Für immer, Emily (German Edition)
schnüffelte nur an seinen Beinen herum und hob die Pfote. Niclas beugte sich zu ihm hinunter und streichelte ihn. „Na du? Braver Ben, brav.“
Dann richtete er sich auf und Emily konnte sein Gesicht sehen. Er sah müde und erschöpft aus, dass ihr Herz sich schmerzlich zusammenzog. Seine Haare waren verwuschelt und er hatte Schatten unter den Augen. Sein Blick suchte ihren. „Emily. Hey.“
„Hey.“ Ihr Blick versank in seinem, dann lief sie einfach los und ließ sich mit einem trockenen Schluchzen in seine Arme fallen. Er zog sie eng an sich. „Schhh, ist ja gut, ist ja gut. Ich bin ja hier.“ Emily drückte ihr Gesicht an seine Schulter und nickte. Sie roch den Duft seiner Lederjacke und seines Duschgels. Es roch nach Niclas, nach Geborgenheit, Zärtlichkeit, nach Schmerz und Einsamkeit.
„Warum bist du gekommen, Niclas?“ Ihre Stimme war kaum zu verstehen.
Niclas zögerte einen Moment mit der Antwort. „Das weißt du doch.“ Er umfasste ihr Gesicht und hob es unendlich vorsichtig an. „Du weißt, warum ich hier bin. Ich weiß, das ist alles sehr verwirrend für dich, aber glaub mir, für mich auch.“ Er senkte den Kopf, und Emilys Herz klopfte bis zum Hals. Sie strich ihm sanft mit beiden Händen durch die Haare. „Dann nimm dir doch einfach die Zeit, die du brauchst, bis es vielleicht nicht mehr so verwirrend ist“, flüsterte sie.
„Wäre das okay für dich?“
Sie nickte. „Das wäre okay, ja. Ach, Niclas.“
Er zog sie wieder an sich. „Komm, du musst ins Haus, du holst dir noch den Tod hier draußen. Sag mal, du hast ja nicht mal Schuhe an. Jetzt aber schnell.“ Und bevor sie etwas sagen konnte, hatte er sie hochgehoben und ins Haus getragen. Oben in ihrem Zimmer setzte er sie vorsichtig auf dem Bett ab und zeigte auf ihre Strümpfe. „Die solltest du vielleicht ausziehen, bevor du dich hinlegst.“
Emily besah sich ihre Füße und schaute Niclas dann verlegen an, der lachen musste.
„Oh, ziemlich schmutzig.“ Sie zog die Strümpfe aus und kuschelte sich unter die Decke. Niclas setzte sich neben sie auf die Bettkante und strich ihr sanft mit einem Finger über die Stirn. „Du siehst müde aus. Schlaf jetzt. Ich bleibe hier. Dann werden die Schatten sicher nicht mehr zurückkommen.“
„Und du? Du siehst genauso müde aus. Du kannst doch nicht schon wieder auf dem Boden schlafen.“ Sie klang so bekümmert, dass er lächeln musste.
„Mach dir nur keine Sorgen um mich. Ich setze mich da drüben in den Sessel, wenn du schläfst.“
Sie sah ihn etwas unsicher an. „Du kannst dich auch zu mir legen, das Bett ist doch breit genug. Wir werden uns schon nicht in die Quere kommen, was meinst du?“
Niclas zögerte kurz, doch dann nickte er. „Okay. Dann rutsch mal.“
Er lächelte ihr zu, doch Emily sah in seinen Augen, dass er genauso unsicher war wie sie. Sie rutschte zur Seite. Er zog die Jacke aus und legte sich ganz vorsichtig neben sie. „Denkst du, dein Onkel erschießt mich, falls er das hier zufällig mitbekommt?“
Emily lächelte. „Nein, keine Angst, er ist ja nicht wie mein Dad. Bei dem wäre ich mir nicht so sicher.“
„Na, da bin ich ja beruhigt.“ Er drehte sich zu ihr um und strich ihr sanft durch die Haare. „Schlaf schön. Ich pass auf dich auf. Keine Schatten mehr heute Nacht.“
„Okay. Keine Schatten. Danke. Danke, dass du da bist. Gute Nacht, Nic.“
Keine fünf Minuten später war Emily tief und fest eingeschlafen, denn sie wusste, in dieser Nacht konnte ihr nichts passieren. Niclas dagegen lag noch lange wach und betrachtete sie. Sie sah friedlich und hübsch aus. Sie hatte gesagt, er solle sich die Zeit nehmen, die er brauchen würde, um mit allem besser klarzukommen. Aber brauchte er diese Zeit überhaupt noch? Er wusste doch schon längst, was er für sie empfand. Er wusste es und konnte es dennoch nicht aussprechen oder zugeben. Aber bald ... bald.
K apitel 25
Am nächsten Morgen erwachte Emily früh. Es war noch dämmrig im Zimmer. Sie blinzelte und fuhr sich mit einer Hand über die Augen. Dabei fiel ihr Blick auf Niclas, und eine heiße Woge von Zärtlichkeit für ihn stieg in ihr auf. Er schlief noch fest. Sie blieb ganz still liegen, um ihn nicht zu wecken. Er hatte so müde ausgesehen gestern, und doch war er ohne zu zögern zu ihr gekommen, nur wegen ihres Albtraumes.
‚ Warum bist du gekommen, Niclas?‘
‚ Das weißt
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