Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
schallendes Gelächter aus. »Du ziehst zu Adrian? In diese schmuddelige Bruchbude? Du willst in diesem armseligen Kaff namens Frome leben? Wo diese schizophrene Hexe dir dauernd im Nacken sitzt? Und wovon willst du überhaupt leben, wenn ich fragen darf? Mein Bruder baut gerade mal alle zwei Monate einen Couchtisch! Das wird kaum reichen, um dir den Lebensstandard zu bieten, an den du dich gewöhnt hast.«
»Du redest ja, als würdest du mich mit Luxus überhäufen, Philip.« Serena musterte ihn kalt. »Wann habe ich denn zum letzten Mal ein neues Kleid bekommen? Oder ein paar schicke Schuhe? Es geht mir gar nicht ums Geld.« Sie hob eine Hand, um zu verhindern, dass er ihr ins Wort fiel. »Geld ist mir noch nie wichtig gewesen.«
»Und um was geht es dann?«, fragte Philip spöttisch. »Um Sex?«
»Nein. Auch Sex hat nichts damit zu tun. Es geht um die Chance, glücklich zu sein.«
»Glücklich?«
Für einen Englischprofessor brauchte er ziemlich lange, um sich über die Bedeutung eines sehr einfachen Worts klar zu werden. Philip schien völlig perplex. Wahrschein lich eine Mischung aus Schock und Ratlosigkeit, vermutete Serena.
»Und die Kinder? Was ist denn mit deren … Glück ?«, fragte er dann sarkastisch.
»Sie werden sich bestimmt erst mal wundern«, antwortete Serena. »Aber sie werden mich verstehen. Sie wissen schon lange, wie unglücklich ich bin.«
Philips Miene verdüstert sich. Er fühlte sich total in die Ecke gedrängt. Und die Vorstellung, dass seine Kinder die ganze Zeit Bescheid gewusst hatten, ging ihm wirklich über die Hutschnur. Er machte einen Schritt auf sie zu.
»Du Miststück«, sagte er. »Das hast du ja ganz raffiniert eingefädelt. »Hast alles so hingedreht, als wärst du die Unschuld in Person, während du die ganze Zeit mit meinem Bruder gefickt hast, du dreckige Hure!«
»Moment mal! Ich habe während unserer ganzen Ehe mit keinem anderen gefickt.«
»Irgendwas steckt doch dahinter! Du willst mir doch nicht erzählen, dass du dir diese Geschichte eben erst ausgedacht hast.«
»Nein«, anwortete Serena. »Ganz und gar nicht. Wir haben uns irgendwann ineinander verliebt. Und jetzt lieben wir uns.«
Philips Augen wurden schmal. Kein Mann lässt sich gern Hörner aufsetzen, und am allerwenigsten ein notorischer Schürzenjäger.
»Du kriegst nichts«, verkündete er. »Und die Kinder siehst du nie wieder!«
»Ob die Kinder mich sehen wollen oder nicht, können sie selbst entscheiden – sie sind beide über sechzehn. Und vom Gesetz her steht mir die Hälfte unseres gemeinsamen Vermögens zu.«
»Ich werde dich bis aufs Blut bekämpfen!«
»Dann tu das«, sagte Serena. »Ich habe nichts anderes von dir erwartet.« Sie nahm ihre Strickjacke von der Stuhllehne und legte sie sich über die Schultern.
»Wo willst du hin?«
»Weg«, sagte sie.
»Du kannst hier nicht einfach so eine Bombe hochgehen lassen und dich anschließend verziehen, Serena!«
»Ich will dir nur ein bisschen Zeit zum Nachdenken geben, bevor wir über die Einzelheiten diskutieren. Ich habe keine Lust, mich mit dir zu streiten. Ich möchte diese Sache so schmerzlos wie möglich hinter mich bringen.«
»Du meinst, du hättest gern, dass ich es dir leicht mache?«
Sie rang sich ein Lächeln ab, um ihn nicht merken zu lassen, dass sie den Tränen nahe war. »Du hast mir noch nie etwas leicht gemacht, Philip.«
Im nächsten Moment schlug die Tür hinter ihr zu, und er war allein.
Sein Brustkorb zog sich zusammen. Philip legte sich eine Hand auf die Brust, um zu fühlen, wie regelmäßig sein Herz schlug. Das wäre vielleicht ein Klischee, wenn er jetzt einen Herzinfarkt bekäme … Aber nach ein paar tiefen Atemzügen ließ der Druck auf der Brust nach, und er konnte sich wieder entspannen und darüber nachdenken, was er als Nächstes tun würde.
Verflucht. Er steckte wirklich bis zum Hals in der Scheiße. Die drei Weiber, die Serena aufgezählt hatte, waren nur die Spitze des Eisbergs. Aber das wusste sie mit Sicherheit. Und das bedeutete wiederum, dass er keine Chance hatte. Er hatte sich immer für äußerst raffiniert gehalten, dabei hatte sie es die ganze Zeit gewusst. Eleanor Tripp, dieses elende Miststück. Wahrscheinlich kontrollierte sie alle seine Tutorenstunden mit der Stoppuhr, machte sich Notizen, wenn er überzog, und rannte regelmäßig zu Serena, um ihr brühwarm Bericht zu erstatten. Diese verdammte Männerhasserin!
Es war wie eine Droge. Jedes Jahr eine neue Auswahl an umwerfend
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