Für immer, Emily (German Edition)
sich den Nacken, der ganz verspannt war. Dann legte sie die erste Seite in das Gerät und schaltete es ein, um sie zu kopieren. Sie wartete und legte dann die nächste Seite ein. Irgendetwas knackte in dem Raum. Sie sah sich unbehaglich um. Das Licht flackerte manchmal, und es war eigenartig hier, so ganz alleine. Sonst war es nie so still, auch nicht während des Unterrichts, wenn sich alle Schüler in ihren Klassenräumen befanden. Aber nun schien es, als sei sie ganz alleine in dem großen Gebäude. Nun ja, das war sie ja auch fast. Außer ihr war nur noch Niclas hier, und der saß am anderen Ende des Flures. Mr. Montez war in seiner Hausmeisterwohnung, sie würden ihm erst Bescheid sagen, wenn sie fertig waren. Er würde dann kommen, um abzuschließen.
Emily legte eilig die nächste Seite ein und schließlich hatte sie es fast geschafft.
„Noch drei Seiten, dann ab nach Hause“, murmelte sie, schloss den Deckel des Kopiergerätes – und in diesem Moment verlosch das Licht. Ihr Herzschlag setzte aus vor Schreck. Sie sah sich erschrocken um. „Was ist denn jetzt los?“
Das Kopiergerät ratterte und dann war es ruhig. Emily stand ganz still und lauschte in die Dunkelheit. Der Raum hatte nur ein winzig kleines Fenster und es war nun wirklich fast stockfinster hier drinnen. Wo war der Lichtschalter? Direkt neben der Tür, sie musste ihn anknipsen. Sie tastete sich langsam an den Schränken entlang, die an der Wand standen, und erreichte schließlich die Tür, unter der ein schwacher Lichtschein zu sehen war, der draußen vom Flur kam. Sie tastete mit einer Hand nach dem Türgriff und mit der anderen nach dem Lichtschalter. Schließlich fand sie den Griff, drückte ihn nach unten und zog an der Tür. Nichts! Die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie zog wieder daran, dieses Mal heftiger, aber nichts, die Tür blieb verschlossen. „Das gibt’s doch nicht.“
Sie fühlte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte, und tastete hektisch nach dem Lichtschalter. Da, da war er. Sie drückte darauf und auch hier tat sich – nichts. Emily schnappte entsetzt nach Luft und rüttelte wieder an dem Türgriff. Das konnte doch nicht sein, wieso ging diese verdammte Tür nicht auf? Und wieso ging das Licht nicht an? „Oh nein, bitte nicht. Bitte nicht. Geh auf, los, mach schon, geh auf!“ Sie rüttelte und zog jetzt fast panisch an dem Griff, doch die Tür bewegte sich keinen Millimeter. „Nein, nein, bitte!“
Emily fühlte, wie eiskalte Panik in ihr hoch kroch. Seit dieser Nacht fürchtete sie sich vor der Dunkelheit, und nun saß sie hier in einer fast menschenleeren Schule in einem stockdunklen Kopierraum und bekam die Tür nicht auf. Sie saß in der Falle! Ihr Herz raste jetzt wie wahnsinnig und ihr Atem begann zu rasseln. Seit dem Vorfall hatte sie öfter Probleme mit der Atmung, wenn sie sich fürchtete oder sich sehr aufregte. Da! Was war das? Da war doch ein Geräusch! Sie fuhr herum und starrte voller Angst in die Finsternis, die sie umgab. „Hallo? Ist da jemand?“ Ihre Stimme zitterte und sie versuchte, weiter zurückzuweichen, aber da waren nur die Tür und die Wand in ihrem Rücken. „Hallo? Bitte, das ist nicht witzig.“
Da, da raschelte etwas, und Emily hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Plötzlich schienen aus dem Dunkel Hände nach ihr zu greifen. Schwitzige Hände, Augen, die sie voller Gier anstarrten und Atem, der nach Alkohol stank. „Nein! Nein!“
Niclas! Wo war Niclas? Wie lange würde es dauern, bis er bemerkte, dass sie nicht zurückkam? Plötzlich kam ihr ein entsetzlicher Gedanke. Er würde doch nicht vermuten, dass sie schon nach Hause gegangen wäre? Nein, oder? Er würde doch auf sie warten und nicht einfach gehen? Aber bei ihm konnte man nie genau wissen, was ihm in den Sinn kam.
Und ohne länger darüber nachzudenken, begann Emily mit beiden Fäusten an die Tür zu hämmern. „Niclas! Niclas, hörst du mich? Niclas!“
Sie wusste nicht, wie lange sie nach ihm gerufen hatte, ob es Minuten waren oder Stunden, aber irgendwann ging ihre Stimme in Schluchzen über. Diese schreckliche Angst in ihr vernebelte alle ihre Sinne. Sie hörte jetzt Geräusche aus allen Winkeln, und sie sah ihre Gesichter, die sie höhnisch angrinsten.
„Niclas ... bitte.“ Die Panik ließ ihre Stimme versagen und nur noch ein gequältes Wimmern kam über ihre Lippen. Sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und elend zu ersticken, so zugeschnürt war ihre Kehle. Die Tür in ihrem
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