Für immer, Emily (German Edition)
falsches Wort die Wunden wieder aufreißen würde.
Sie nickte. Er sah Scham in ihren Augen, die er schon öfter bei ihr wahrgenommen hatte, und sein Herz presste sich vor Schmerz zusammen. Er zog sie näher an sich und küsste zärtlich ihr süßes Gesicht. „Emily, ganz egal, was dir passiert ist, es spielt keine Rolle für mich, verstehst du? Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr.“
Sie nickte wieder. „Ich liebe dich auch.“ Sie sah in sein Gesicht, und alles, was sie sah, war Liebe und Sorge. Sie wusste, er würde ihr alle Zeit der Welt lassen. Für alles. Und dafür liebte sie ihn unendlich. Und doch hatte sie das Gefühl, ihm erklären zu müssen, was mit ihr los war. Sie schob ihre Hand in seine und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Heute Nacht habe ich wieder geträumt. Von den Schatten, du weißt schon.“
„Ja, ich weiß. Bist du wieder aufgewacht deswegen? Warum hast du mich nicht geweckt? Ich möchte doch für dich da sein.“
„Nein, ich bin nicht aufgewacht. Und du warst da für mich, Niclas. In dem Traum, da waren wie üblich die Schatten, weißt du. Ich bin vor ihnen weggelaufen, und dann war da plötzlich eine andere Gestalt. Sie trat hervor, und in ihrem Inneren leuchtete ein Licht. Es war warm und kraftvoll, und ich hatte auf einmal keine Angst mehr. Dann war die Gestalt in ein gleißend helles Licht getaucht und stellte sich zwischen mich und die Schatten. Sie war wunderschön, wie ein Engel. Das warst du, Niclas. Du bist dieser Engel für mich. Die Schatten wollten an dir vorbei, aber sie schafften es nicht. Schließlich gaben sie auf und verschwanden. Du hast mir gesagt, dass du von nun an immer bei mir bleiben und mich beschützen wirst. Ich wusste plötzlich, ich habe viel mehr Kraft, als ich dachte. Weil du da bist und mir diese Kraft gibst.“
Niclas hatte ihr aufmerksam zugehört. „Wow, Emily, das ist ein schöner, aber gleichzeitig auch ein beängstigender Traum gewesen, was? Aber genau so wird es sein, ich werde tun was ich kann, um dir zu helfen mit all dem klar zu kommen.“ Er streichelte sanft ihre Hand.
Sie lächelte ihm kurz zu. „Es ist letztes Jahr im August passiert. Diese Sache ... ja.“
Niclas schwieg und lauschte ihren Worten. Er wusste, es fiel ihr unsagbar schwer, darüber zu reden, vermutlich gerade mit ihm, aber aus irgendeinem Grund schien es ihr wirklich wichtig zu sein, es ihm zu erzählen. Fast konnte er sich diesen Grund schon denken, aber er wusste nicht, wie er es ansprechen sollte. Also zog er sie näher an sich und küsste sie zärtlich auf die Schläfe. Sie sah ihn unsicher an. Er konnte sehen, wie weh es ihr tat, darüber zu sprechen, und vermutlich auch nur daran zu denken. Dennoch versuchte sie ein Lächeln, was allerdings nicht wirklich gelang, denn ihre Lippen zitterten, während ihre Augen sich mit Tränen füllten. Ihre Stimme war sehr leise, als sie stockend fortfuhr: „Ich war an diesem Abend auf eine Party bei einer Klassenkameradin eingeladen. Eigentlich hatte ich gar keine große Lust hinzugehen, aber dann bin ich schließlich doch gegangen. Ich wollte nicht immer nur der Bücherwurm sein, der zu Hause sitzt. Meine Eltern waren an diesem Abend auch eingeladen. Der Chef von meinem Dad feierte seinen sechzigsten Geburtstag, und es war wichtig, dass mein Vater sich da blicken ließ. Und ich ... ich war also auf dieser Party, und Connor hatte versprochen, mich abzuholen.“ Sie schwieg.
Niclas blickte voller Sorge in ihr hübsches Gesicht, in dem der Schmerz dieser Nacht jetzt ganz deutlich zu erkennen war. Ihre Augen schienen das Grauen wieder vor sich zu sehen, denn der Ausdruck darin war voller Angst und Panik.
„Emily. Schatz, ganz ruhig. Okay. Komm, du musst nicht weiterreden, wenn du nicht willst. Hörst du? Du musst das nicht tun.“ Er zog sie an sich und küsste ihre Stirn. Er hatte schreckliche Angst, dass dieses Gespräch Emily überfordern würde. Und wenn er ehrlich war, hatte er selbst auch Angst davor, denn die Vorstellung, was ihr passiert war, brachte ihn fast um den Verstand. Noch niemals hatte er solche Gefühle verspürt wie in diesen Minuten, in denen Emily bereit war, ihr Innerstes in seine Hände zu legen. Er liebte sie mehr, als er in Worte fassen konnte. Alles, was er wollte, war, sie glücklich zu sehen. Und die Vorstellung, dass es irgendwo auf dieser Welt jemanden gab, der ihr entsetzlich wehgetan hatte, machte ihn wahnsinnig. Er wünschte sich, er könnte diese Nacht rückgängig machen, er
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