Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Le Clerk sich ihnen in den Weg stellte. Lilith Energie hatte sich schlagartig verändert, sobald der Major ihnen entgegengetreten war. Sie wurde finster. Ihr Hass war von einer derartigen Intensität, dass er beinahe greifbar wurde. Eine tiefe Verzweiflung hatte sich daruntergemischt, eine – Asmodeo überlegte – ja, eine Art Trauer, die für ihn unerklärlich war. Das Erscheinen des Majors schien eine fest versiegelte Zeitkapsel voller Erinnerungen berührt zu haben, die tief in Lilith Unterbewusstsein verschüttet lag.
Was verdrängst du, Lilith? Was ist es, was du so erfolgreich vor dir und vor anderen verbirgst? – dachte Asmodeo.
Als hätte Lilith seine stumme Frage gehört, wandte sie sich ihm zu. Sie sah ihn an und ihm stockte der Atem. Sie war einzigartig. Er konnte keinen Blick von ihr wenden.
Angestrengt versuchte sie, das enge Ballkleid zu lockern. Er half ihr nur zu gerne dabei, voller Neugier, wie sich ihr gemeinsamer Traum weiter entwickeln würde, aber auch mit einer gewissen Zurückhaltung, weil er in dieser Umgebung lediglich ihr Verhalten studieren wollte, um sie dann in ihrer eigenen Wirklichkeit zu erobern.
Er trat einige Schritte zurück, in der vergeblichen Absicht, sich ihrer Anziehungskraft zu entziehen und sah ihr dabei zu, wie sie aus ihrem Kleid stieg.
Weiß und rein, aber alles andere als unschuldig, umschmeichelte das Seidenhemd ihre Figur. Ihr dunkelrotes Haar leuchtete mit dem Kaminfeuer um die Wette und ihre Augen glänzten geheimnisvoll und einladend zugleich.
Sie spielte mit ihm, reizte ihn, schritt auf ihn zu - jede ihrer Bewegungen bewusst ausgeführt und mit einer unmissverständlichen Aufforderung an ihn versehen.
Und dann fanden seine Lippen die ihren.
Ihr erster Kuss vereinte alle Gegensätze. Er war voll zarter Heftigkeit, befreiend und bindend.
Asmodeo gab das Tempo vor. Er war erfahren genug, um sich trotz der kaum zu ertragenden Versuchung zurückhalten zu können und stattdessen die Spannung, die sich zwischen ihnen aufbaute, auszukosten.
Doch dann wurde ihr Begehren immer drängender. Ihr Atem raste, als sie sich an ihn presste. Ihr Körper zeigte ihm, wie sehr sie ihn wollte.
Seine Selbstbeherrschung bekam immer größere Risse, aber dennoch hielt er sich weiter zurück – bis …, bis sie ihn blutig kratzte, bis er den Schmerz spürte, den ihre Nägel in seinem Fleisch hinterließen.
Asmodeo kapitulierte.
Er verlor völlig die Kontrolle – etwas, was ihm bislang nie passiert war und ihm nicht hätte passieren dürfen. Er bestand nur noch aus Gefühl. Er konnte nicht mehr warten. Er musste Lilith haben – gleich, hier und jetzt.
Lilith drängte sich an ihn. „Ich liebe dich“, flüsterte sie ihm zu.
Sie gehört mir - triumphierte er in Gedanken - in dem Augenblick, in dem sie anfügte „Johannes“.
Alles in ihm erstarrte zu Eis, um nur einen Wimpernschlag später in einem Wutausbruch zu explodieren.
Vor seinem inneren Auge sah er alles zu Staub zerfallen, was er kunstvoll aufgebaut hatte.
Er musste sofort von ihr ablassen, um ihr nichts anzutun.
Asmodeo schreckte mit weit aufgerissenen Augen aus dem Schlaf auf. Sein Herz raste.
Johannes war der Name seines Konkurrenten.
Er würde ihn auslöschen.
19
Ich weiß nicht, wie lange ich an diesem Morgen in meinem Bett lag, die Augen geöffnet und innerlich wie ausgehöhlt. Das Gefühl der Verlassenheit war so stark, dass es alles andere verdrängte.
Jahrelang hatte mich der Nebel verfolgt. Ich hatte mich beinahe schon an ihn gewöhnt. Er war mein Alltag. Normalerweise stand ich auf und schüttelte die Nacht von mir ab.
Aber in letzter Zeit veränderten sich meine Träume. Sie griffen in mein Leben über.
Der Traum letzte Nacht hatte nochmals eine vollkommen andere Intensität angenommen. Dabei war mir alles seltsam bekannt vorgekommen, als hätte ich das alles bereits einmal erlebt.
Was geschah mit mir?
Vielleicht war bei dem Unfall vor vier Jahren doch mehr kaputt gegangen, als die Ärzte feststellen konnten.
Mein Magen zog sich zusammen. Ich kämpfte gegen die Übelkeit an, ich versuchte ruhig zu bleiben und logisch vorzugehen.
Was hatten meine Träume gemeinsam? Den Nebel. Meine Furcht. Die Gestalt, die auf mich zukam.
Und was war neu? Ich wachte nicht mehr beim Herannahen der Gestalt auf, sondern sie - oder besser gesagt er, trat mit mir in Kontakt.
Und dann war da das unerklärliche Gefühl der Vertrautheit, der Geborgenheit. Ein Sehnen, das ich früher nie empfunden
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