Bett und grinste freundlich. Sie war braungebrannt, aber trotzdem sah man ihre Sommersprossen. Das dunkle Haar fiel ihr, wie immer, kurz und lockig ins Gesicht.
»Ich mußte unbedingt zu euch. Als ich heute vom Einkaufen kam, war diese Ute da. Sie erzählte mir die ganze Entführungsgeschichte lang und breit. ›Du gehst sofort nach Hause‹, habe ich gesagt, ›und erzählst den Kerlen, daß du die Richtige bist und daß sie Georg sofort herausgeben sollen!‹ Was meint ihr, was sie getan
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