Für immer, Emily (German Edition)
bespreche, gehört definitiv nicht dazu.“ Sie schob ihren Teller zurück und sagte zu Mara, die schon zu einer Rede ansetzen wollte: „Ich gehe kurz an die frische Luft. Bis nachher. Und ich weiß schon, was du sagen willst, Niclas ist ein Idiot und ich soll mich von ihm fernhalten. Schon klar.“ Sie stand auf und zog ihre Jacke über, wobei sie Jeff noch einen wütenden Blick zuwarf. Mara sagte, er schwärmte für sie. Vielleicht wollte er damit nur ihre Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem er Niclas schlecht dastehen ließ, aber darauf konnte sie verzichten. Sie schnappte ihren Teller, stellte ihn in den für Schmutzgeschirr vorgesehenen Container, und lief nach draußen.
Wieso verteidigte sie Niclas? Wieso war sie nicht so sauer auf ihn, wie sie hätte sein sollen, und wieso störte es sie, wenn jemand wie Jeffrey, der doch eigentlich nett und sympathisch war, sich über ihn aufregte? Sie lief über den Hof und ließ sich auf ihre Lieblingsbank fallen, die heute zum Glück frei war, denn es war kühl und ein frischer Wind wehte, der den nahenden Herbst ankündigte.
Sie beugte sich vor und verbarg das Gesicht in den Händen. Irgendwie wurde ihr das alles zu viel. Sie schlief fast keine Nacht durch, und immer noch wurde sie von den schrecklichsten Albträumen heimgesucht. Sie vermisste ihre Familie, besonders ihre Mom. Ihre Ängste wurden nicht besser, und sie fühlte sich immer noch unwohl in Gesellschaft von Menschen, insbesondere von Männern. Außer in Gesellschaft von einem, doch der schien wiederum absolut keinen Wert auf ihre Gesellschaft zu legen. Sie hob den Kopf und strich sich über die Stirn. In dem Moment bog Niclas um die Ecke, sah sie und blieb zögernd stehen. Dann jedoch kam er auf sie zu und fragte: „Darf ich?“
Sie sah ihn an und nickte. „Sicher.“
„Danke.“ Er setzte sich neben sie, und sie fühlte seinen Blick auf sich ruhen, während ihr Herzschlag sich unwillkürlich beschleunigte. Dann beugte er sich vor. „Geht‘s dir gut?“, fragte er.
Sie biss sich auf die Lippen und sah ihn unsicher an. In seinen Augen war allerdings kein Spott oder Hohn zu sehen, sondern er lächelte ziemlich zerknirscht, und auch Emily musste jetzt lächeln. „Mutierst du nun zum Mister Oberschlau und fragst Dinge, die dich nichts angehen?“
Er verzog das Gesicht und murmelte: „Scheint so. Emily, ich ... nun, ich finde es wirklich sehr nett von dir, dass du mich gefragt hast, wie es mir geht. Das bin ich, ehrlich gesagt, nicht gewohnt von den Mädchen hier. Und, nun ja, ich bin nicht besonders gut darin, von mir zu erzählen, weißt du. Aber trotzdem, danke. Nochmal, es tut mir sehr leid, wegen vorhin. Friede?“ Er lächelte wieder dieses zerknirschte Lausbubenlächeln. Emilys Herz machte einen Satz. Er hielt ihr seine Hand hin. Sie zögerte kurz, dann jedoch legte sie ihre langsam hinein. Seine warmen Finger schlossen sich fest um ihre und sie schluckte heftig. Das fühlte sich gut an. Es war, als würde Niclas mit dieser Geste ein wenig von dem Schmerz, der ihre Seele umklammert hielt, einfach fortwischen.
„Friede.“ Ihre Stimme zitterte, genauso wie ihre Finger in Niclas‘ Hand.
Er musterte sie forschend, und es schien, als wolle er ihr noch etwas sagen, doch dann ließ er fast hastig ihre Hand los und murmelte: „Gut, super. Ach, übrigens, wir müssten noch einige Dinge aus der Bibliothek zusammensuchen und auch einiges kopieren. Ich habe Dr. Smith gefragt. Er meinte, er würde dem Hausmeister Bescheid sagen, damit wir das eventuell heute Abend erledigen könnten. Wäre dir das recht?“
Emily nickte. „Ja, sicher. Das können wir machen.“
„Gut, dann sag ich Dr. Smith Bescheid, der Hausmeister lässt dann für uns offen.“
„Ja, mach das.“ Sie strich sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr.
Niclas stand auf. „Okay, dann geh ich mal. Bis nachher dann.“
Sie schaute ihm nach, als er über den Schulhof ging, und strich sich dann ganz vorsichtig mit der linken Hand über die Finger an ihrer rechten. Fast meinte sie, noch Niclas‘ Wärme dort zu fühlen. Sie starrte noch einen Moment lang auf ihre Hand, schüttelte dann jedoch heftig den Kopf. „Hör auf zu spinnen, was soll denn das? Man könnte meinen, du hättest noch nie jemandem die Hand gegeben“, murmelte sie vor sich hin.
Sie hob den Kopf und sah Viola Meyers, die neben Niclas aufgetaucht war, und nun vor ihm stand und auf ihn einredete. Ihre langen blonden Haare reichten fast bis zu ihrem Po. Sie war
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