Für immer Dein
vor, oder wurden die Schläfen mit jedem Mal grauer.
Die Zeit lief gegen ihn, das wusste er. Eine weitere Belagerung, die ihn locker zwei Monate seines Lebens kosten würde. Zeit, die er eigentlich zu etwas völlig anderem benötigte.
Sein Erbe zu sichern. Sicher sein zu können, dass Dover Castle weiterhin in guten Händen war. Sich eine Frau zu suchen, um mit ihr Kinder zu bekommen.
Dies war das Laster, das einem Erben anlastete. Edward hatte diese Probleme nicht. Würde er nie heiraten, nie Kinder bekommen – keinen würde es beschäftigen. Doch bei ihm war die Sache anders.
Nicht nur dass Edward kein angemessener Leiter dieser Burg war, er hatte auch völlig andere Pläne, wie er bereits einige Male berichtet hatte.
John schloss seinen Gürtel und trat auf den kalten, fast schon bedrohlich leerwirkenden Gang hinaus. Ab diesem Zeitpunkt wusste er, dass die Neuigkeit bereits die Runde gemacht hatte.
Die Stufen, die in das untere Stockwerk führten, kamen ihm heute steiler und bedrohlicher vor als sonst. Die Beine waren ihm schwer. So wie auch sein Herz.
Doch auch im unteren Teil des Herrschaftstraktes war es vollkommen still. Kein übliches Kratzen, wenn die Stiefel über den Holzboden wandern. Kein heimliches Flüstern der Bediensteten, die sich unterhielten. Sogar die Fackeln kamen ihm heute ruhiger vor.
Die Tür des Speisezimmers war geschlossen. Die Hand auf den Türgriff legend, hielt er einen Moment inne.
Er war zwar schon zig Mal in eine Schlacht, oder in dem Fall eine zähe Prozedur, die nicht von Erfolg gekrönt werden sollte gezogen, doch noch nie hatte er dabei ein solch schweres Herz mitgeschleppt. Joselyne jetzt alleine zu lassen war etwas, das er sich nur schwer abringen konnte.
Genauso wie das Lächeln, dass er sich aufzwang, als er den Raum betrat und in die erwartungsvollen Gesichter sah. Allen voran Joselynes Gesicht, welches traurig und forschend zugleich wirkte.
Noch immer lächelnd übernahm er den Vorsitz. Etwas, das ihn heute an den Rand des Wahnsinns trieb.
Noch immer hatte keiner ein Wort gesprochen. Es lag an ihm, das wusste er. Er musste beginnen. Verdammt, dachte er grimmig, das Essen war doch keine gute Idee gewesen.
Mit dem Weinkrug den anderen zuprostend, übernahm er selten schüchtern das Wort. „Man könnte fast meinen es wäre jemand gestorben“, versuchte er die Stimmung etwas zu heben, was nach hinten losging. Seine Mutter, welche Trauerkleidung trug und links neben ihm saß, tupfte sich mit der Serviette an den Mund und unterdrückte das Hüsteln damit.
Sein Bruder, der rechts neben ihm saß, sah beschämt zu Boden, als würde ihm dies so vor dem bevorstehenden Gespräch schütze. Joselyne, die neben Edward saß, war die einzige, neben Julius, der tapfer wie er war, zu ihm sah. Julius jedoch ließ keine Regung zu. Joselyne jedoch hatte Tränen in den Augen.
„Wer weiß“, begann seine Mutter. „vielleicht ist es ja bald soweit und es wird jemand von uns gehen.“ Sie schluckte, doch die erste Träne rann ihr über die weiße Wange.
Er wusste bei Gott nicht mehr, wann er seine Mutter das letzte Mal ehrlich weinen gesehen hatte. Normalerweise war es für sie undenkbar, solch niedere Gefühle zu zeigen. Doch trotz des Impulses, nach ihrer Hand zu greifen und sie so vor dem Schmerz zu bewahren, wehrte sich etwas in ihm dagegen. Mit Recht, denn schon im nächsten Moment war sie wieder die Alte.
„Eine Schande mich mit ihr an einen Tisch setzten zu müssen. Also, entweder es ist jemand tot, oder die Gerüchte stimmen.“
Mit ihr, war Joselyne gemeint, jeder wusste es. Doch John, der sich geschworen hatte, sie von nun an in Schutz zu nehmen, holte aus. „Mister Adams, wir wären dann soweit“, meinte er noch zum Chefservierer, ehe er Joselyne ein mitleidiges Lächeln schenkte. „Um nun auf die Frage meiner äußerst feinfühligen Mutter, die es wie immer versteht jeden noch so kleinen Nagel auf den Kopf zu treffen, zurückzukommen. Es gibt tatsächlich etwas sehr Wichtiges, das ich mit euch allen besprechen möchte.“
Das Schnauben seiner Mutter durchbrach die Stille, die er hat einkehren lassen, um sich die richtigen Worte zurechtzulegen.
„Die Plappermäuler dieser Burg sind skandalös. In Zeiten meines Vaters hätten sie allesamt ihre lasche Zunge verloren. Da die Gerüchte also stimmen“, meinte Anne unaufhaltsam. „Zerrst du uns alle an einen Tisch, um dein Gewissen zu erleichtern. Und ich nehme an, alles wegen ihr.“ Wieder ein Fingerzeig auf Joselyne, deren
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