Fuer immer du
zu zwingen.
Ic h würgte das Frühstück herunter, ohne ein Wort mit meiner Mutter zu sprechen. Ich sagte auch nichts, als sie mir Geld für die Unterrichtsmaterialien über den Tisch schob. Und ich verabschiedete mich auch nicht von ihr, als es an der Tür klingelte. Das hätte sowieso nicht viel gebracht, da sie heute ihre neue Arbeit als Lehrerin auf der Marien-Schule antrat. Mit einem Schaudern stellte ich mir vor, wie es wäre, meine eigene Mutter in Biologie zu haben. Bei meinem Glück würde es genau so kommen. Unterrichtete man an einer Schule, in der gebetet wurde überhaupt Sexualkunde?
Ich schnappte mir die fast leere Schultasche, die ich an der Tür platziert hatte und stürmte heraus.
»Zieh nicht so ein Gesicht! Neues Schuljahr, neues Glück. Ab jetzt kann es nur noch besser werden.« Mel grinste breit, als ich die Tür extra schwungvoll hinter mir zukrachte.
»Und ich dachte, ihr zwei seid darüber hinaus, die gleichen Klamotten anzuziehen«, sagte ich mit einer Stimme, die vor Sarkasmus nur so troff , als mein Blick auf die Schuluniformen der Zwillinge fiel. Nur gut, dass die beiden jetzt wenigstens unterschiedliche Haarfarben hatten.
»Guten Morgen, Sky. Schön, dass du heute so gut drauf bist.«
Ich schnitt eine Grimasse und schwang mich auf mein Fahrrad. »Das liegt am Wetter und der Tatsache, dass ich Fahrrad fahren muss – am frühen Morgen, in einem Rock«, antwortete ich auf Jennys Kommentar.
Die Schule war früher ein Kloster gewesen und befand sich etwas außerhalb von Linden. Mit dem Fahrrad ungefähr zwanzig Minuten , was eigentlich nicht viel war, wenn sich der Komplex nicht auf einem Berg befinden würde, der schwerer zu erklimmen war, als der Mount Everest.
Ich trat kräftig in die Pedale und strengte mich an, nicht allzu weit hinter Mel und Jenny zurückzubleiben. Die beiden waren eindeutig fitter als ich. Für mich hatte es in den letzten Jahren nur zwei Arten von Sport gegeben: Schulsport und Reiten. Obwohl ich das Reiten seit Monaten sträflich vernachlässigt hatte.
Zuerst kamen die Spitzen Türme der Kirche in Sicht, die zum ehemaligen Kloster dazugehörte , und nach ein paar Metern dann endlich die schmutzig graue Mauer, die das Klostergelände umgab. Ich folgte Jenny und Mel durch den Torbogen, der in den großen Innenhof führte. Ich kannte die Gebäude noch von einer Besichtigung mit meiner damaligen Schulklasse und trotzdem stockte mir der Atem, als ich vor der gotischen Kirche stand. Die Mädels ließen mir aber nicht lange Zeit, um das wundervolle Buntglasfenster zu bewundern, das sich direkt über der Pforte erhob und einen Engel mit weißen Flügeln zeigte.
»Zum Sekretariat geht es dort entlang.« Mel zeigte auf das rechte Gebäude von drei in U-Form stehenden recht schmucklos wirkenden Häusern. »Dort musst du als erstes hin. Links ist das Internat und rechts die Klassenzimmer.« Das war das größte Gebäude. Aber eigentlich war ein Unterschied kaum auszumachen. Graue, dunkle Wände, weiße Fenster, schwarze Spitzdächer. Der Innenhof war zum großen Teil mit Kopfsteinpflaster ausgelegt, nur vor dem Internatsgebäude gab es eine Wiese mit ein paar Bäumen und Bänken. Die meisten Schülerinnen standen dort in mehreren Gruppen. Es waren bis dorthin nur ein paar Meter Luftlinie, aber für mich sahen sie in ihren Uniformen alle gleich aus. Wie eine Armee aus roten und grünen Schottenkaros, weißen Blusen und hin und wieder einer roten Strickjacke. Das einzige, was diese Einheit, die sie bildeten, durchbrach, waren ihre schnatternden Stimmen.
Ich folgte meinen Freundinnen in das rechte Gebäude.
Die Sekretärin, eine ältere, rundliche Dame mit lockig grauem Haar, gab mir ein Formular, in das ich mich eintragen sollte und einen Termin für die zweite Stunde bei der Direktorin.
»Keine Liste mit Materialien, die wir noch brauchen?«, fragte ich, als wir das kleine Büro wieder verlassen hatten.
»Die bekommen wir im Laufe des Tages von den verschiedenen Lehrern«, meinte Mel und strich ihre Bluse glatt.
»Und dann heißt es heute Nachmittag Shoppen.« Jenny zwinkerte. »Du, wir, der Bus und München.«
Ich hatte Glück vor der ersten Stunde. Die Zeit war knapp, als wir das Klassenzimmer betraten, klingelte es auch schon. Ich erntete ein paar misstrauische Blicke meiner neuen Mitschülerinnen, aber das war es auch schon. Die Tatsache, dass es ein neues Schuljahr war und ich nicht die einzige Neue zu sein schien, ersparte es mir, mich vor der Klasse
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