Fuer Akkie
Mützen, Kopftücher, aber auch ganz eigenartiges Zeug, das nur mit viel Fantasie zur Kopfbedeckung geworden war.
Ina hatte Akkie und ihre Eltern gebeten, eine Viertelstunde nach Schulbeginn zu kommen. Der Klassenraum war bunt geschmückt, und an der Tafel stand in großen Buchstaben: WILLKOMMEN, AKKIE !
Der Stuhl neben Elise war frei.
»Was sollen wir machen, wenn sie reinkommt?«, fragte Ina.
»Dann singen wir: Lang soll sie leben«, schlug Frenklin vor.
»Das ist nicht sicher«, warf Brammie ein.
»Bram!«, rief Christel wütend. »So was darf man nicht sagen!«
Erst jetzt wurde Brammie klar, was er gerade gesagt hatte. »’tschuldigung«, piepste er kleinlaut.
Ina schüttelte energisch den Kopf. »Akkie lässt den Mut nicht sinken, und wir schon gleich zweimal nicht. Los, da kommt sie, alle mitsingen!«
Die Tür ging auf und da stand Akkie mit ihren Eltern. Die ganze Klasse stimmte in »Lang soll sie leben« ein, und Akkie steuerte mit strahlendem Gesicht auf den Stuhl neben Elise zu. Ihr fiel ein Stein vom Herzen: Sie hatte sich so vor diesem Moment gefürchtet, aber als sie ihre Mitschüler mit den Hüten, Kappen und Mützen auf dem Kopf sah, war alles nur noch halb so schlimm.
Sie winkte ihren Eltern kurz zu und sah, dass ihre Mutter wieder weinte und auch ihr Vater Tränen in den Augen hatte. Akkie fuchtelte in der Luft herum, um ihnen zu zeigen, dass sie weggehen sollten. Natürlich verstand sie gut, warum ihre Eltern so reagierten, aber das ständige Geheule war ihr trotzdem peinlich.
Ina redete kurz mit ihnen, Akkies Eltern nickten, winkten noch einmal und verschwanden dann aus dem Klassenzimmer.
Akkie erzählte bereits ausführlich von ihrer Zeit im Krankenhaus und musste jede Menge Fragen beantworten.
»Aber du stirbst doch nicht, oder?«, entfuhr es Brammie, und es wurde schlagartig still in der Klasse. Alle sahen betreten zu Boden oder zu ihrer Lehrerin. Die wollte etwas sagen, aber Christel war mal wieder schnel ler. »Brammie!«, rief sie empört.
Doch Akkie ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Hey, Bram, was denkst du denn! Natürlich werd ich nicht sterben. Ich pass schon auf!«
Joep wollte ganz genau wissen, wie das mit dieser Rückenmarkspritze war.
»Nichts sagen«, kreischte Christel.
Doch in Akkies Augen blitzte es kurz auf, und sie begann genüsslich zu erzählen: »Sie haben so eine Nadel«, und hielt ihre Hände einen guten halben Meter auseinander. »Und dann drückt Doktor Schnauzer langsam, ganz langsam, die Nadel unten in deinen Rücken und zieht damit ein Stück von deinem Rückenmark raus.«
»Iiieh!«, quiekte Christel, und ein paar andere Schüler wurden ein bisschen grün um die Nase.
»Schluss jetzt, Akkie«, sagte Ina streng, »mach keinen Horrorfilm daraus!«
»Aber es ist wirklich nicht schön«, verteidigte sich Akkie, »und es tut wahnsinnig weh.«
Christel war weiß wie eine Wand, und Akkie schob nach einem kurzen Seitenblick zu ihr schnell nach: »Das mit der Riesennadel stimmt gar nicht. Aber sie müssen ins Rückenmark stechen, um zu sehen, ob wieder gesunde Zellen produziert werden.«
Bram hob den Finger und fragte: »Nimmst du die Baseballcap mal ab?«
»Bram!«, zischte Christel wieder.
Elise lachte und sagte: »Christel, du bist ja schlimmer als seine Mutter!«
Akkie hatte die Hand schon am Schirm der Kappe, aber Ina schüttelte den Kopf. »Das brauchst du nicht«, sagte sie besorgt.
Akkie zögerte kurz, aber plötzlich war es ihr egal, und sie riss sich die Kappe vom Kopf.
Wieder wurde es still, bis Joep grölte: »Genial, sieht aus wie ein Fußball.«
Die ganze Klasse lachte, und Arno fragte interessiert: »Wann wachsen die Haare wieder nach?«
»Das dauert noch«, antwortete Akkie, »aber Doktor Schnauzer sagt, ich bekomme Haare wie vorher.« Sie setzte die Kappe wieder auf.
»So«, sagte Ina, »dann hätten wir das also auch abgehakt.«
Danach machte sich die ganze Klasse an die Arbeit. »Wir fangen mit der Rechenaufgabe auf Seite 23 an«, kommandierte Ina.
Akkie war glücklich. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich jemals über eine ganze Seite voller Brüche freuen würde. Aber jetzt war sie einfach nur erleichtert, wieder in ihrer eigenen Klasse zu sitzen. Dank ihrer Lehrerin Rianne aus der Klinik konnte sie gleich wieder mitmachen.
Ihr graute schon vor der nächsten Chemotherapie. Schön würde das nicht werden, aber solange sie zwischendurch in die Schule gehen konnte, würde sie durchhalten; schließlich ging es
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