Für ein Lied und hundert Lieder
verärgert und drohte Ma Yun: »Hör nicht auf Wang Er, der hat sie nicht mehr alle, die Gründe für deine Berufung, die ich für dich geschrieben habe, sind überzeugend, ich garantiere dir, die da oben werden sich das Ganze durch den Kopf gehen lassen, den Fall wiederaufnehmen und dir das Strafmaß herabsetzen. Wenn du dich dem aber vor die Füße wirfst, dann macht das alles nur noch schlimmer, das ist Selbstmord.«
Wang Er sah mich wütend an, Ma Yun wusste nicht, was er tun sollte, ich tätschelte ihm die Brust: »Sollte ich dich betrügen, lass den Himmel mich mit Kinderlosigkeit strafen.«
»Drecksack!«, schimpfte Wang Er.
Am Nachmittag des darauffolgenden Tages gab es tatsächlich eine Inspektion durch die Chefetage. Die beiden Zellentüren waren kaum offen, als eine mächtige Truppe hereinstürzte. Zwei Kameraapparate strichen über alles, ein Riesenkerl stieg auf den Kang und machte von dort oben ein paar Aufnahmen. Während wir mit untergeschlagenen Beinen aufrecht dasaßen und wie blödsinnige Lehmfiguren dem Ganzen zusahen. Der Anführer war ein Fettsack in Zivil, um den ein anderer Fettsack in Uniform ständig herumwieselte. Er machte ein finsteres Gesicht. Seine Blicke schossen zwischen dem Haufen von Gefangenen hin und her, schließlich blieben sie an Ma Yun hängen.
»Warum bist du hier?«, fragte er mit einem halben Grinsen.
Ma Yun neigte sich vor, er war so aufgeregt, dass er ganz aus der Form geriet: »Ich, ich.« Er zitterte.
»Welches Vergehen, lass dir Zeit mit der Antwort.«
Der Fettsack sprach in ganz persönlichem Ton, seine lächelnden Augen waren Schlitze.
»Raub, Raub. Ich …«, Ma Yun streckte unwillkürlich die Beine aus und versuchte, vom Kang herunterzukommen, wurde aber von einem jungen Polizisten festgehalten.
»Benimm dich!«, schrie er.
Ma Yun war festgefahren und schielte nicht ohne Bedauern zu Wang Er hin. Da liefen die hohen Inspekteure mit ernster Miene, wie auf einer Beerdigung, im Gänsemarsch hinaus. Die Kameras warteten längst am Gitter und machten ein paar Nahaufnahmen von aus Sorge um Volk und Nation zusammengezogenen Augenbrauen. Als sich die Eisengitter dröhnend schlossen, spuckte mir Wang Er mit tiefer Stimme ins Gesicht: »Das war knapp!« Er wischte sich den Schweiß ab.
Ich lachte verständnisvoll.
»Ein Glück, dass der Mann mehr draufhatte als normal und das dumme Schwein da unter Kontrolle hatte, sonst wäre ich wegen Anstiftung dran gewesen, das hätte dem Fass wirklich den Boden ausgeschlagen!«
»Konterrevolution hat weiter vorausgedacht als du«, lobte der alte Bai.
Ma Yun war zwei Tage völlig apathisch, aß und trank kaum etwas, wie ein Philosoph, der sich über irgendetwas den Kopf zerbricht. Auf einmal kam ein Strahlen in seine Augen, und er führte einen Freudentanz auf, und sein Appetit war wiederhergestellt. Mit großem Behagen schüttete er sich zwei Näpfe Kürbissuppe hinein, bevor er den Reis bis zum letzten Rest in sich hineinschaufelte. Dann kamen fünf Ei-Bataten-Kräcker (jeder für zwei Mao sechzig), wir waren alle sprachlos.
»Iss, iss, iss!« Wang Er spendete ihm gutmütig noch ein paar widerlich schmeckende Lima-Bohnen: »Du Schwein, wenn du fett bist, wirst du geschlachtet.«
Und Ma Yun wurde, geradezu über Nacht, fett, in nicht einmal zwei Wochen hatte sich sein Umfang verdoppelt. Den ganzen Tag schrie er, er habe Hunger, und wenn es nichts zu essen gab, schüttete er sich ein paar Schalen kaltes Wasser hinein. Außerdem gewöhnte er es sich an, den Harn zurückzuhalten, weil der Druck auf die Blase die Magenschmerzen lindern konnte, während, wenn man pinkelte, der Bauch auf einmal unerträglich leer war.
Als Ma Yuns Zeit näher kam, war er schon so fett, dass er nicht mehr gehen konnte, sein Haar war schlohweiß und seine Nase leuchtend rot. Er war berühmt für sein Schnarchen, er beherrschte ein gutes Dutzend verschiedene Aus- und Einatmenrhythmen, er hielt das gesamte Gefängnis auf Trab. Daraufhin hat Wang Er ihn mehrfach dazu verdonnert, mit dem Gesicht gegen die Wand in sich zu gehen – es konnte ja keiner ahnen, dass er, kaum dass sein Kopf die Wand berührte, ein gewaltiges Schnarchen anfangen würde, es war, als habe er im Körper einen Stromgenerator.
»Und wenn du stehst? Du stammst von einem Hahn ab«, lachte Wang Er.
Ma Yuns Klamotten liefen ein, sie hingen ihm am Leib wie gestohlen. Eines Morgens stellten die beiden Rotfelle, die ihn zu seinem Gang zur Gelben Quelle abholten, gewohnheitsmäßig
Weitere Kostenlose Bücher