Fuer den Rest des Lebens
anders war, tut es ihr in der letzten Zeit weh, denn sie hatte sich immer damit trösten können, sie brauche ohnehin keine enge, klammernde Liebe, das bewies doch die Tatsache, dass sie die Nase voll hatte von dem weichen, bequemen Mann, mit dem sie damals zusammen war, dem Mann, dem sie Gideon vorgezogen hatte.
Etan schätzte ihre Klugheit, deshalb dachte sie, er sei dumm, er hing an ihr, deshalb wich sie vor ihm zurück, er wollte sie heiraten, er wollte eine große Familie, er überraschte sie mit Geschenken und außerdem war er groß und gut gebaut, und sie hatte in einer Sekunde auf ihn verzichtet, auf jener Party, zu der sie zusammen gegangen waren, auf einer Jerusalemer Dachterrasse ohne Geländer, als ein kleingewachsener junger Mann zu ihr trat, mit einer Kamera, die vor seiner Brust baumelte, und einem spöttischen Lächeln auf dem jungenhaften Gesicht, und den normalsten Satz zu ihr sagte. Das war Gideon, er versuchte nicht, sie zu beeindrucken, aber seine Stimme machte seine Wörter vollkommen und verlieh ihnen eine zusätzliche Bedeutung, bis sie glaubte, er würde diejenigen verspotten, die sie nicht ganz verstehen konnte.
Du bist neu in der Stadt, fragte er sie, oder etwas Ähnliches, und sie gab es sofort zu, obwohl es sich schon bald herausstellte, dass er es war, der neu in der Stadt war, und dass es sich bei der Party um seine eigene handelte, eine Art Wohnungseinweihung, wenn man das kleine Zimmer auf dem Dach überhaupt eine Wohnung nennen konnte, und als er sie einlud, zu bleiben, nachdem alle anderen gegangen waren, kicherte sie überrascht, hatte er nicht begriffen, dass sie einen Partner hatte, schließlich hatte sie den ganzen Abend dicht neben Etan gestanden, und sofort fing sie an, ihn zu beobachten, ob er auch anderen Frauen diesen Vorschlag machte, vor allem wunderte sie sich darüber, dass er überhaupt nicht fotografierte, kein einziges Bild, als sei das alles in seinen Augen nichts wert, er ging sehr aufrecht zwischen den Gästen herum, trank ununterbrochen, tanzte wenig, und als sie ihn endlich mit einem Mädchen tanzen sah, in einem kurzen Mini und mit langen, hellen Haaren, wurde sie eifersüchtig, und in der ganzen Zeit plauderte Etan mit ihr, füllte ihren Teller, verwandelte sich an einem einzigen Abend zu einem Klotz an ihrem Bein.
Sie waren schon zweieinhalb Jahre zusammen, ihr Vater und seine Mutter hatten zur selben Zeit im Krankenhaus gelegen und waren fast am gleichen Tag gestorben, es war, als hätte sie das zu einer Art Hinterbliebenengemeinschaft zusammengeschweißt, doch wie leicht sie aufzuheben war, zeigte sich schnell, schon am Tag nach jener Party stieg sie die vierundsechzig Stufen hinauf, und als sie außer Atem oben stand, ging die Tür auf und heraus kam diese hellhaarige Frau, mit nassen Haaren, und Dina drehte sich um und wollte gehen, ihr blieb die Luft weg, sie lief blaurot an, wie eine Aubergine, und wäre fast ohnmächtig geworden vor Verlegenheit, und zu ihrem Schrecken hörte sie seine Stimme hinter ihrem Rücken, hi, warum läufst du weg?, und als sie ihn mit einem waidwunden Blick anschaute, flammte plötzlich der Blitz seiner Kamera auf und erhellte ihr verzerrtes Gesicht.
Komm doch rein, sagte er, an den Türpfosten gelehnt, hast du gestern etwas vergessen? Und sie sagte dankbar, ja, meine Sonnenbrille, und er grinste, bist du sicher? Du bist mitten in der Nacht mit einer Sonnenbrille zur Party gekommen? Und sie sagte, ja, stell dir vor, ich hasse Licht. Wie können wir da zusammenleben, sagte er traurig, ich bin süchtig nach Licht, und sie lächelte überrascht, ihre Selbstsicherheit kehrte zurück, strömte durch ihre Adern, weiße Blutkörperchen der Identität, sie hatte eine eigene Existenz, sie hatte einen eigenen Namen, eigene Pläne und Vorlieben, zum Beispiel mochte sie kein Licht.
Nun, dann werden wir wohl nicht zusammenleben, antwortete sie, ich nehme nur meine Sonnenbrille und gehe, und in diesem Moment glaubte sie fest daran, dass sie tatsächlich ihre Sonnenbrille bei ihm vergessen hatte, sie folgte ihm auf das Dach und suchte sie zwischen den leeren Bierflaschen und den vollen Aschenbechern, während sie sie auf den Kopf geschoben hatte, und die ganze Zeit folgte er ihr und fotografierte sie, er trug nur eine Unterhose und war erstaunlich muskulös, und erst als ihr Blick in den Spiegel im Flur fiel, bemerkte sie die dunkle Brille auf ihrem Kopf, denn schließlich mochte sie wirklich nicht zu viel Licht, und sie schaffte es
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