Fuer immer du
es ging. Das Foto, das mit einer Büroklammer am Blatt festgemacht war, demonstrierte gut, warum die Dietrich auf gebrochene Regeln zu sprechen kam.
»Du hast Talent.«
Ich schluckte noch heftiger. Hatte ich mich verhört?
»Aber, in dieser Schule wirst du keine Graffitis an Wände sprayen. Trotzdem kannst du dein Talent unter Beweis stellen. Ich möchte, dass du meinen Kurs besuchst. Der findet Montag in der dritten Stunde und Mittwochnachmittag nach dem normalen Unterricht statt.« Sie notierte etwas auf einen Zettel, dann schielte sie zu mir hoch. »Auf deinem Stundenplan findest du den Kurs unter Soziale Integration. Heute entfällt er natürlich«, murmelte sie und schrieb weiter. »Heute finden nur die Vorgespräche statt.«
»Das geht nicht«, protestierte ich , ohne darüber nachzudenken. »Ich muss doch die Arbeitsstunden ableisten.« Ich hatte wenig Lust mehr Zeit in dieser Schuluniform zu verbringen, als nötig.
»Ich bin darüber informiert. Keine Sorge. Du hast noch wie viele Stunden offen?«
»Fünfunddreißig.« Schweißperlen traten auf meine Stirn, als ich das bittere Lächeln im Gesicht der Direktorin sah, die ihrem Ruf alle Ehre machte. Ihr gutes Aussehen mochte darüber hinwegtäuschen, aber diese Frau war Furcht einflößend. Da war etwas an ihr, was mir eine Gänsehaut einjagte. Der erste Eindruck, den ich von ihr hatte, war längst vergessen.
»Das ist nicht mehr vie l. Soweit ich informiert bin, machst du die Stunden an den Wochenenden?«
Da war sie richtig informiert. In Wiesbaden hatte ich in einem Altersheim ausgeholfen. Hier würde es eine Küche für Bedürftige in München sein.
»Dann sind wir uns einig. Unterricht bei mir, jeden Montag und Mittwoch. Für Mittwoch bitte ich dich, Zeichenutensilien mitzubringen. Wir beginnen den Kurs mit etwas Kreativität«, sagte Frau Dietrich und setzte ein Lächeln auf, das einen Hai hätte verjagen können.
Mir war danach mit den Augen zu rollen, stattdessen nickte i ch. Vielleicht würde ich aus dieser Sache wieder herauskommen, wenn sie sah, was ich mit Kreuzen und Engeln anstellte. Ich könnte ihr meine Interpretation von Adrians Tattoo zeigen, sobald ich sie fertig hatte. In einer Schule, in der jeden Tag gebetet wurde, könnten manche meiner Bilder vielleicht schockieren.
»Dann darfst du jetzt wieder am Unterricht teilnehmen.«
Erleichtert erhob ich mich und ignorierte das köstlich aussehende Wasser, das sie mir hingestellt hatte. Mein Mund fühlte sich zwar ganz trocken und pelzig an, aber ich wollte auf keinen Fall, dass sie merkte, wie anstrengend dieses Gespräch für mich gewesen war.
Ich war schon fast an der Tür, als die schaurige Stimme der Dietrich hinter mir ertönte. »Und Skyler, ich hätte gerne einen Aufsatz über diese Nacht.«
Ich nickte, ohne mich umzudrehen, brannte aber innerlich vor Wut. Mit dieser Nacht meinte sie, die Nacht in der ich die Schule in Wiesbaden neu gestaltet hatte.
»Das hat sie wirklich von dir verlangt?« Mel schnaubte fassungslos. »Ich habe dir ja gesagt, sie ist eine Furie.«
Mel, Jenny und ich schlenderten gemütlich durch das Stadtzentrum von München. Sie horchten mich gerade nach meiner ersten Begegnung mit der Direktorin aus.
»Wir könnten da drüben ein Eis essen. Was meint ihr?«, schlug Jenny vor. Sie hatte sich in einem der Drogeriemärkte, die wir heute besucht hatten, eine lila Kunsthaarsträhne gekauft und sie gleich in ihrem Haar befestigt. Die sollte unseren Zusammenhalt demonstrieren, hatte sie gemeint. »Ich brauch eine Pause.«
Die hatten wir wohl alle nötig, nachdem wir uns fast zwei Stunden eine Schlacht um die letzten Schulmaterialien geliefert hatten. Halb München war in den Schreibwarenläden unterwegs, um seine Schullisten abzuarbeiten. Etwas, was mich maßlos aufregte, denn scheinbar war es in der Gegend so, dass alle am ersten Schultag erfuhren, was sie benötigen würden. Was für ein Chaos! An meiner alten Schule bekamen wir mit dem Zeugnis unsere Listen und hatten den ganzen Sommer Zeit, die Dinge darauf zu besorgen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Lehrer in Bayern nicht wussten, was sie im folgenden Schuljahr brauchten.
»Gute Idee«, sagte Mel und hielt auf einen der Tische zu, die vor dem Eiscafé standen. Wir verstauten unsere Einkäufe unter dem Tisch und bestellten alle drei eine Eisschokolade mit viel Sahne. Noch ein Punkt, in dem wir uns nicht geändert hatten. Jenny zupfte nervös an ihrem kurzen Rock herum, weil dieser im Sitzen zu
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