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Fuer den Rest des Lebens

Fuer den Rest des Lebens

Titel: Fuer den Rest des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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ausgezeichneten Studentinnen. Angenommen, er sitzt neben ihnen, macht spöttische Bemerkungen über die Studenten, die mit ehrfürchtigen Gesichtern an ihnen vorbeigehen, erfindet für sie Spitznamen und imitiert ihre unbeholfene Art zu sprechen, seine Augen funkeln boshaft unter dem grauen Schopf, und als sie vor Lachen fast erstickt, sprüht ein Omelettstückchen aus ihrem Mund auf seinen glatt gebügelten Kragen, und er beruhigt sie, das macht nichts, wir sind wie eine Familie, und Orli kichert, Dina weiß nicht, was das ist, eine Familie, sie kommt aus dem Kibbuz, und Emanuel sagt, niemand von uns weiß es, jeder lernt in seinem eigenen Tempo.
    Er war damals genauso alt, wie sie jetzt ist, der Professor David Emanuel, ein bekannter Historiker, hat er ebenfalls gewusst, dass es zu spät war? Oder hatte er nichts verstanden, weil seiner Meinung nach alles so weitergehen konnte, doch sie zerschnitt ihre Zukunft mit einem einzigen Satz, ihrer dreier Zukunft, die miteinander verbunden war, sie biss in die Hand, die sie streichelte, als diese einen Moment lang mit dem Streicheln aufhörte, denn dort hatten sie sich auch an jenem Abend hingesetzt, nach den Vorlesungen, ein heftiger Regen prasselte auf die Stadt herunter, drohte, Löcher in den Asphalt zu reißen, in die Flachdächer. Sie spürte sofort, dass etwas anders war als gestern oder vorgestern, denn Emanuel war blass, erkältet, putzte sich unablässig die Nase, bis die Spitze rot wurde, und Orli war stiller als sonst und wollte nichts essen. Er seufzte, ach, Mädchen, ihr würdet jetzt nicht mit mir tauschen wollen, und als sie ihn fragend anschauten, wischte er sich wieder über die Nase und hüstelte, ich habe einen unmöglichen Auftrag bekommen, sagte er, ich muss mich für eine von euch entscheiden, unsere Fakultät wird verkleinert, nur eine von euch kann im nächsten Jahr den Job bekommen.
    Warum schaute er nur sie an, warum senkte Orli die Augen, das Rauschen des Regens dröhnte in ihren Ohren, ich habe mich für Orli entschieden, sagte er mit zerrissener Stimme, es tut mir leid, Dina, ich denke, dass sie besser passt, ich glaube, dass in ein paar Jahren auch ein Arbeitsplatz für dich frei wird, geschlagen schaut sie zu Orli, deren Augen sie flehend anstarrten, verrate nicht das Geheimnis, das ich nur dir erzählt habe, aber die Kränkung drückte ihr die Kehle zu, die Kränkung des weniger geliebten Kindes, es ist nicht fair, Emanuel, sagt sie, schließlich seid ihr…
    Hatte sie gesagt, schließlich seid ihr beide verliebt, schließlich habt ihr eine Affäre, oder hatte sie gesagt, sie ist nun mal deine Geliebte? Sie war gekränkt, das ist nicht fair, Emanuel, du hast gesagt, wir sind eine Familie, man darf eine derartige Wahl innerhalb einer Familie nicht treffen, du musst jemand anderen entscheiden lassen, verstehst du das nicht? Sein Blick traf sie mit plötzlicher Feindseligkeit, nicht nur sie, auch Orli, wie hast du sie einweihen können, du hast mir doch versprochen, nichts zu sagen, aber die Feindseligkeit gegenüber Orli würde sich wieder in Liebe verwandeln, würde vielleicht im Lauf der Jahre noch wachsen, das wusste sie genau, als sie sich erhob und zur Bushaltestelle rannte, und während sie dort wartete, zitternd vor Kälte und Zorn, traf sie den Dekan der Fakultät, der sie fröhlich begrüßte. Ich habe den Aufsatz gelesen, den Sie über das Heilige Kind von La Guardia veröffentlicht haben, ein glänzender Aufsatz, ich hoffe sehr, dass Sie bei uns mitmachen, Sie hätten etwas zu bieten, und sie murmelte, das habe ich auch gehofft, bis zu diesem Abend, und stieg schnell in den Autobus, sie hatte schon zu viel gesagt, sie floh vor ihm auf die hinterste Bank, aber er kam zwischen den Bankreihen auf sie zu und setzte sich neben sie, bat sie um eine Erklärung, warum ihre Hoffnung enttäuscht wurde.
    Hemmungslos brachen die Worte aus ihr heraus, sie erzählte ihm alles, sie verriet alles, und danach kehrte sie nicht mehr zurück, trotz aller Vorschläge und allen Drängens, die im Lauf der Zeit allerdings abnahmen und obwohl beide zum Ende des Studienjahres weggingen, Orli verschwand, wie von der Erde verschluckt, manche sagten, sie setze ihr Studium im Ausland fort, weil Emanuel ihr ein Stipendium verschafft habe, er selbst wechselte zu einer Universität im Süden, offenbar räumten sie ihr den Platz frei, aber sie weigerte sich, an die Fakultät zurückzukehren, auch als eine Frau, jünger als sie und viel weniger begabt, von dem

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