Für immer, Emily (German Edition)
ziemlich lange wach, aber dann ging‘s. Und du? Hast du wieder geträumt? Wie geht‘s deiner Hand?“
„Meiner Hand geht’s ganz gut. Tut zwar noch weh, ist aber auszuhalten. Und, nein, du hattest Recht, keine Schatten mehr. Danke, dass du da warst.“
Niclas strich sich durch die Haare. „Das hab ich doch gerne getan. Ich hab dir doch gesagt, ich bin für dich da.“ Sie schwiegen eine Weile. „Als du unten warst, den Kaffee holen, hast du da deine Tante gesehen? Oder Mara?“, fragte er.
Emily nickte. „Ja. Ich hab ihnen gesagt, dass du hier geschlafen hast.“
„Oh. Und? Sie waren sicher nicht sehr erfreut, oder? Zumindest Mara nicht.“
Sie legte den Kopf schief. „Hm, doch, eigentlich schon. Ich war auch erstaunt, aber sie fand es süß von dir, und sagte, du wärest vielleicht mein Prinz.“
Niclas verschluckte sich fast an seinem Kaffee und sah sie ungläubig an. „Das hat Mara gesagt? Sie findet etwas, was ich tue, süß? Bist du sicher, dass die sie heute Nacht nicht ausgetauscht haben?“
Emily grinste. „Du meinst die kleinen grünen Männchen? Hm, na ja, könnte schon sein, aber nein, ich glaub eher, sie war es selbst. Und, ja, sie fand es süß. Unglaublich, oder?“
„Da sagst du was. Ich bin echt schockiert.“
„Ja, ich auch.“
Sie sahen sich an und mussten beide lachen. Niclas stellte die Tasse weg und lehnte sich zurück. Sein Blick hing an Emilys Gesicht. „Es gibt so vieles, was ich noch nicht über dich weiß. Ich weiß zum Beispiel, dass du Tiere sehr liebst, besonders Hunde, stimmt‘s, Ben?“ Er zupfte dem Retriever spielerisch am Ohr. Ben brummte. „Du isst gerne Pizza und Nudeln und magst keinen Fisch. Ich weiß, dass du für Schokolade sterben würdest und am liebsten Pastellfarben magst. Du schreibst gerne Geschichten, liest gerne und magst keine Sommerhitze. Stattdessen stehst du auf den Herbst und den Frühling. Ich kenne einige deiner Lieblingsautoren, weiß, dass du dir bei Horrorfilmen meistens die Augen zuhältst, weil du schreckliche Angst hast, und auf schmalzige Liebeskomödien stehst.“
Emily warf ihm einen beleidigten Blick zu.
„Ähm, ich meine natürlich romantische Liebeskomödien“, setzte er grinsend hinzu.
Sie nickte. „Genau, das ist ein großer Unterschied. Nun, da weißt du doch schon so einiges über mich. Was willst du noch wissen? Du kannst mich ruhig fragen.“ Ihre Augen ruhten auf ihm.
Er sah den leicht unsicheren Ausdruck darin und wusste, sie würde ihm alles beantworten, bis auf das Eine. „Okay. Lass mal überlegen. Hast du einen zweiten Vornamen?“
Emily nickte lächelnd. „Ja, hab ich. Ich heiße mit zweitem Vornamen Rose. Wie Rose auf der Titanic.“
„Emily Rose. Das klingt schön. Leider heiße ich nicht Jack.“ Niclas zog bedauernd die Schultern hoch.
Emily lachte. „So heißt mein Dad. Und ein Jack genügt, glaub mir.“ Sie sah Niclas neugierig an. „Und du? Hast du auch einen zweiten Vornamen?“
Niclas zwirbelte immer noch an Bens Ohr herum, der geduldig still hielt. „Ja, ich heiße Jonathan. Keine Ahnung, wer auf die bescheuerte Idee kam.“
„Oh, das ist doch nicht bescheuert. Ich finde den Namen sehr schön. Rose und Jonathan. Das klingt wie aus einem alten Film. Oder nach einem Liebespaar aus einer anderen, längst vergangenen Zeit.“
Niclas betrachtete sie. Süße, romantische Emily. „Du hast Recht, das klingt sehr schön. Nach einer großen, besonderen Liebe in den Wirren des Bürgerkrieges.“
Emily sah ihn begeistert an. „Ja, genau. Gott, dazu würden mir so viele Dinge einfallen.“
Und so schmiedeten sie in der nächsten halben Stunde eine romantische, herzzerreißende Geschichte um die große Liebe zwischen dem Mädchen Rose aus Atlanta und dem jungen Soldaten Jonathan. Sie erweckten die beiden zum Leben und lachten und litten mit ihnen. Niclas war selbst überrascht, aber er hatte schon ewig nicht mehr soviel Spaß gehabt. Es war, als würde er mit Emily in eine Welt abtauchen, zu der nur sie beide Zutritt hatten. Und er fand es wunderschön.
„Weißt du was? Diese Geschichte schreibe ich auf. Das wird die beste Geschichte, die ich jemals geschrieben habe.“ Emilys Augen leuchteten und ihre sonst blassen Wangen hatten sich gerötet.
Niclas sah sie an und sah das Mädchen aus lange vergangener Zeit, das nichts auf der Welt mehr liebte als den jungen Soldaten Jonathan, das für ihn alles aufgab und mit ihm gegen alle Widerstände kämpfte. Er senkte den Kopf. Kämpfte er genug
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