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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Oberholz
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hatte Florian mich angerufen und um Rat gefragt. Er hatte in München alles versucht, um seine Frau und die Kinder zurückzuerobern. So in die Ecke gedrängt, offenbarte sie ihm schließlich, dass das zweite Kind nicht von ihm, sondern von ihrem neuen Freund sei und die Affäre schon deutlich länger liefe, als bisher eingestanden. Erstaunlich viel länger, schmerzhaft länger.
    »Das ist noch nicht alles. Der Neue ist nicht irgendein Unbekannter, so wie sie es mir die ganze Zeit vorgemacht hat, es ist ein Kollege von mir, aus dem Büro. Du weißt, wie klein meine Firma ist.«
    Florian arbeitete als Bauleiter in einem Architekturbüro in München.
    »Du solltest dich vielleicht nach einem anderen Büro umsehen«, riet ich ihm.
    »Ich sagte ihr, dass ich nun nicht mehr bereit wäre, den Unterhalt des Kindes zu tragen, dessen Vater ich gar nicht bin. Sie verwies mich nur an ihren Anwalt, denn rein juristisch ist dieses Kind, solange wir noch nicht geschieden sind, auch mein Kind.«
    »Du solltest dich vielleicht auch nach einer anderen Frau umsehen«, riet ich ihm weiter. Im Verlauf des Telefonats stellte sich heraus, dass er sich auch nach einer anderen Stadt umschauen sollte.
    Florian zog fluchtartig nach Berlin, um einen Neuanfang zu schaffen. Er fand schnell einen Job in einem renommierten Architekturbüro am Potsdamer Platz. Sein leibliches und sein juristisches Kind besucht er jedes zweite Wochenende in München.
    Florian geht es im Moment nicht gut. In den letzten Wochen war er gerne abends Gast im Café. Er hat mir und allen anderen immer wieder die Geschichte seiner Trennung offenbart und seinen Schmerz dargestellt. Alle wissen nun, was für ein Monster Florians Frau ist. Vorsichtige Einwände, dass bei aller Boshaftigkeit seiner Frau immer auch der andere, in diesem Falle er, Florian, Anteil an einer solchen Entwicklung habe, nahm er vordergründig zwar an, aber er veränderte nicht den Blickwinkel, und die Platte blieb in der immer gleichen Rille hängen.
    »Wie läuft es mit deinem neuen Job?« Ich betrete vermeintlich unvermintes Gebiet.
    Florian hat seinen Kleidungsstil innerhalb kürzester Zeit von München auf Berlin umgestellt. Das macht Berlin mit den Kleinstädtern. Barbour-Jacke und hellblaues Hemd hat er eingetauscht gegen Trucker-Cap, Jeans, T-Shirt, Parka und Sneakers. Sein blondes Haar trägt er nun länger, die Trennung hat es an den Seiten silbrig erglänzen lassen.
    »Ach, die zahlen ja gut, aber es ist stinklangweilig. Wenigstens habe ich da am Potsdamer Platz einen schönen Ausblick. Ich arbeite an der Bauausführung eines großen Ärztehauses in Moabit. Spannend, sage ich dir.« Das ›a‹ von spannend zieht er in die Länge und lacht.
    Wir haben uns aus dem Café zwei Flaschen Bier mitgenommen, mit denen wir, auf einer Bank sitzend, klirrend anstoßen. Vor uns auf dem Kiesweg liegen viele Zigarettenstummel, daneben liegt Dörte. Wir machen immer wieder kleine Pausen und recken unsere Gesichter Blumenblüten gleich so in die tiefstehende Sonne, dass die größtmögliche Fläche beschienen wird. Wir sprechen langsam. Wir haben Feierabend.
    »Du weißt gar nicht, wie gerne ich mit dir tauschen würde«, sage ich. »Die Vorstellung, ein übersichtliches Aufgabenfeld vor mir zu haben und vor allem am Monatsanfang regelmäßig Kohle überwiesen zu bekommen, finde ich sehr anziehend. Und wenn es dann auch noch viel Geld ist …«
    »Aber das mit dem Café ist doch das, was du unbedingt machen wolltest. Du machst doch immer genau das, was du machen willst. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ich habe dich immer darum beneidet. Du hast Software programmiert, als noch niemand wusste, was ein Computer ist, du warst Musiker, du hast Werbekampagnen für Telefonsexhotlines gemacht. Jetzt bist du Gastwirt mit so einem Riesenladen mitten in Berlin. Das wird schon, das braucht eben Zeit. Aber wenn du darauf bestehst, ja, lass uns tauschen.«
    Als ich gerade dreizehn geworden war, wünschte ich mir zum Weihnachtsfest 1985 eine Atari-Spielkonsole, die man ans Fernsehgerät anschließen konnte. Vor allem nach dem Tennisspiel mit zwei Balken als Spielern und einem viereckigen Ball sehnte ich mich. Meine Eltern ließen sich zu diesem Thema im Radio- und Fernsehfachgeschäft Könen in der Kleinstadtsenke beraten. Herr Könen riet zu einem Commodore C64 anstelle der Atari-Spielkonsole. Mit dem könne man Computerspiele spielen, es sei aber auch ein richtiger Homecomputer.
    Meine Enttäuschung war groß. Ohne weiteres

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