Für immer, Emily (German Edition)
haben sie mich an den Haaren in die kleine Grünanlage neben der Straße gezerrt. Sie haben nach mir getreten und mit Fäusten auf mich eingeschlagen. Ich dachte, sie bringen mich um. Und dann ... dann ... es hat so wehgetan. Warum haben sie mir das angetan, Niclas? Warum nur?“ Sie brach schluchzend ab. Niclas fühlte die Angst und die Panik, die sie umklammert hielten, und niemals in seinem ganzen Leben hatte er sich hilfloser gefühlt als jetzt. Ihm war klar, alles, was er jetzt sagen könnte, würde ihren Schmerz nicht lindern. Also schwieg er und biss die Zähne zusammen, während er sie fest hielt und dabei am liebsten vor Zorn um sich geschlagen hätte. Allein die Vorstellung von all dem raubte ihm fast den Verstand. Seine wunderhübsche, zarte, sanfte Emily. Wenn er darüber nachdachte, wie diese groben, verschwitzen Hände nach ihr gegriffen hatten, wie nach Alkohol stinkende Körper sich an ihren gedrückt und brutale Fäuste danach auf sie eingeschlagen hatten, wurde ihm so speiübel, dass er kaum noch klar denken konnte. Und ein Gefühl, das er bis dahin nicht gekannt hatte, stieg mit unkontrollierbarer Macht in ihm hoch - Hass. Hass auf die, die ihr das angetan hatten. Und er wünschte sich in diesen Minuten nur eines, diese Kerle in die Finger zu kriegen und ihre verdammten, dämlichen Visagen zu Brei zu schlagen.
Irgendwann flüsterte Emily mit tränenerstickter Stimme: „Weißt du, als sie dann weg waren, ich war benommen und alles hat mir wehgetan, aber das war nicht mal das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass ich mich so geschämt habe. Ich wollte nur noch heim. Ich hab versucht, aufzustehen und meine Kleider zu richten, damit keiner was merkt, aber das ging nicht. Ich hatte solche Angst, dass jemand kommt und mich so sieht. Ich wollte doch nicht, dass meine Eltern und Connor mich so sehen. Oder überhaupt irgendjemand. Dann kam ein älterer Mann mit seinem Hund, und ich sah das Entsetzen auf seinem Gesicht und das Mitleid in seinen Augen, da hab ich mir gewünscht, ich wäre tot.“
Niclas drückte Emilys Kopf an seine Schulter und schluckte die Tränen hinunter. Sie klammerte sich fest an ihn. „Sie haben mich ins Krankenhaus gebracht. Dort war eine Ärztin, die mich untersucht hat. Ich wollte nicht, dass sie mich anfasst und mich so sieht, aber ich konnte nichts dagegen machen. Dann ist noch eine Polizistin gekommen, und ich sollte alles beantworten, aber ich wusste gar nichts mehr. Ich wollte nur weg sein. Sie hat sich trotzdem alles Mögliche aufgeschrieben, und ich dachte nur an Ben. Ich hab mir sein Gesicht und sein weiches Fell vorgestellt, dann ging es irgendwie. Dann sind meine Eltern gekommen. Meine Mom hat schrecklich geweint. Mein Vater hat gar nichts gesagt, kein einziges Wort. Danach kam Connor, und mein Dad hat ihn geschlagen. Er hat ihn geschlagen, Niclas. Nie im Leben hatte mein Vater uns geschlagen.“ Sie weinte jetzt wieder so sehr, dass ihr ganzer Körper bebte. Niclas hielt sie so fest, wie es nur ging. Er konnte nicht mal annähernd in Worte fassen, was er in diesen Minuten fühlte. Er hatte sich noch niemals in seinem ganzen Leben so elend gefühlt, aber auch noch nie soviel Liebe für einen Menschen empfunden, wie er in diesen Minuten für Emily empfand.
„Connor war völlig außer sich. Er hat versucht, sich zu entschuldigen, dann hat er auch geweint. Er hat mir schrecklich leid getan Ich wusste doch, er wollte das nicht, aber ich konnte gar nicht mehr denken. Alles war wie hinter einer Nebelwand verschwunden. Irgendwann kam die Ärztin und hat alle rausgeschickt. Sie hat mir eine Spritze gegeben und dann weiß ich nichts mehr.“
Niclas strich ihr sanft über das tränennasse Gesicht. „Schhhh, beruhige dich, Kleines. Atme ganz ruhig, okay. Ich bin hier bei dir, ich lass dich nicht los, hörst du?“
Sie nickte und sprach leise weiter: „Ich musste eine Weile im Krankenhaus bleiben, ich hatte ein paar Platzwunden, ziemlich schlimme Prellungen und zwei Rippen waren gebrochen, das ist alles einigermaßen schnell verheilt. Das andere aber nicht. Ich habe versucht, in mein altes Leben zurückzukehren, ich hab es wirklich versucht. Aber es ging nicht, denn irgendwie war ich innerlich wie tot. Und das hat sich erst mit dir wieder geändert. Ach, Nic, ich brauche dich. Und ich liebe dich, aber ich weiß nicht, ob ich gut für dich bin, und ob du jemals mit mir glücklich werden kannst.“ Ihre Stimme klang tränenerstickt und verzweifelt. Es tat ihm weh, sie so zu
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