Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Kühlen von Limonade in Dosen für die Kinder und Plastikflaschen mit Wasser. Zwei weitere mit Eis gefüllte Wannen warteten auf die Sektflaschen, die als Eintrittskarte galten, und die bei Sonnenuntergang geleert werden würden. Das ganze Szenario war geschmückt mit aufblasbaren Palmen, Flamingos und Papageien und mit bunten Wimpeln und Luftschlangen, die im Wind flatterten. Zwischen den Tischen hingen Papiergirlanden aus Hula-Mädchen und hawaiianischen Tiki-Göttern. Das Spanferkel drehte sich bereits am Spieß über dem Feuer, und in dem großen Partyzelt stand ein langer Tisch mit Salaten, Brot und kalten Platten. Auf einer anderen Tafel waren die Nachspeisen angerichtet. Für die Kinder gab es eine Hüpfburg, und gemäß der Tradition hatte man auch ein Schlafzelt aufgebaut und mit bergeweise Decken und Kissen ausgepolstert, um den Kleinsten einen Schutz vor der Sonne zu bieten und einen Ort, wo sie sich am Abend einkuscheln und schlafen konnten. Auf wundersame Weise wurden sie regelmäßig gegen neun Uhr alle gleichzeitig müde und schliefen selig in ihrem Nest, sodass die Erwachsenen sorglos feiern konnten.
Jane ging noch einmal ihre Liste durch, obwohl sie diese Party schon so oft organisiert hatte, dass sie es auch im Schlaf hätte machen können. Den Gedanken, dass dies die letzte Party sein würde, verdrängte sie. Sie wollte den Abend genießen und nicht sentimental werden.
Am Tag zuvor hatte sie Norman angerufen und ihm mitgeteilt, welches Angebot sie anzunehmen gedachte. Der potenzielle Käufer war offenbar begeistert. Sie hatte es vor dem Fest erledigt wissen wollen, damit sie sich innerlich davon verabschieden und reinen Tisch machen konnte.
Sie schaute zu Roy hinüber, der gerade einen Stapel Klappstühle aus seinem Volvo lud. Ihr wurde warm ums Herz. All die Jahre hatte sie sich immer auf ihn verlassen können. Er war ein echter Freund – mehr als ein Freund –, und je besser sie ihn kennenlernte, umso mehr war sie von ihm angetan. Komisch, als Graham noch lebte, hatte sie nie etwas über Roys Privatleben erfahren – aber vielleicht war das ja gar nicht so seltsam. Vielleicht hatte sie aus einem bestimmten Grund diese Distanz gewahrt.
Plötzlich erschienen vor ihrem geistigen Auge ein junges Mädchen in einem gelben Kleid und ein junger Bursche in einer Crickethose. Wie anders ihrer beider Leben hätte verlaufen können …
So ging das nicht – sie konnte doch nicht den ganzen Nachmittag in Erinnerungen schwelgen! Jane gab sich einen Ruck und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. Ein bisschen traurig machte es sie schon, dass nicht alle aus ihrer Familie anwesend waren. Philip war nach Hause gefahren und weigerte sich, mit irgendjemandem zu sprechen (allerdings hatte er ihr eine SMS geschickt und ihr versichert, es gehe ihm gut). Es war schwer, die Mutter eines Mannes zu sein, der sich als ein so miserabler Ehemann entpuppt hatte. Der Instinkt sagte einem, dass man seine Kinder stets beschützen sollte, und doch musste Jane der Wahrheit ins Gesicht sehen: Ihr Sohn hatte verdient, was er bekommen hatte. Auch wenn es vielleicht eine allzu harte Strafe war, vom eigenen Bruder Hörner aufgesetzt zu bekommen.
Und Adrian und Serena wirkten wirklich glücklich. Sie hatten inzwischen die ganze Familie eingeweiht – Serena hatte mit Harry und Amelia gesprochen, Adrian mit seinem Bruder David, und gemeinsam hatten sie es Spike gesagt. Um Harry machte Jane sich Sorgen – er war ziemlich still, seit er die Neuigkeit erfahren hatte, während Amelia wie immer als Erstes überlegt hatte, wie sie von der Situation profitieren konnte, und bereits beschlossen hatte, mit den beiden nach Frome zu ziehen und in Bath zu studie ren. Amelia war eine Überlebenskünstlerin, genau wie ihr Vater, aber Harry war sehr sensibel. Aber wenn er in Bristol studierte, wäre er nicht allzu weit von seiner Mutter entfernt.
Jane warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Noch eine halbe Stunde bis zur Party. Es gab nichts mehr zu tun. Sie lächelte die Sonne an, bat sie im Stillen, schön dazubleiben, und ging in die Hütte, um sich zurechtzumachen.
Harry war dabei, die Musikanlage für die Party aufzubauen. Er hoffte, dass bei dem Mix, den er aus dem Internet heruntergeladen hatte, für alle etwas dabei war. Er hatte Hitsammlungen der letzten vier Jahrzehnte und dazu eine große Auswahl aus der aktuellen Playlist für die jüngere Generation zu bieten. Wenn die Party so verlief wie in den vergangenen Jahren, musste
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