Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Inneren war kaum noch auszuhalten. »Also: Wie schon erwähnt, nehme ich an, dass der Mann in den Vierzigern ist. Er scheint im Alter von fünf Jahren ein traumatisches Erlebnis gehabt zu haben. Da keines der Kinder sexuell missbraucht worden ist, gehe ich nicht davon aus, dass er selbst missbraucht wurde. Vielmehr scheint es ihm wichtig zu sein, Macht über seine Opfer ausüben zu können.« Sie fuhr sich durch ihre Haare. Sie fühlten sich klebrig und schmutzig an und sie sehnte sich nach einer kalten Dusche.
»Darren, was glauben Sie, aus was für einem sozialen Umfeld kommt der Täter?«
»Die Zeit, die er aufbringen muss, um seine Opfer unbemerkt entführen zu können, und wenn es stimmt, dass er noch nicht im Rentenalter ist, lassen zwei Möglichkeiten in Betracht kommen. Erstens, er ist sehr wohlhabend, muss nicht arbeiten, um seinen Unterhalt zu verdienen und hat deshalb genügend Zeit, seine Opfer zu beobachten, oder er ist Frührentner oder Hartz IV-Empfänger.«
»Gegen die Hartz IV-Sache spricht, dass er über einen hohen Intelligenzquotienten verfügen muss, sonst hätte er Fehler gemacht, die ihn schon viel früher überführt hätten«, unterbrach Horn Darrens Brainstorming.
»Er könnte aber auch nur deswegen nicht arbeiten, weil er genug Zeit für die Beobachtung der Kinder haben muss. Vielleicht hat alles damit angefangen? Dass er arbeitslos geworden ist.«
»Wir müssen oder können auch davon ausgehen, dass der Kerl im Augenblick hier wohnhaft ist und dass er sich zumindest eine Zeit lang jeweils in der Nähe seiner Opfer aufgehalten haben muss, denn sonst wäre er mit den Örtlichkeiten nicht so vertraut gewesen«, sagte Katrin plötzlich, als hätte sie eine Eingebung gehabt.
Horn und Darren sahen sie an und auf beiden Gesichtern sah sie, wie sie langsam verstanden, was das bedeutete.
»Ich denke, das ist der Ansatz, dem wir folgen müssen«, erklärte Horn sachlich. »Gut gemacht, Katrin«, fügte er hinzu und jetzt konnte er den Stolz auf Katrin nicht mehr unterdrücken.
»Mit diesen Daten müssen wir den Computer füttern.« Er setzte sich an seinen Computer und rief die Maske des BKA Wiesbaden auf. Dann gab er die Wohnorte der ermordeten Kinder ein und erweiterte den Radius, in dem der Täter vermutlich zu diesen Zeitpunkten gewohnt haben musste, um fünfzig Kilometer. »So«, sagte er und lehnte sich zufrieden zurück. »Jetzt haben wir die Sau bald.«
Auf den Fluren wurde es laut.
»Es wurde noch ein Mädchen entführt«, rief Gerber durch die offene Bürotür. Überall stürmten Menschen aus ihren Büros und die ersten Einsatzfahrzeuge fuhren bereits vom Hof. Auch Katrin, Darren und Horn rannten augenblicklich los. Während sie die Treppe hinunterliefen, klärte Gerber sie auf. In Hinterzarten war die fünfjährige Madeleine Reichmann von einem Kindergeburtstag nicht nach Hause gekommen. Sie sprangen in Horns Wagen und waren bereits auf dem Weg zum Stadttunnel, als Horns Handy klingelte.
Eine Weile sprach Horn nichts.
»Jetzt reg dich nicht auf, Stephanie«, sagte er endlich. »Und das hat Uli genau so erzählt?« Pause. Dann: »Ich verstehe. Wir sind in fünfzehn Minuten bei euch.«
»Das Kind meiner Nachbarn …«, sagte Horn und warf einen Blick in den Rückspiegel. Dann drehte er sich zu Katrin. »Wir müssen uns beeilen.«
»Aber das Mädchen aus Hinterzarten«, protestierte sie.
»Entweder, wir haben einen Trittbrettfahrer bekommen, oder er verliert jetzt wirklich die Kontrolle«, erklärte Horn bitter. »Lassen wir Gerber nach Hinterzarten fahren. Es sieht so aus, als hätten wir einen zweiten Fall. Blaulicht«, sagte er kurz, ehe er den Wagen wendete.
»Die Kleine ist so alt wie meine Ulrike«, erklärte Horn und kramte in seinem Handschuhfach.
»Was suchen Sie denn, Josef?«, fragte Katrin nervös, während Horn mit quietschenden Reifen die Ausfahrt nahm.
»Meine Zigaretten.«
Mehr brauchte er nicht zu sagen. Katrin wusste, dass er sich in einem emotionalen Ausnahmezustand befand.
»Ich mach das schon.« Sie holte die zerknautschte Ernte 23 Schachtel heraus.
»Was ist mit Uli?«, fragte sie vorsichtig.
»Sie ist zu Hause.«
Er rieb mit einer Hand durch sein Gesicht, als könnte er damit den Kummer der letzten Monate abwaschen.
»Was ist denn passiert?«
»Ich weiß es nicht genau, aber es scheint, als hätte Uli erzählt, dass sie beobachtet hätte, wie Melissa zu einem fremden Mann ins Auto gestiegen wäre.«
»Und das stimmt?«, hakte Katrin nach, die
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