Fünf: Schwarzwald Thriller 1
aber das wäre natürlich die Erklärung für alles.« Sie fiel ihm um den Hals. »Und ich dachte schon, ich werde langsam verrückt.«
Sie küsste ihn glücklich.
Das musste die Lösung sein, dachte sie. Natürlich war es möglich, dass ihre Eltern an so etwas gedacht hatten, während sie in der Klinik war. Wahrscheinlich hatten sie ihr sogar davon erzählt und sie hatte es einfach vergessen. Sie hatte ja auch andere Sachen im Kopf gehabt.
*
Die letzten zwei Wochen waren für Josef Horn einigermaßen ruhig verlaufen. Johanna hatte sich überraschend schnell von ihrer Operation erholt und konnte endlich aus der Klinik entlassen werden.
Die Chemo- und Strahlentherapie würde unter teilstationären Bedingungen stattfinden, was bedeutete, dass sie die meiste Zeit zu Hause verbringen würde. Johanna war tatsächlich zu ihm zurückgekehrt. Josef war nie glücklicher gewesen.
»Weißt du«, sagte sie, »wenn man vom Schicksal so einen Bremsklotz in den Weg geworfen bekommt, besinnt man sich auf die Dinge zurück, die im Leben wirklich wichtig sind. Und ich habe erkannt, dass du mir von allen Menschen, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe, am besten getan hast. Wenn du mich also noch willst?«
Überrascht sah er, dass sie Angst hatte, ihn dabei anzuschauen. Sie zog doch nicht ernsthaft in Betracht, dass er ihr Angebot ausschlagen würde?
Jetzt stand er also mit Johanna vor der Tür ihres kleinen Reihenhäuschens und schloss umständlich auf. Er unterdrückte den Impuls, sie über die Schwelle zu tragen, und insgeheim grinste er über ihre roten Wangen, als sie ihre Kleider langsam in die freie Seite des Kleiderschranks räumte.
»Ich gehe jetzt die Kinder holen«, sagte er. »Ich muss heute auch Melissa mitbringen. Stephanie und Thomas haben wegen dieser Grundstücksgrenzangelegenheit noch einen Termin beim Rechtsanwalt. Sie möchten aber heute Abend, wenn Melissa schläft, gern auf einen kleinen Schluck Wein rüberkommen, wenn es dir gut genug geht.«
»Ich freue mich. Ich habe die beiden ziemlich vermisst.«
Er wollte gerade das Schlafzimmer verlassen, als sie ihn zurückrief. »Josef, ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht zurückgekommen bin, weil ich krank bin und weil ich vielleicht irgendwann deine Hilfe brauche. Ich will, dass du weißt, dass ich zurückgekommen bin, weil ich in den letzten Wochen endlich erwachsen geworden bin.«
Er grinste schief und versuchte, nicht an die fünfjährige Julia Göggel zu denken, die in den letzten Wochen sicher auch aufgehört hatte, ein Kind zu sein.
*
Sie war wieder hier gewesen.
Vielleicht allein, aber viel eher ging er davon aus, dass Darren Grass sie begleitet hatte.
Er warf einen Blick auf das unberührte Bett und war zufrieden. Er hatte nicht noch einmal ihre versäumte Hausarbeit erledigen wollen.
Vorsichtig legte er sich auf ihr Bett und atmete den Duft der frischen Wäsche ein. Er hätte die Betten besser doch nicht frisch aufziehen sollen. Wie gern hätte er noch einmal den Duft ihrer Lust eingeatmet.
Er schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie sie sich mit ihm in den Laken gewälzt hatte, wie sie unter ihm gezuckt und gestöhnt hatte.
Katrin gehörte zu ihm.
Er würde sie behüten und beschützen.
Vor Männern im Allgemeinen und Darren Grass im Besonderen, und wenn es sein musste, auch vor sich selbst.
Ein paar Mal hatte er mit ansehen müssen, wie sie sich wie eine billige Hure von fadenscheinigen Typen hatte verführen lassen. Genau wie von Darren Grass jetzt.
Er hatte überlegt, wie lange er diesem widerlichen Schauspiel noch zuschauen würde, ehe Darren das gleiche Schicksal ereilen würde wie den trinkfreudigen Schreiner aus Donaueschingen, den sie vor zwei Jahren regelmäßig getroffen hatte.
Er hatte keine großen Schwierigkeiten gehabt, den Wagen des Handwerkers von der Straße zu drängen. Der junge Mann hatte aus unerklärlichen Gründen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und war frontal gegen einen Baum gerast.
Er grinste bei der Erinnerung an den Zeitungsbericht der Polizei.
Nun, Darren Grass würde es ihm nicht so leicht machen.
Er trank nicht, nahm keine Drogen und war in letzter Zeit viel zu selten ohne Katrin in seinem Auto unterwegs.
Für Grass musste er sich aber auch Gott sei Dank nichts einfallen lassen.
Es würde sich zeigen, ob er zu ihr halten würde, wenn er endlich die ganze Wahrheit erfuhr.
Aber er war sich sicher, dass Grass Katrin selbst wegschicken würde,
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