Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Abzweigung nach Winchester ein. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Ist nicht das Gefühl, dass sie nicht mehr zu uns gehört … auch nicht, dass Bet die ganze Zeit über die Wahrheit gekannt hat …« Es war nicht einmal Jenny Granger, die Bud als so schlimm empfand – obwohl diese mit einer gezielten Mischung aus zynischem Charme und Entschlossenheit erklärt hatte, es sei nutzlos, ihr den Zugang zu Celias Unterlagen zu verwehren. Inzwischen seien die Informationen über die Schriftstellerin bereits Allgemeingut – und dass, wenn sie ihr, Jenny Granger, nicht erlaubten, die Biografie zu schreiben, es eben jemand anderer tun würde. Als Bud endlich die Frage beantwortete, war sie den Tränen nahe: »Es ist die Angst, dass der Mensch, den ich so sehr geliebt habe, vielleicht gar nicht existiert hat.«
Das klang übertrieben melodramatisch. Doch Bud fühlte sich deshalb so tief verletzt, weil sie Celia besonders nahegestanden hatte. Die Person, die alle für aufrichtig gehalten hatten, war gar nicht ehrlich gewesen, nicht einmal ihr gegenüber. Und jetzt war keine Gelegenheit mehr, sie nach dem Grund zu fragen. Genau das war der eigentliche Anlass für diesen Ausflug. Sie fuhren zu dem Ort zurück, wo der wirklich wichtige Teil der Geschichte der Großmutter begonnen hatte. Sie wollten den Ort aufsuchen, wo eine kleine, zweiköpfige Familie vor vielen Jahren und lange Zeit vor all den Lügen gestrandet war.
Die Küste, ihr Ziel, war in den Dokumentationen über den D-Day ausführlich beschrieben, über jenen Tag X der Landung der Alliierten in der Normandie. Nach diesem kurzen Augenblick des Ruhmes jedoch schien dieser Landstrich erneut in Vergessenheit geraten zu sein. Die einzigen verbliebenen Zeugen dieser erfolgreich durchgeführten Operation waren Wachtürme aus Beton, die sich noch immer wie eine Perlenkette an der Küstenlinie entlangreihten, sowie die abblätternden Schilder, die vor vergrabenen Minen warnten, und die übrig gebliebenen rostigen Stege. Sie wussten mittlerweile, dass Lady Falconbridge, die wahre Eigentümerin von Far Point, dort allein und ohne Dienstboten bis zu ihrem Tod im Jahr 1960 gelebt hatte. Was für einen schönen Namen das Anwesen doch habe, sagte Bud zu Guy. Für sie das Sinnbild einer Zeit, in der es noch Orte außerhalb der Reichweite von E-Mails und Handys gegeben habe – was heutzutage undenkbar sei.
»Sicher wohnt dort inzwischen wieder eine Familie«, fuhr Bud fort und stellte sich Lachen und laute Stimmen vor, die durch Haus und Garten hallten. Sie dachte an Badeausflüge und gruselige Spiele im Kiefernwald. In den Fotoalben hatten sich nur ein paar wenig aufschlussreiche Fotos von Far Point gefunden: neugierig machende Schnappschüsse – der dicke, massive Lindenstamm, vor dem Celia und Frederick für ihre Verlobungsfotos posiert hatten, und die weiße Hausfassade, vor der eine Frau mittleren Alters (sicher Lady Falconbridge) eine Flasche Champagner in die Kamera hielt.
Guy war anderer Meinung. »Ist doch ein großes Anwesen, oder? Wahrscheinlicher, dass jetzt ein Hotel daraus geworden ist.«
»Was auch immer. Wir werden schon reinkommen. Wir sagen, unsere Großmutter habe als Kind dort gewohnt.« Und sie fügte hastig hinzu: »Aber nicht, wer sie gewesen ist.«
Mittlerweile gingen sie vorsichtiger mit Celias Berühmtheit um, um die bekannten Reaktionen zu vermeiden. Auch wenn die Großmutter bald wieder in Vergessenheit geraten würde, vorerst war sie in der Öffentlichkeit als die »Achtzigjährige, die über Sex geschrieben hat« oder die »alte Schriftstellerin aus der Zeitung« weithin bekannt. Den nicht öffentlichen, geliebten Menschen jedoch kannte niemand.
Vor ihnen tat sich eine Postkartenlandschaft auf: Die Sonne spiegelte sich glitzernd in der bewegten See, in der am Horizont die längliche, dunkle Silhouette einer Insel zu sehen war, während die Küstenlinie sich zu ihrer Linken in vielen Buchten verlor. An diesem sonnigen Frühlingstag 2009 wimmelte es hier von fröhlichen Feriengästen anstatt von ernsten jungen Männern und Frauen im Dienst der Marine. Eine Perlenkette von Cafés, ein Campingplatz und sogar ein Eiswagen reihten sich aneinander. Dennoch war diese lebendige, heitere Szene seltsam enttäuschend. Guy und Bud sehnten sich plötzlich nach dem kargen, windumtosten Ort, den ihre Großmutter einst beschrieben hatte.
»Was meinst du? Sind Großmutter und Großvater je wieder hier gewesen?«, fragte Bud.
»Wozu
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